Archiv der Kategorie: offenes Asien

Pol Pots Lächeln

Pol Pots Lächeln

Ein Potemkinsches Dorf ist eine Vorspiegelung falscher Tatsachen. So was gab es schon im Russland des 18. Jahrhunderts, wo auch der Ursprung der Legende liegt. So was gab es auch in der DDR, wenn Staatsgästen (aber auch hohen Funktionären) die Schönheit der Republik gezeigt werden sollten. Es ist ein Privileg von Diktatoren sich dieses Kniffes zu bemächtigen. Wie man darauf reagiert, ist jedem selbst überlassen.

Vier schwedische Vertreter der Schwedisch-Kambodschanischen Freundschaftsgesellschaft reisten 1978 ins demokratische Kampuchea. So nannten die Machthaber Kambodscha seit 1975. Ihr unangefochtener Führer, das Wort ist an dieser Stelle angebracht, war Pol Pot. Unter seiner Ägide fanden rund zwei Millionen Menschen den Tod. Auf der Spur dieser Reise, dieser vier Freunde des demokratischen Kampucheas befand sich Jahre später Peter Fröberg Idling. Sein Buch „Pol Pots Lächeln“ sorgte für Aufsehen und Aufschreie.

Zu Beginn des Buches werden die handelnden Akteure kurz vorgestellt. Auffallend: Drei der ersten Fünf wurden ermordet. Von leicht verdaulicher Kost kann also nicht die Rede sein.

Der Autor macht sich und den Leser mit der Geschichte des Landes bekannt, dass den meisten nur als die Heimstatt von Angkor Wat ein Begriff ist. Es wurde auch schon vor den Roten Khmer mit eiserner Hand regiert, Prinz Sihanouk. Der stellte sich nach außen als neutral hin, spielte Regierungen und politische Lager gegeneinander aus und schlug sich im Vietnamkrieg auf die Seite Ho Chi Minhs. Nüchtern und sachlich arbeitet sich Peter Fröberg Idling durch die Geschichte. Und zwischendrin immer Zahlen: 1.500, 4.500.000. Anderthalbtausend Kommunisten ließ Sihanouk ermorden, wenn auch nur ein Zehntelprozent von Pol Pots Quote macht ihn das nicht besser. Massenmörder bleibt Massenmörder, auch wenn er es hinterher in seinen Memoiren zugibt! Viereinhalb Millionen Tonnen (!) Bomben warfen die USA auf das Kriegsgebiet Vietnam, Kambodscha, Laos ab. Zum Vergleich: Ein Mittelklassewagen wiegt so um eine Tonne. Das wäre fast die Jahresproduktion von Toyota, die auf diesem Gebiet niedergegangen ist. Unvorstellbar!

Man kann sich der Kraft des Buches nicht entziehen. Der junge Student Saloth Sar, der in Paris lebte und studierte, der Verlaine und Hugo las und verehrte und der kompromisslose Pol Pot sind ein und dieselbe Person. Die Idee vom sozialistischen Vorzeigestaat war von Anfang an eine Utopie, die schneller in brutales Blutvergießen überging als der Namenswechsel.

Wer Kambodscha heute bereist, sieht wie der Autor noch hier und da vereinzelt sichtbare Erinnerungsstücke ans die Schreckensherrschaft Pol Pots. Verstehen wird man es nie. Aber man sollte darüber lesen, damit es nicht vergessen wird. „Pol Pots Lächeln“ rüttelt am Gewissen des Westens, wühlt den Leser auf, ist ein Tagebuch der Widerwärtigkeiten. Poetisch im Klang und sachlich im Inhalt.

Riff

Riff

Triton scheint das große Los gezogen zu haben, als er als Elfjähriger zu Ranjan Salgado kommt. Als Boy hat er zunächst die üblichen Aufgaben zu erleidigen: Die Treppe fegen und allgemein für Ordnung zu sorgen. Joseph, dem angestammten Diener des Hauses in einem kleinen Ort Sri Lankas, ist er allerdings ein Dorn im Auge. Das lässt er den Kleinen auch spüren…

Lucy ist die gute Seele in der neuen Welt des Jungen. Sie kannte schon den Vater von Mister Salgado und ist eine Meisterin in der Küche. Ranjan Salgado selbst ist eher unauffällig. Er ist Meeresbiologe und ein anerkannter Wissenschaftler, der auch vor den Gefahren des Fortschritts warnt.

Sri Lanka ist zu der Zeit gerade auf dem Weg sich von einer Kolonie zum eigenständigen Land zu entwickeln. Triton kann lesen und schreiben und ist ein aufgeweckter Junge. Als Joseph nach langer Abwesenheit betrunken zurückkehr, wirft ihn Mister Salgado aus dem Haus. Nun ist Triton der „Herr über das Anwesen“. Und sein Herr vertraut ihm, übergibt ihm die verantwortungsvolle Aufgabe Haus und Hof in Ordnung zu halten. Für Triton beginnt nun eine aufregende Zeit.

Für Triton ist Mister Salgado ein echter Glücksfall. Durch ihn lernt er die Welt, die geographisch durch das Grundstück begrenzt ist, kennen. Kommen Gäste lauscht Triton den Gesprächen. Als Nili ins Leben von Ranjan Salgado tritt, hat Triton eine Vertraute. Sie ist nicht die Herrin, vielmehr Freundin.

Romesh Gunesekera lässt seinen Helden Triton auf ein ereignisreiches Leben zurückblicken. Die Umwälzungen Sri Lankas, der Fortschritt, der das Meer, das Land und somit auch die Menschen bedroht, bedeuten für nichts, was man einfach so hinnimmt. Triton ist kein Intellektueller, dennoch ist er dank Mister Salgado ein Weiser. Als Junge kam er voller Neugier in eine neue Welt. Er lernte alles, was nötig war, um ein Haus wohnlich zu gestalten. Nun ist er fernab dieser Welt in England und erzählt seine Geschichte. Sein Leben im Riff galt dem selbigen. Ein Riff ist der Lebensraum vieler Lebewesen, bietet Schutz. Doch dieser Schutz ist fragil, muss erhalten werden. Für den Meeresbiologen Salgado ist das Riff emblematisch für das Leben auf der Erde. Nur eine kleine Verletzung kann schwerwiegende Folgen haben.

Romesh Gunesekera schreibt poetisch und faktenreich zugleich. „Riff“ ist eine Ode an vergangene Zeiten, die nie wieder kommen. Das müssen sie ja auch nicht. Triton wird größer und erwachsen. Das Wissen um seine Vergangenheit lässt ihn die Gegenwart ertragen und die Zukunft mit Hoffnung erwarten.

Nekropolis

Nekropolis

Es gibt schönere Arten berühmt zu werden. Kommissar Sajan Dayal von der Polizei in Delhi hat es sich nicht ausgesucht diesen Sommer die merkwürdigsten Fälle zu lösen. Nach langer Hatz wird ein junger Mann gefunden, um dessen Hals eine Kette mit den Fingern seiner Opfer prangt. Zur gleichen Zeit verschwindet „Frau Oberst“, eine Frau, die durch ihren eigenwilligen, militärischen Kleidungsstil auffiel und viele Anhänger hatte. Zu allem Überfluss bekriegen sich auch noch Gangs in der Unterwelt. Sie wähnen sich nicht von dieser Welt. Es war, ist und wird eine heiße Zeit …

Von Frau Oberst, die von ihrer Gefolgschaft Razia genannt wird, erfahren Dayal und sein Team von den barbarischen Schlachten, denen des Nachts immer wieder junge „Kämpfer“ zum Opfer fallen. Ein Kämpfer tut sich dabei immer besonders hervor. Er hält sich für einen Vampir. Keiner, der das nur aus Mode tut, einer, der wirklich glaubt das Blut der Anderen verleiht ihm besondere Kräfte. Sind die Schlachten geschlagen, beugt er sich über sein Opfer und haut seine Zähne in dessen Nacken. Das Besondere: Die Schlachten und das blutige Ritual am Ende werden gefilmt und anschließend online gestellt. Doch auch Dayals Abteilung ist mit moderner Technik ausgerüstet.

Die Sonderkommission kommt nicht zur Ruhe. Ein junges Mädchen wurde brutal vergewaltigt. Und noch immer sind die Spuren zu den anderen Verbrechen nicht zufriedenstellend. Slumlords, Vergewaltigung, Mord, Drogen, Korruption – das Tätigkeitsfeld der Sonderkommission scheint unendlich dehnbar. Da heißt es kühlen Kopf bewahren.

Sajan Dayal ist der lebende Beweis, dass man die Gegenwart nur beherrscht, die Zukunft meistert, wenn man die Vergangenheit kennt. All der elektronische Schnickschnack, den moderne Ermittler heute benutzen, nützt nur, wenn man die Wurzeln kennt. Er zitiert alte Dichter, kennt die Traditionen des Landes, er versteht die Menschen, die sich der modernen Vehikel benutzen. So, und nur so, kommt er dem Geheimnis der heißen Zeit in der Nekropole Delhi auf die Spur.

Avtar Singhs Kommissar ist ein ruhiger besonnener Ermittler. Er schart eine ebenso konzentriert arbeitende Crew um sich. Kastendenken ist allen wohl bekannt, doch haben sie mit dieser Tradition im Riesenreich Indien wenig zu schaffen. Wer Geld hat, muss sich genauso an Spielregeln halten wie „die da unten“. Vor dem Gesetz sind alle gleich. Wenn das den Kommissaren gelingen könnte, wäre schon viel erreicht.

Der Leser wird in ein Indien geführt, dass er so nicht kennt. Neben all den Negativschlagzeilen bietet dieser Roman dem Leser die Möglichkeit Delhi von einer anderen Seite kennenzulernen. Beim Lesen fungiert Sajan Dayal so ganz nebenbei als Fremdenführer durch die Millionenmetropole. Der Leser kommt an Orte vor denen in Reisebüchern gewarnt wird. Wenn‘s zu brenzlig wird, kann man das Buch zuklappen. Doch dann verpasst man das Beste.

Sieben Jahre Nacht

Sieben Jahre Nacht

Es ist ein trostloser Flecken Erde, auf dem Choi Sowon lebt. Und trostlos scheint auch sein Leben zu sein. In seinem Dorf, ist er einer von Zwölfen. Und mit Abstand der jüngste. Hier ist nichts, gar nichts. Arbeit, ein bisschen Bootfahren, Tauchen, Basketball, Eins gegen Eins. Mehr nicht. Sowon, das ist der Sohn des Stauseemonsters. Des Menschen, der vor sieben Jahren mehrere Menschen ermordete, den Stausee flutete, und somit vier Polizisten in den Tod riss. Sowon ist der einzige, der überlebte.

Doch was heißt „leben“? Das Stigma des Sohnes eines Monsters haftet an ihm wie Pech. Als Kind wurde er geschnitten. Als Mediensensation missbraucht. Nur der Onkel, ein ehemaliger Kollege seines Vaters, des Stauseemonsters, ist ihm noch geblieben. Er kümmert sich um ihn. Die Verwandten wollten den Kleinen nicht. Wenn Sie das Erbe erhalten hatten, war der Kleine für sie unbrauchbar. Was heißt schon „leben“?

Choi Sowon ist jetzt ein junger Mann, blickt zurück auf das Gewesene bis eines Tages ein paar Männer auftauchen. Gutes Benehmen ist ihnen fremd. Herablassend fallen sie in das kleine Örtchen am Ende der Welt ein. Bein einem Tauchgang sterben drei der vier Eindringlinge. Der Fall erregt Aufmerksamkeit, besonders als herauskommt, dass einer aus der Rettungsmannschaft eine Vorgeschichte hat: Choi, der Sohn des Stauseemonsters.

Das Buch nimmt nun richtig Fahrt auf. Jede Figur wird mit einer kurzen Geschichte vorgestellt. Und es tun sich hier und da Parallelen auf. Der Leser wird gefordert und belohnt. Sowons Vater war einst Baseballspieler, ein eher mittelmäßiger Catcher, dafür umso begnadeter Trinker. Nur seine Frau vermag es ab und zu ihn noch in die Schranken zu verweisen.

Die Tochter des Parkbesitzers, in dem sich der Staudamm befindet, ist verschwunden. Die Polizei tappt im Dunkeln. Im Mikrokosmos Staudamm ist die Welt nicht in Ordnung, doch die Natur der Menschen zielt darauf jedwedem Ärger aus dem Weg zu gehen. Missgunst gibt es nur hinter vorgehaltener Hand. Und zwischendrin ein Kind, das sieben Jahre Nacht vor sich haben wird…

Was für ein Anfang: „Ich bin der Henker meines Vaters.“ Da kann es ja nicht mehr viel besser werden. Doch! Und zwar auf über fünfhundert Seiten. Jede einzelne Seite des Buches zieht den Leser tiefer in seinen Bann. Jeong Yu-jeong webt eine sanft geschriebene Geschichte zwischen phantasievollen Sprachbildern und knallharten Fakten. Exakt seziert sie das Leben eines Menschen, der nie eine echte Chance hatte. In all ihrer Detailversessenheit vergisst Jeong Yu-jeong aber nie den Leser vergisst. Dieses Buch fesselt, nicht nur sieben Jahre lang…

Ihre unorthodoxe Erzählweise lässt den Leser immer wieder aufs Neue erschauern. Vergangenheit und Gegenwart gehen eine unheilige Allianz, um im nächsten Moment wieder voneinander getrennt zu werden. Nach und nach gibt die ganze Geschichte um Choi Sowon, seinen Vater und das damit verbundene Drama seine Komplexität frei.

Die endlose Stadt

Die endlose Stadt

Wo nichts ist, war nie was. Wo was war, sieht man. Was es war, versucht Holle mit der Kamera einzufangen. Sie ist Fotografin und lebt in Istanbul. Hier hat sie auch Celal kennengelernt, was sie nicht davon abhält – wie kann sich nicht erklären warum – Dr. Christoph Wanka interessant zu finden. Anziehend findet sie ihn nicht. Denn er lebt in einer anderen Welt. Vorstand. Die Kunst ist für ihn nicht Lebenselixier (wie bei Holle), sondern Gegenstand seines Status. Nicht aus Schwäche, nicht aus Resignation, sondern aus der Tatsache heraus, dass es in ihre Konzept passt, willigt sie ein, dass Wanka nach langem Drängen ihr einen Aufenthalt in Mumbai spendiert. Beide Städte sind vergleichbar und auch wieder nicht. Annähernd die gleiche Einwohnerzahl ist Istanbul mehr als achtmal so groß wie der indische Moloch. Wo eben noch etwas war, ist hier schon wieder etwas anderes. Anders als in Istanbul sind die Zeichen des Dagewesenen schnell verblasst. Holle verlässt Mumbai wieder Richtung Istanbul. Ihre Wohnung in Mumbai übernimmt Theresa. Sie ist Journalistin. Auch eine Künstlerin, aber eine, die im Korsett der Fakten und Deadlines gefangen ist.

Auch Theresa begegnet Dr. Wanka. Im Film wäre die Rolle des Wanka eine Nebenrolle: Was im Englischen als „supporting role“ bezeichnet wird. Eine Titulierung, die dem Charakter näher kommt. Die Namensähnlichkeit mit Willy Wonka aus „Charlie und die Schokoladenfabrik“ ist beabsichtigt oder nicht. Im Film ist er die Antriebsfeder, in „Die endlose Stadt“ ist Wanka / Wonka Vehikel des Fortschritts. Beide Frauen begegnen ihm, ändern ihr Leben, folgen ihm und sagen sich von ihm los.

Istanbul und Mumbai sind der Ulla Lenzes Nährboden für die Schicksale zweier Frauen. Welche der beiden Städte die „endlose Stadt“ ist, bleibt dem Leser überlassen.  Der Roman ist keine leichte Kost für „mal eben zwischendurch“. Dafür sind die Charaktere zu ausgefeilt, zu komplex, zu streitbar. Die Abkehr vom Materialismus und der Zwang, sich mit der Bezahlung der Arbeit einen Lebensentwurf leisten zu müssen, wirft zahlreiche Konflikte auf. Ob lokal oder global, ist einerlei. Die Beschäftigung mit den Problemen lässt viele scheitern. Die Protagonistinnen sind sich noch nicht sicher, ob sie scheitern oder weitersuchen.

Die Farben der Hoffnung

Die Farben der Hoffnung

Grün ist die Farbe der Hoffnung, sagt man. Anands Firmenfarben sind orange und blau, weil seine Schwiegermutter es so wollte. Sie erinnerten sie an Paradiesblumen. Anand besitzt im indischen Bangalore eine Fabrik für Autoteile. Die Geschäfte laufen prächtig. Er muss sich vergrößern, um mit den Aufträgen hinterherzukommen. Doch das ist gar nicht so einfach. In einer Stadt, die stetig wächst und in der Grundfläche Mangelware ist.

Auch Kamala hat mit Mangel zu kämpfen. Der Mangel an Farben ist dabei ihr geringstes Problem. Als Hausangestellte von Anand geht es ihr verhältnismäßig gut. Ein regelmäßiges Einkommen sichert ihr und ihrer Familie stets einen gedeckten Tisch. Doch ihr Sohn Narayan bereitet ihr Sorgen. Er will die Schule nicht abschließen. Zeitungen verkaufen, das will er. Das Geld kann die Familie gut gebrauchen. Auch dass er sich in eine Sache mal so richtig reinhängt, gefällt Kamala. Doch zuerst muss er die Schule abschließen. Da gibt es keine zwei Meinungen!

Anand und Kamala leben in zwei völlig unterschiedlichen Welten. Finanziell geht es Anand gut, seine Frau mit ihrer herrischen Art bereitet ihm graue Haare. Kamala geht es finanziell nicht gut, Ihr Sohn und ihre Kolleginnen und ihre Herrin – Anands Frau Vidya– machen ihr Sorgen.

Lavanya Sankaran lässt die eingefahrenen Welten der beiden bröckeln. Alles, was bisher galt, ist ab sofort ungültig. Narayans Umgang gibt Kamala zu Denken. Zweifel überkommen Anand wegen seiner Ehe. Und auch geschäftlich wird es eng.

Korruption, Standesdenken, Egoismus sind die Zutaten für diesen spannenden Roman, der den Leser ins heutige Indien führt. Fernab der seidenen Sari-Romantik erzählt Lavanya Sankaran von den Sorgen der kleinen Leute, die in einem engen Abhängigkeitsverhältnis zu ihren Arbeitsgebern stehen. Die wiederum kämpfen mit oder gegen die Korruption der Parteien und ihrer Funktionäre. Wenn Anand eine neue Fabrikhalle bauen will, so tut er dies, weil er sich vergrößern muss. Einstige Freunde ziehen ihn und sein Geschäft in einen Strudel hinein, aus dem er sich nur schwer befreien kann. Die Geltungssucht seiner Gattin steht ihm dabei im Weg. Als moderner Geschäftsmann ist er zu vertrauensselig. Dem Ehrgeiz der Handelnden und der Besinnung auf das Wesentliche verdankt der Roman seine besondere Würze, die dem Leser ein Indien zeigt, das sonst verborgen bleiben würde. Manchmal muss man die Farben mischen, um das erwünschte Ergebnis zu bekommen.

Lesereise Laos

Lesereise Laos

Laos ist sicherlich ein Land über das man nicht viel weiß. Wer den Begriff „Land der tausend Elefanten“ kennt, weiß schon mehr als die meisten. Erik Lorenz gehört zu einer sehr kleinen Minderheit. Wer seine beiden Bücher über das faszinierende Land gelesen hat, ist geneigt zu sagen, dass er mehr über Laos weiß als so mancher Laote. Erik Lorenz macht aus seinem Herzen keine Mördergrube: Er liebt Laos, aber er ist nicht blind vor Liebe. Für seine Lesereise traf er Geschäftemacher, deren Berufsbezeichnung auf dem letzten Teil betont wird, Macher. Jede einzelne Geschichte hat zwei Seiten. Hier der Fortschritt – da die Gefahren des selbigen.

Laos hat den Nachteil keinen Meereszugang zu besitzen. Thailand, Vietnam und Myanmar, die Nachbarländer, können mit traumhaften Bilderbuchstränden aufwarten. Laos besticht durch die Freundlichkeit der Menschen, seine alltäglich gelebten Traditionen und seinen unermesslichen Naturreichtum.

Doch gerade bei letzterem – dem Naturreichtum – tritt in letzter Zeit immer öfter die Kehrseite in Erscheinung. Mallorcaähnliches Szenen spielten sich noch bis vor Kurzem an den Ufern der Flüsse ab. Touristen schipperten auf aufgeblasenen LKW-Schläuchen durch den Dschungel. Von Land wurden ihnen Seile zugeworfen. Wer zugriff hatte schon verloren. Denn jetzt begann das exzessive Besäufnis. Wer noch stehen konnte schwang sich an Seilen über den Fluss, ließ los und planschte benebelt in den Fluten. Nicht alle haben das überlebt. Erik Lorenz nennt Namen als Mahnung.

Doch auch der deutsche Botschafter des Landes findet Einzug in dieses exzellente Büchlein. Er wollte hierher, in ein Land, in dem man noch echte Hilfe leisten kann. Ohne im Dickicht der Interessen zu ertrinken.

Laos ist nach wie vor ein sozialistisches Land. Was per se erst einmal nichts Schlimmes ist. Doch Vetternwirtschaft und das Berufen auf sozialistische Werte lassen auch die guten Seiten des Fortschritts erblassen und verlangsamen. China ist der neue große Freund. In den nächsten Jahren soll in Laos ein Eisenbahnnetz entstehen, das von China aus geplant und umgesetzt wird. Nichtregierungsorganisationen treiben den Kampf für die Beseitigung der Blindgänger aus dem Vietnamkrieg voran. In Laos liegen immer noch unzählige Tonnen von Granatsplittern, die immer noch – vierzig Jahre (!) nach Kriegsende – Opfer fordern.

Wer Laos besucht wird schon während eines wochenlangen Aufenthalts die Veränderung spüren. Genauso wie die Traditionen. Wem Letzteres am Herzen liegt, der sollte schleunigst seine Koffer packen. Und dieses Buch auf gar keinen Fall vergessen mitzunehmen!

Iran – Weltreich des Geistes

Iran - Weltreich des Geistes

Weltreich des Geistes – wenn man die Nachrichten verfolgt, bekommt man ein anderes Bild gezeigt von diesem so spannenden Land. Micheal Axworthy rückt die Realität ins rechte Licht.

Das persische Reich ist vielen ein Begriff. Dank auch der zahlreichen überlieferten Schriften über Alexander des Großen, der vor über zweieinhalb Jahrtausenden in Persien einfiel und seine bis heute sichtbaren Spuren hinterließ. Das Projekt Iran ist vielschichtig und umfangreich, so dass es einem schwer fällt an das Buch zu glauben. Doch Micheal Axworthy schafft es mit Eloquenz und Faktenwissen den Leser ans dieses Thema heranzuführen. Ein Rundumschlag in Weltgeschichte.

Zoroaster, den man heutzutage auch als Zarathustra kennt, über die Achämeniden, Parther und Sassaniden bis hin zu den ersten Arabern, die den Islam im heutigen Iran verwurzelten und den Herrschern der jüngsten Vergangenheit – der Autor lässt kein Detail aus. Um auszuruhen (bei so viel Geschichte auf einmal braucht man auch mal eine Verschnaufpause) flechtet er das ein, was die Menschen des Iran auszeichnet. So kann ein erstaunlich hoher Anteil der Bevölkerung ganze Gedichte der Nationaldichter auswendig. Das ist Nationalstolz. Man frage doch mal die PEGIDA-Demonstranten, ob sie den „Osterspaziergang“ oder gar „Die Glocke“ aufsagen können. So viel zum Nationalstolz.

Die Geschichte Irans – das Land hieß schon immer so, seit dem letzten Schah ist es auch „offiziell“ – ist geprägt vom Hin und Her der Herrschenden. Aber auch von wissenschaftlichen Forschungen, die uns auch noch zugutekommen. Erst in den vergangenen Jahrhunderten wurde der Iran teils zum Spielball der Großmächte.

Die einstigen Machthaber wie Ayatollah Khomeini und Mahmud Ahmadinedschad trieben es auf die Spitze und die Strategen in den Ministerien der USA, Großbritanniens und andere Länder in den Wahnsinn. Geradlinigkeit im Iran gehört nicht zu den Sachen, auf die man sich verlassen kann. Nichtsdestotrotz erfährt der Tourismus in den Iran seit ein paar Jahren einen nie dagewesenen Höhenflug. Städte wie Isfahan, Yazd, Shiraz und Teheran werden von immer mehr Touristen besucht. Stätten wie Persepolis laden auf ihre Art zum Verlaufen ein.

Nicht nur deswegen ist es wichtig sich mit dem Iran vor einer Reise mehr als nur aus einem Reiseband zu informieren. Das Land ist eine Reise wert. Dieses Buch allemal.

Sri Lanka

Sri Lanka

Es wirkt fast wie eine Träne, die von Indien herabtropft: Sri Lanka. Und es ist wahrlich so. Jeder, der die Insel unweigerlich verlassen muss, trägt eine Träne im Knopfloch. Diese fremde Kultur, die saftige Natur, die Freundlichkeit der Menschen, das Angebot an Ausflügen, Wellness und Erholung ist erschlagend.

Wer in Sri Lankas Kultur eintauchen will, muss sich von Vornherein über eines im Klaren sein: Sri Lanka ist anders. Und damit der Kulturschock nicht allzu tief sitzt, gibt es Reisebücher wie dieses von Rainer Krack und Joerg Dreckmann. Auf sechshundert Seiten geben sie dem interessierten Leser die Infos, die man braucht, um dieses einzigartige Land gebührend zu genießen.

Die beiden Autoren sind in erster Linie Ratgeber. Was sie von anderen Autoren – und somit auch das Buch von anderen Reisebüchern –  unterscheidet, ist die Tatsache, dass sie in keinem Moment den Leser loslassen. Fast wie in einem Roman vermischen sie Fakten mit eigenen Eindrücken. Die Landesküche ist schnell kein Buch mehr mit sieben Siegeln. Eine Unterkunft finden? Kein Problem!

Wer die Sprache nicht beherrscht, kommt in Gesprächen nicht weit. Ein kleines Wörterbuch schafft das schnell Abhilfe und erleichtert den Einstieg in eine kurze Konversation. Kleine Infokästen – farbig abgesetzt – zeigen dem Leser / Besucher die Besonderheiten der Region, der Stadt, des Landstriches auf.

Sri Lanka auf eigene Faust erkunden ist kein leichtes Unterfangen. Da muss sich gut vorbereiten. Eine Arbeit, die viel abschreckt. Man kann es sich aber auch einfach machen und die sechshundert Seiten ganz gemütlich lesen. Damit sind 99 Prozent der Arbeit schon erledigt. Wer Sri Lanka erfahren, erleben möchte, braucht einen (oder wie in diesem Fall zwei) Experten. Rainer Krack und Joerg Dreckmann sind erfahrene Reiseleiter, die in diesem Buch gern und ausführlich ihre Dienste anbieten.

Myanmar – Das Goldene Land

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Golden scheinen die Wände. Goldene Statuen erhellen den Raum. Das ist wie im Märchen! Aber es ist das Lindenmuseum in Stuttgart. Überwältigend ist die Pracht, die hier zur Schau gestellt wird. Noch bis Mitte Mai sind große Teile des Museums Myanmar gewidmet. Dem Land, das sich erst nach und nach wieder der Öffentlichkeit präsentiert. Die Militärherrscher wollen scheinbar den schmalen Grat von Diktatur und Demokratie wagen und Schritt für Schritt (unter ihrer Regie) vorantreiben. Da ist es wie mit der Ausstellung: Gute Vorbereitung tut Not!

Der Besucher kann sich mit diesem Ausstellungskatalog auf die Exponate vorbereiten, sich Hintergrundwissen aneignen. Das Museum hat sich jahrelang auf dieses Großereignis vorbereitet. Dr. Georg Noack ist der Verantwortliche für diese Ausstellung. In diesem Buch nimmt er den Leser und späteren Besucher an die Hand und führt ihn nicht nur durch sein Spezialgebiet Süd- und Südostasien, sondern auch durch ein Land und seine Kultur, die den meisten von uns bisher verborgen blieb.

Myanmar, das einstige Burma/Birma, fristete bis vor wenigen Jahren ein Eremitendasein. Nichts drang heraus, Einflüsse von außen wurden kategorisch und brutal verhindert.

Erst als die Friedensaktivistin Aung San Suu Kyi in den 90er Jahren der Friedensnobelpreis verliehen wurde, rückte das Land wieder in den Fokus der Medien und damit der Öffentlichkeit. Da Land ist stark vom Buddhismus geprägt. Auf Schritt und Tritt begegnet man Mönchen, grüßen Buddha-Figuren in allen Größen und säumen Tempel den Weg. Frauen, Kinder und Männer haben die typische Thanaka-Paste im Gesicht. Eine blassgelbe Masse, die als Schönheitsideal gilt, vor der Sonne schützt und Wohlgeruch verbreitet.

Das Buch bietet einen umfassenden Einblick in die Ausstellung, die Ausstellung selbst zeigt Myanmar reichhaltige Kultur, die mehr zu bieten hat als Unmengen Tempelanlagen. Traditionelle Kleidung, die uralte Kunst des Tätowierens und moderne Arten des Ausdrucks in Musik und darstellender Kunst.

Zum ersten Mal wird im Westen Myanmar so umfangreich präsentiert. Der dazugehörige Katalog steht der Ausstellung in Nichts nach. Wuchtig und edel zugleich bekommt der Leser eine ordentliche Portion Myanmar mit auf den Weg. Der ja bekanntlich das Ziel ist…