Wer sich eingehend und langfristig mit einer Sache beschäftigt, läuft Gefahr „betriebsblind“ zu werden. Und das ist etwas, was man jedem Volk vorwerfen kann. Man denke nur an die Probleme zwischen Deutschland und Griechenland. Wer von außen auf sich selbst schaut, entdeckt so manches, was ihm bisher verborgen blieb. Insofern ist „Herr Huang in Deutschland“ eines der deutschesten Bücher überhaupt.
Huang Nubo gibt es wirklich. Also kein Roman! Er ist ein erfolgreicher Unternehmer aus China, der es sich in den Kopf gesetzt hat alle UNESCO-Weltkulturerbestätten zu besuchen. Und das sind Hunderte. Deutschland kann vierzig Stück aufweisen. Und hier beginnt auch die Weltreise des Herrn Huang.
Wer kann sie alle aufzählen? Kaum einer! Aachener Dom, Kloster Maulbronn, Wörlitzer Park. Man kennt sie, aber, dass sie Weltkulturerbe sind, weiß niemand. Eine der Tatsachen, die Herrn Huang sofort auffallen. So effizient die Deutschen sind, so achtlos gehen sie in den Köpfen mit ihrem kulturellen Erbe um. Huang Nubo freut sich, dass so viele Stätten so gut erhalten sind und werden.
Knapp vier Wochen nimmt Huang Nubo Zeit, um Deutschland kulturell zu erkunden. Die Denkmale sind die Ziele, die Menschen herum der Weg. Asiatische Gelassenheit und kindliche Neugier sind seine ständigen Reisebegleiter. Die werden allerdings schon beim ersten Kontakt mit der deutschen Obrigkeit, beim Zoll, auf eine harte Probe gestellt. Kein Blickkontakt gleich gründliche Kontrolle. Huang Nubo nimmt in seinem Reisetagebuch kein Blatt vor den Mund. Erfrischend!
Ein Chinese auf Weltreise zum Kulturerbe lautet der Untertitel des Buches. Huang Nubo ist schon weit gereist, bevor im Jahr 2013 aufbrach. Er war unter anderem dreimal auf dem Mount Everest. Weitsicht ist sein Metier. In vier Wochen eine ganze Nation kennenzulernen ist unmöglich. Aber Herr Huang hat in dieser Zeit einen tiefergehenden Einblick gewonnen als so mancher Eingeborener. Ständig zieht der Weltbürger Vergleiche zu seiner Heimat. Schließlich ist Deutschland auch erst vor historisch kurzer Zeit zusammengewachsen. China, Hongkong und Taiwan stecken da noch in den Kinderschuhen. Huang Nubo bereist Deutschland, führt Tagebuch und dem Leser sein eigenes Land vor Augen. Ehrlich, ungeschminkt und unterhaltsam.