Haïti – Montreal – Sarajewo – Japan. Klingt nach einer ereignisreichen Reise. Für den Autor, der in diesem Buch mit den Tücken seines neuesten Werkes zu kämpfen hat – ist es die Reise seines Lebens.
Auf Haïti geboren, wohnt er seit Jahren in der kanadischen Metropole Montreal. Er hat sich in den Kopf gesetzt ein Buch zu schreiben. Nichts Außergewöhnliches für jemanden, der mit Bücher schreiben sein Geld verdient. Seine Stärke ist es sofort einen Titel parat zu haben: „Ich bin ein japanischer Schriftsteller“ – so soll es heißen. Ein bisschen Input wäre da jetzt wünschenswert und ratsam. Er macht sich auf die Suche nach Japan. Japanern. Japanerinnen?! Ein Koreaner (!) ist ihm dabei eine große Hilfe. Er solle ins Sarajewo gehen, ein Café, in dem sich Midori öfter aufhält. Sie ist Künstlerin und gerade auf dem steilen Weg nach oben. Gesagt – getan. Das ist es doch, was er suchte. Auf den Spuren von Bashô zu wandeln, seinem Lieblingsautor aus Japan, der vor Jahrhunderten lebte, ist die eine Sache. Doch ein Buch mit solch einem Titel schreiben zu wollen, erfordert Lebendiges.
Tja, wenn das mal so einfach wäre! Denn die Hofschranzen um Midori sind schwärzer als britischer Humor und die eigene Hautfarbe. Midori strahlt mit der Sonne um die Wette und ihre Gefolgschaft überbietet sich im Intrigieren. Japanische Erfahrungen – so sehen sie aus, so hat er sich das nicht ausmalen können. Als dann auch noch eine der Damen aus dem Umfeld von Midori eine nicht gerade freiwillige Flugstunde unternimmt – der Autor ist anwesend – wird die Sache langsam brenzlig.
Das noch nicht geschriebene Buch erregt auch die Aufmerksamkeit der Behörden. Der japanischen Behörden. Der japanischen Behörden in Montreal. Sie sind – um es milde auszudrücken – nicht sonderlich erfreut, wenn jemand, der noch nie in Japan war, die Sprache nicht spricht und vor allem schon gar nicht wie ein Japaner aussieht, sich erdreistet ein Buch zu schreiben, das den Titel „Ich bin ein japanischer Schriftsteller“ trägt, zu veröffentlichen. Das Gerücht um das zieht einen gigantischen Tsunami nach sich. In Japan ist es mit einem Mal trendy sich im Stil des Buches zu geben. „Ich bin ein koreanischer Soldat“ ist nur ein Jugendphänomen, das die Gesellschaft im stolzen Inselstaat erschüttert. Und der Autor selbst? Er ist verwundert, dass etwas, was lediglich in der Phantasie existiert, so stark die Gemüter in Wallung bringt.
Dany Laferrière ist ein Meister des Wortes. Gewitzt, naiv, intelligent führt er sich und den Leser am Nasenring durch eine Arena, die durch kein Argument der Welt in ihren Grundfesten erschüttert werden kann. Wie ein hungriger Wolf nach Nahrung treibt er den Leser durch die Irrungen und Wirrungen des momentanen Lebens seines heldenhaften Kollegen. Japan zu kennen ist keine Grundvoraussetzung dieses Buch zu lieben. Man muss lediglich den Kopf offenhalten. Dann ist dieses Buch ein wahrer Schatz.