Ein Zimmer im Hotel

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Na, Urlaub gut überstanden? Erholt? Gut. Und, sind noch irgendwelche Erinnerungen präsent? Von romantischen Sonnenuntergängen, besonderen Erlebnissen, erhabenen Eindrücke. Oder überwiegen immer noch die Unannehmlichkeiten in der Unterkunft? War es zu laut? Zu schmutzig? Das Bett zu hart oder zu weich?

David Wagner erhielt 2013 den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik für „Leben“, seitdem reist er viel. Und er übernachtet logischerweise im Hotel. Fast scheint es als ob er nicht genügend Zeit hat sich die Städte anzuschauen, und deswegen seinen Fokus auf die Schlafstätten richtet. Wie sind sie eingerichtet? Wie weit kann man im Teppich versinken? Welche anderen Annehmlichkeiten der Heimwehabwehr bieten die Hotels?

Nur wenn die Hotels nicht so viel hermachen (Qualitätsmerkmal Bleistift statt Kugelschreiber als Schreibgerät), lässt er sich von der Umgebung vereinnahmen. Jedes einzelne Hotel ist benannt, inkl. Ortsangabe. Eine Einladung zur persönlichen Inspektion. Im Anhang sind die Besuchsdaten vermerkt.

Nun reist man von Hier nach Da, erlebt so manche Rare oder auch Erwartete. Doch Hotelzimmer studieren zu können, ist nur wenigen vorbehalten. David Wagner nimmt sich die Zeit, um die Unterschiede aus der Masse herauszuschälen. Von wegen Globalisierung! Der Einheitsbrei der Hotelerie trifft nur diejenigen, die mit Scheuklappen durch die Gänge schlurfen. David Wagner hat immer sein Schreibuntensil gespitzt, sei es nun ein Kuli oder ein Bleistift. Er genießt den Luxus des Gastes, Früchte in Hülle und Fülle – oder eben nicht, betrachtet die Wandgestaltung – oder eben nicht, ergötzt sich an der Möbelgestaltung – oder eben nicht. Mal witzig, mal nüchtern zeigt er dem Leser die unterschiedlichsten Logis-Bauten von Oslo bis Turin, von Tartu bis Barcelona, von Peking bis Cambridge.

Wer selbst viel reist, dem kommt einiges bekannt vor. Auf manches wird man erst bei der Lektüre gestoßen. Wer achtet schon auf die Motivwahl der Bodengestaltung?

Egal, ob Whirlpool  in der Junior-Suite oder fehlender Stift im Zimmer – David Wagner bewertet die Unterkünfte nicht. Er stellt fest, freut sich über Kleinigkeiten wie ein Bonbon als Abschiedsgeschenk. Was in dem einen Hotel für einen zufriedenen Gesichtsausdruck sorgt, wird anderswo als normal hingenommen. Was dort fehlt, wird hier nicht als Verlust gewertet.

Dieses kleine Büchlein ist die Bettlektüre für alle Hotelbettenbewohner dieser Welt. Das zum Volkssport verkommene Kritiküben ist für all diejenigen vorüber, die sich an diesem Buch nicht sattlesen können.