Die Welt ist rund, hat keinen Anfang und kein Ende. Und trotzdem brennt es an allen Ecken und Enden. Und schon jetzt laufen die Vorbereitungen für den Jahrestag für den neuerlichen (andauernden) Nahostkonflikt. Medial, propagandistisch, militärisch, geheimdienstlich, selektiv, alliiert. Und dann platzt so ein Buch – zum wiederholten Mal – in die Zeit. „De Vriendt kehrt heim“ von Arnold Zweig. Der erste historische Roman über den Konflikt von Arabern und Juden, die in einem Land leben … sollte man „müssen“ noch anfügen?
In Jerusalem des Jahres 1929 lebte Dr. Jizchak Josef De Vriendt, Holländer, Dichter, Jude. Ebenso hat es Lolard B. Irmin hierher verschlagen, Brite, Agent, … . Und besorgt um das leibliche Wohl von De Vriendt. Dessen Meinung zur Religion und deren Auslegung sind einfach zu vielen in der Stadt, in der Region Palästina, ein Dorn im Auge. Doch De Vriendt zur Mäßigung zu bewegen, ist ein sinnloses Unterfangen. Das ehrt De Vriendt zum Einen, stellt aber zum Anderen ein erhöhtes Sicherheitsrisiko dar. Und es kommt wie es kommen muss. Ein Schuss, nicht unbedingt in schwarzer Nacht lässt De Vriendt seinen letzten Atemzug machen.
Ein Kriminalroman? Die Ermittlungen müssen auf einem stillen Parkett durchgeführt werden. Denn die Stadt ist ein Pulverfass. De Vriendts Schriften störten zu viele. Und dass er auf Knaben stand, macht die Sache nicht einfacher. Im Gegenteil. Es erhöht den Kreis der Verdächtigen immens um einige Fanatiker.
Arnold Zweig hatte in der Figur J. I. de Haan das reale Vorbild für Dr. Jizchak Josef De Vriendt gefunden. Ein Politiker, der fünf Jahre zuvor ermordet wurde. Das Gezerre um die Deutungshoheit der Stadt Jerusalem, die Rivalitäten zwischen unter religiösen Gruppierungen und der aufkommende Nationalismus – ja, der Roman ist fast einhundert Jahre alt und die Probleme sind immer noch auf dem Tapet der Weltpolitik – bilden die Grundlagen für diesen Roman.
Kopfschüttelnd reißt man fast schon die Seiten heraus, weil einem der Fortgang der Geschichte in Atem hält. Vielleicht findet sich ja zwischen den Zeilen die Lösung für die anhaltenden Probleme der Region?! Die unbeirrbare Idee einen Roman zu schrieben, der der aktuellen politischen Situation exakt entspricht, sich einer historischen Figur wahrheitsgetreu anzunähern, ihr ein literarisches Gewand der Haute Couture auf den Leib zu schneidern und darüber hinaus ein zeitloses Werk zu schaffen – darin liegt der unermessliche Wert dieses Buches. Und endlich in einer äußeren Hülle, die ihm gerecht wird. Wer keine Angst vor der Wahrheit hat, wem die Gegenwart lieb ist, der kommt um diese Ausgabe nicht herum.