Jacy und Jed – so typisch amerikanisch wie Kaugummi und Cola. Ihr Trip zu Jeds Vater nach Michigan lässt ihn nachdenklich werden, sie, Jacy, ist voller Vorfreude. Endlich lernt sie Doktor Ash kennen. Sie will es so, er will es so. Noch bevor das Baby da ist. Jed legt seine Hand auf ihren Bauch. Jacy weiß, dass alles richtig ist, wie es ist. Doch dann – am Ende eines jeden Kapitels, manchmal auch mittendrin – dieser leise Zweifel, nur wenige Worte. Ah, es ist zum Haareraufen! Megan Abbott spielt mit dem Leser wie ein Kleinkind mit Murmeln. Diese kleinen Nadelstiche, die Frauen setzen, um …
Doktor Ash ist eine Offenbarung, findet Jacy. Freundlich, ruhig, besonnen, ein wenig unbeholfen in romantischen Dingen. Doch Jed ist ganz gut geraten – darin sind sich der Doc und Jacy einig. Der Ausflug hat sich gelohnt. Alles wird gut. In Eden gibt es kein Wider. So vergehen die Tage und die Nächte. Jeds Zärtlichkeiten, die Ruhe, die von Doktor Ash ausgeht – alles perfekt. Mars. Brandt die Haushälterin – ja, die kann Jacy nicht einschätzen. Die ist da, wenn sie d sein muss. Und weg, wenn sie man in Ruhe gelassen werden soll.
Den Familiengeschichten lauscht Jacy so konzentriert wie ein kleines Kind, das vor dem Weihnachtsbaum sitzt. Jeds Mom starb bei seiner Geburt. Was den Doc den Job an den Nagel hängen ließ. Umso herzlicher ist die Stimmung nun, wenn alle zusammen sind. Tags und bei Nacht.
Als plötzliche Blutungen bei Jacy einsetzen, ist es vorbei mit der Idylle. Die Luft schmeckt anders. Der See liegt nicht mehr so ruhig. Irgendwie ist die Stimmung gekippt. Mrs. Brandts unaufdringliche Art weicht einer mystischen, angsterfüllten Stimmung. Jacy fühlt sich mit einem Mal überhaupt nicht mehr geborgen. Die Holzhütte, die Doktor Ash so liebevoll, so geschmackvoll eingerichtet hat, erdrückt Jacy von Stunden zu Stunde mehr. Sind es anfangs nur kleine Wortfetzen, die Jacy aufhorchen lassen, sind es bald schon ganze Sätze, die Jacy an allem zweifeln lassen, was bisher als normal erschien. Die Warnungen der Mutter, Weisheiten aus dem Abfalleimer einer Enttäuschten, leuchten wie grelle Warnschilder am Highway des Lebens.
Megan Abbott lässt es einmal mehr krachen. Wie eine zärtliche Mutter nimmt sie den Leser an die Hand, um ihn dann mit teuflischer Vehemenz in den Abgrund zu stoßen. Bauchkribbeln wie in der Achterbahn ist da noch das angenehmste Gefühl. Die Palette an Abgründe ist schier unendlich beladen. Und immer fällt ein Stück herunter, mitten in den Schoß der ungläubigen Jacy. Wer ist hier noch frei von Lug und Trug? Wem kann man hier überhaupt noch trauen?