Den Titel „Weltbürgerin“ hat sich Alma Karlin mit allem erkämpft, was ihr zur Verfügung stand. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verließ sie die Enge Celjes im heutigen Slowenien, um in London als Übersetzerin arbeiten zu können. Hier lernte sie auch ihren Verlobten, einen Chinesen kennen. Doch der Weltkrieg durchkreuzte den Lebensplan. Als Deutsche im Feindesland England, blieb ihr nur die Flucht. Nach Norwegen.
Stand wenig Arbeit an, lernte Alma Karlin fleißig Sprachen, so dass sie fließend in Norwegisch, Dänisch, Schwedisch, Russisch, Französisch, Italienisch, Spanisch und natürlich auf Englisch parlieren konnte. Es folgten Reisen rund um die Welt. Acht Jahre war sie unterwegs. Amerika, Asien und die Südsee brachten sie zum Schreiben. Wieder zurück in der Heimat tobte wieder Krieg. Als Deutsche in Slowenien wäre sie in prädestinierter Position gewesen. Doch die Abneigung den Nazis gegenüber brachte ihr Verhöre und Haft ein. Was sie nicht vom aktiven Kampf abhielt.
Als Tito an die Macht kam, waren ihre Bücher ein weiteres Mal verboten. Krank, arm und vergessen starb sie 1950.
Milan Dekleva gibt der mutigen Frau eine Stimme, die so schnell nicht verhallen wird. Sein Roman beschreibt drei Abschnitte im Leben der Alma Karlin. Der erste ist die Zeit in London. Eine schöne Zeit. Sie kann sich entfalten. Sie liest, übersetzt, lernt, auch die Liebe kennen. Doch die Stimmung kippt, als marschiert wird. Europa geht in Rauch und Flammen auf. Monarchien zerfallen, auch das Habsburger Reich.
In Peru treffen wir Alma Karlin wieder. Die beschwerliche Anfahrt – Schiffsverbindungen vom Mittelmeer nach Südamerika waren noch nicht so zahlreich vorhanden und schon gar nicht durchorganisiert wie heutzutage – ist vergessen und die Anden verzaubern sie. Doch es drängt sie weiter. Gen Japan.
Jahre später ist die Weltreise vergessen. Ihre Erinnerungen verkauften sich sehr gut. Die neuen Herren in Slowenien nehmen die engagierte Frau ganz genau unter die Lupe. Regelmäßige Verhöre lassen Schlimmeres erahnen. Sie hilft Partisanen, schweigt gegenüber den Nazis.
Es sind nur drei Abschnitte im viel zu kurzen Leben der Alma Karlin, die Milan Dekleva in Romanform vorgelegt hat. Doch sie stehen exemplarisch für ein aufregendes Leben. Alma Karlins Aufgabe bestand darin nicht aufzugeben. Eine wissbegierige Frau, der das Leben immer wieder hart zusetzte. Es war genau die Antriebsfeder, die große Denker brauchen, um zu dem zu werden, was sie sind. Sie sah sich nie als etwas Besonderes. Doch sie wusste stets, dass sie Besonderes erleben will. Und dafür kämpfte sie. Erst seit einigen Jahren rückt Alma Karlin wieder in den Fokus. Ihre Reiseberichte gehören zur Crem de la Creme dieses Genres.