Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Der Maler Ferdinand ist vor dem Krieg in Europa in die Schweiz geflüchtet. Hier ist er frei. Zusammen mit seiner Frau. Hier ist er Mensch. Kann sich entfalten. Doch der Brief, den er erwartet, von dem er hofft, dass er niemals kommen wird, doch er wird kommen, und Ferdinand weiß das, schwebt wie ein Damokles Schwert über ihm und seinem Glück.
In Europa bersten die Kanonen unter der Wucht ihrer Geschosse. In den Schützengräben ätzen Gase den Soldaten die Gedärme aus dem Leib. Aus der Luft fallen erstmals im großen Stil Bomben auf die, die mit den Ränkespielen der Machthaber nichts am Hut haben. Sie sind die Verlierer des Krieges, der keine Gewinner kennen wird. Millionen sind schon geflohen.
Das Warten auf den ominösen Brief treibt Ferdinand in einen goldenen Käfig. Denn eigentlich ist er gesegnet. Eine Frau, die ihn liebt. Ein ruhiges Umfeld, denn in der Schweiz schweigen die Kanonen. Kein Schießpulver in der Nase lässt die Sorgen Europas und der Welt weit weg erscheinen. Ferdinand sehnt diesen Brief herbei. Den Brief, der ihn zum patriotischen Akt mit der Hand an der Waffe verpflichtet. Er will nicht kämpfen, sieht es jedoch als seine Pflicht an es zu tun. Ein innerer Zwang lässt ihn dieses Blatt Papier zu ihm fliegen.
Sogleich macht er sich auf dem Weg zum deutschen Konsulat. Doch oh weh, das Konsulat öffnet er in ein paar Stunden. Und schon setzen sich die Zahnräder des Denkwerkes in Bewegung. Ferdinand ist sich bewusst, dass er nicht kämpfen will, dass er den Zwang besiegen muss. In seinem Oberstübchen setzt er die möglichen Gesprächsfetzen schon zusammen. Alles passt. Dem Mitarbeiter des Konsulats wird nichts anderes übrigbleiben als ihm, dem Künstler den Weg in die alte Heimat – zur Tauglichkeitsüberprüfung – zu ersparen. Dann endlich. Die Tore zum Konsulat öffnen sich. Doch das Konsulat ist nichts mehr als eine Behörde für im Ausland lebende Deutsche. Man dient dem Vaterland, in dem man die aufgestellten Regeln einhält. Kein Blick nach links und rechts. Und Ferdinand? Perplex vom scheinbaren Entgegenkommen macht sich freiwillig (!) auf den Weg nach Deutschland. Sehr zum Leidwesen seiner Frau, die die Freiheitsliebe ihres Gatten vermisst und nur noch Feigheit in ihm sieht. Doch Deutschland hat sich verändert. Das Ende mit Schrecken wird in seinen Augen zum Schrecken ohne Ende…
Stefan Zweig ist dem Maler Ferdinand sehr ähnlich. Auch er floh vor dem Krieg. Ein bisschen Frans Maserell schwebt in der Figur des vom Zwang geleiteten Malers mit. Die Holzschnitte von Masereel wurden eigens für die Novelle des Freundes und Wegbegleiters Zweig angefertigt. Nun sind sie in dieser stilistisch einwandfreien Ausgabe wieder vereint. Scharfkantig wie ein Granatsplitter zeichnen sie die Zeilen des Autors nach, der einen Krieg später seinem Leben ein Ende setzen sollte. Einhundert Jahre ist es her, dass Stefan Zweig eine bislang kaum beachtete Komponente des Krieges zu eindrucksvoll beschrieb. Was bewirken Worte und selbst verordneter Gehorsam mit einem Menschen? Der Grat zwischen Pflicht und Zwang ist oft ein schmaler. Den eigenen Prinzipien zu folgen ist immer verbunden mit dem richtigen Weg. Der allerdings ist mit tonnenschweren Nebenwirkungen gepflastert.