Das kann nicht gutgehen! Das wird einfach niemals gut ausgehen können! Es ist der 18. Juli 1972. In China fällt ein Sack Reis um, in Deutschland erreicht eine Frau ihr Rentenalter und in Japan wird Kikuyuki Sekiguchi in einem Münzschließfach entdeckt. Erstes rechnerisch der wahrscheinlichste Fall. Zweites ist rechnerisch bestimmt eingetreten. Drittes jedoch schnürt dem Leser die Kehle zu. Präzise wie ein Skalpell beschreibt Riū Murakami wie eine namenlose Frau sich für eine Tat vorbereitet, die so unbeschreiblich ist. Sie setzt ihr Kind in einem Münzschließfach aus. Wohlbehütet in einem Karton. Und da schwimmt der Leser erst auf den ersten Handvoll Seiten und hat noch weit mehr als fünfhundertfünfzig vor sich!
Kiku kommt zu Nonnen. Sie ziehen ihn groß, genauso wie Hashio Mizouchi, genannt Hashi. Da ihre Eltern nicht bei einem tragischen Unglück ums Leben kamen, bleiben sie eine sehr lange Zeit bei den Nonnen. Bis sich eines Tages ein Paar ihrer erbarmt und sie mitnimmt. Auf eine einsame Insel. Hashi ist es, der Kiku erzählt, wer sie sind, woher sie stammen.
Hashi sucht das Glück in der Isolation. Nähe lässt er nicht zu. Nur Kiku vertraut er. Der jedoch ist ein rechter Spring-Ins-Feld. Er würde lieber heute als morgen ausbrechen und die Welt aus den Angeln heben. Sie wachsen heran. Typische Jungens, die auch mal über die Stränge schlagen. Alles nichts, was nicht woanders auch passiert. Doch tief im Inneren nagt ein Drang. Der Drang ihren Müttern die Rechnung zu präsentieren.
Die erste Registrierkasse finden sie im Giftghetto von Tokio. Hier ist das Tokio der Hypertechnologie gegen das Schwarz der Unterwelt, der Freaks und der Halbseidenen ausgetauscht worden.
Doch Hashi scheint auf einem guten Weg zu sein. Er ist mit einer begnadeten Stimme ausgestattet. Kiku hingegen entwickelt sich zu einem Typen, dem man das Prädikat Rächer auf Anhieb abnehmen würde. Immer wieder trennen sich ihre Wege genauso oft wie sie sich kreuzen werden. Knast, Ruhm, Erfolg und Depression können auch von ihren Partnerinnen nicht aufgehalten werden. Kiku hat sich in Anemone verknallt. Die hat sich extra für ihr Krokodil (!, nein kein Tippfehler) ihre Wohnung artgerecht umbauen lassen. Hashi und Niwa scheinen dagegen so etwas wie ein normales Leben führen zu dürfen. Bis Niwa schwanger ist…
Man braucht schon starke Nerven und Durchhaltevermögen, um diesen Roman zu lesen. Absetzen ist keine Option! Wer einmal die erste Seite überstanden hat, wird sofort süchtig. Datura ist das Elixier, das Kiku antreibt. Was das ist, wird nur verschwommen erklärt. Ein Gift. Ein Gift, das alles andere wie LSD oder Meskalin wie lauwarmes Leitungswasser erscheinen lässt. Ist es wirklich das elysische Delirium, das beide oder einen von beiden erwartet? Oder ist es nur die Frucht der Versuchung? Keiner weiß es, aber der Weg dorthin ist mörderisch!