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Dann drehe ich mich um und gehe – Restaurantgeschichten

Restaurantgeschichten

Jeder kennt irgendeine Geschichte aus irgendeinem Restaurant, die einem irgendwie in Erinnerung geblieben ist. Susanne Jaspers spuckt in ihrem neuen Buch niemanden in die Suppe. Vielmehr sind ihre Geschichten in und um Restaurants herum angesiedelt. Es sind Geschichten, die jedem schon mal passiert sind bzw. so jedem passieren können. Quengelnde Kinder, die es ihren Eltern nicht leicht machen, gerade dann, wenn das Geschäft über das Wohl der Familie gestellt wird. Oder ein Rendezvous, zu keiner kommen will, aber dann doch jeder hingeht.

Das Restaurant als Schmelztiegel der Eigenheiten. Kellner, die es dem Gast so bequem wie möglich machen wollen – Gäste, die bei gutem Essen und Getränken den Alltag vergessen wollen, es aber nicht können. Hier kann man so sein wie immer oder eine Rolle spielen. Im Restaurant spielt jeder eine Rolle.

Im Ausland – im konkreten Fall im Oman – sind Restaurants der zugänglichste Weg eine fremde Kultur hautnah erleben zu können. Auch wenn – gerade im Oman – die landestypische Kultur im Begriff ist sich multikulturell zu vermischen.

„Dann drehe ich mich um und gehe“ ist eine Hommage an die Bequemlichkeit des Bedientwerdens. Im hübsch arrangierten Ambiente kann man abschalten, Eigenkreativität wird maximal noch bei der Speisefolge verlangt. Ansonsten wird mit Bestellabgabe die Pflicht abgestellt, es regiert der freie Wille. Tragisch-komisch bis hintergründig sind die vierzehn Geschichten von Autorin Susanne Jaspers. Nachdem sie ihrer Phantasie freien Lauf ließ und ein „Trio mit Ziege“ auf Mördersuche schickte und sich anschließend genüsslich über die Annehmlichkeiten und Verschrobenheiten einer Reise auf dem Schienenstrang widmete, sind es nun die lukullischen Tempel an und abseits der Straßen (des Lebens?), die ihre Aufmerksamkeit erregten.

Wer missgünstige Kellner erwartet, die dem Gast die Laune und das Essen versalzen, wer sich auf frustrierte, sich nicht genug gewürdigte Köche freut, die den Gast mit gesalzenen Gerichten den Tagesausgang vermiesen, der wird enttäuscht. Hier steht das Leben im Mittelpunkt. Im Restaurant wird Alltagspolitik gemacht, hier werden Entscheidungen getroffen, die das Leben beeinflussen. Und dabei bedient sich Susanne Jaspers nur weniger Mittel: Exakte Beobachtungen, einfache Sprache und die Liebe zum Detail.

Am des Menüs bleibt einem nur eine Entscheidung: „Herr Buchverkäufer! Die Rechnung bitte! Es war vorzüglich – sprechen Sie der Autorin bitte meinen besten Dank aus!“

 

Möhrenpesto und Maronicreme

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Es ist keine Erfindung der Gegenwart, dass es schnell gehen muss in der Küche. Und schon gar nicht, dass es lecker schmecken muss. Ein Trend – der schon länger anhält – ist allerdings der Gesundheitsaspekt. All das abgepackte Fleisch, das haltbar gemacht werden muss, kann also per se nicht so frisch sein wie es so mancher Aufdruck vorzugaukeln versucht.

Da bleibt oft nur die gute alte Methode à la Oma: Es selber machen. Der Jan Thorbecke Verlag hat in regelmäßiger mindestens einen „Oma-Ratgeber“ auf Lager. Wobei hier das Augenmerk auf althergebrachten – und niemals aus der Mode gekommenen – Methoden der Zubereitung liegt. Dieses Mal stehen vegetarische Brotaufstriche ganz oben auf der Einkaufsliste.

Wer sich einmal die Mühe gemacht hat, und beim Discounter die Zutaten einer Frischkäsecreme durchgelesen hat, ist verblüfft. Alles gesunde Zutaten. Wären da nicht die Zusätze wie „-extrakt“ und „-konzentrat“. Früchte und Obst gibt es nur im Ganzen, nicht extrahiert oder konzentriert.

Susanne Heindl und Sabine Fuchs stoßen die Tür zur gesunden – und ethisch verantwortungsvollen – schnellen Küche weit auf.

Selbst eingefleischten Allesvertilgern wird schon beim Lesen das Wasser im Munde zusammenlaufen, wenn sie die Zutaten lesen. Rosmarin auf dem Steak ist ja schon lecker. Aber auf einem – womöglich dazu noch selbst gebackenen – Brot, das ist noch eine Stufe leckerer. Ein Brennnessel-Frischkäse ruft erst einmal schmerzhafte Kindheitserinnerungen hervor. Aber mit Dill, Petersilie, Schnittlauch, Senf und anderen alltäglichen Zutaten wird daraus Erstens etwas völlig Neues und zweitens ein schmackhafter Aufstrich, den man garantiert bei der nächsten Feier anbieten wird. Schon wegen der staunenden Augen der Gäste.

Überhaupt sind die Zutaten in jedem Supermarkt, meist sogar um die Ecke auf der Wiese, auf dem Feld zu finden. So wird das Nachkochen und Zubereiten nach „Möhrenpesto und Maronicreme“ nicht nur ein Ausflug in vermutlich neue Koch- und Geschmacksgefilde, sondern auch eine die  Haushaltskasse schonende Erfahrung.

Die zahlreichen Fotos von Sabine Fuchs stimmen den Leser und neuen Kochexperten auf die gegenüberliegenden Seiten jeweils eindrucksvoll ein.

Delikat und formvollendet

Delikat und formvollendet

Die Flut an Kochsendungen und Kochbüchern macht so ziemlich jeden, der sich bereit erklärt einen Obolus für Bücher auszugeben scheinbar zum Profi am heimischen Herd. Kochen kann jeder – aber es so wie im Kochbuch oder in der Fernsehsendung aussehen zu lassen … daran scheitern die meisten. Noch! Denn „Delikat & Formvollendet“ bringt den letzten Schliff in die Küchen und auf die Tische der Köche.

Schon allein die Abbildungen verdienen das Prädikat „museumsreif“. Da stimmt einfach alles. Der Magen knurrt schon beim ersten Durchblättern. Liebevoll arrangierte Accessoires wie Blüten und Kräuterzweige zeigen wie ein perfektes Gericht perfekt präsentiert wird. Die Präsentation überlagert dabei nicht die Zubereitung. Alleinschon die Rezepte lassen auf einen exquisiten Geschmack schließen.

Martina Göldner-Kabitzsch und Susann Kreihe nehmen den Leser mit auf eine kulinarische Reise ins Land „Exquisitanien“. Hier ist alles nur vom Feinsten. Die Zutaten heißen Zitronengras, Kokosfleisch oder Gänseblümchen. Am Herd stehen die Köche in Liebe zu ihren Gerichten vereint. Der Tisch wird von Fantasie und Hingabe gedeckt. Klingt erlesen und sehr schwer nachzumachen. Von wegen. Die Autorinnen achten sehr darauf, dass wirklich jeder mit geringem Aufwand sein mühsam zusammengestelltes Menü entsprechend darbieten kann.

Mit wenigen Handgriffen und ein paar kleinen Küchenhelfern gelingt es, die Menüs nachzukochen und seinen Gästen zu kredenzen. Das Auge isst schließlich mit. Mit diesem Buch als Ratgeber werden Essen mit Freunden zum unvergesslichen Erlebnis, das Lob der Gäste ist schon so gut wie sicher. Geschäftsessen werden zum Türöffner für eine rosige Zukunft als erfolgreicher Unternehmer.

„Delikat und formvollendet“ besticht durch seine elegante Aufmachung und zwingt zu mehr als nur dem bloßen „kurz-mal-Durchblättern“. Viel Mühe verwanden die Macher auf die grafische Darstellung des Buches. Halbmonde – mal eng aneinanderliegend, mal breitgefächert – ziehen sich wie ein roter Faden durch die über einhundert Seiten des appetitanregenden Buches.

Wer oft und gern Freunde zum Essen einlädt, wer sich beim „Perfekten Dinner“ bewerben will, wer Wert auf Stil am Tisch legt, der kommt an diesem Buch nicht vorbei. Zehn Punkte sind jetzt schon sicher.

Fleur de Sel

Fleur de Sel

Pessimisten vermuten hinter einer exzellenten Verpackung einen schnöden Inhalt. Optimisten freuen sich ab der ersten Sekunde auf eine hübsch verpackte Idee. Wenn Überraschung „das Salz in der Suppe“ ist, dann tragen bei diesem Buch die Pessimisten den ersten Sieg davon.

Edles Schwarz breitet sich aus. Darauf von der ewigen Strahlkraft der Sonne geformte Diamanten, die auf der Zunge zergehen. Das Cover verspricht höchsten Lesegenuss. Nächste Seite: Mit einfachsten Mitteln wird aus der Salzigen Menge der Titel dargestellt – Fleur des Sel, Salzblume. Die Blume verleiht dem chemischen Begriff des Natriumchlorids einen Hauch von Verheißung, von edlem Geschmack, von Würze.

Salz ist das einzige Gewürz, das überall auf der Welt ein Adjektiv besitzt. Salzig. Rosmarinisch, basilikumisch – das streikt jeder Texteditor. Rainer Schillings und Ansgar Pudenz setzen mit ihrem Buch nicht nur Maßstäbe für ähnlich geartete Koch- und Lebensmittelbücher. Sie setzen dem scheinbar einfachen Gewürz Salz ein Denkmal. Jedoch nur dem edelsten Salz der Erde, dem Fleur de Sel. Das übrigens nur, wenn es aus der Bretagne kommt diesen Namen verdient. Die harte Arbeit, die hinter der Salzgewinnung (und es ist ein wahrer Gewinn) steckt, steht ebenso im Fokus wie die lukullischen Enderzeugnisse, die mit der Salzblume verfeinert werden.

Die Rezepte sind – wie das Fleur de Sel auch – nicht unbedingt für jeden Tag. Auserlesene Zutaten erhalten erst durch das auserlesene Meer-Sonne-Produkt ihren letzten Schliff. Gebratene Taubenbrust auf Couscous mit geräucherter Aalcreme. Und dazu eine Prise Fleur des Sel. Schon beim Lesen läuft einem das Wasser im Mund zusammen. Am raffiniertesten sind aber die Desserts. Salz –  egal, ob nun für wenige Cent im Pappbehälter oder im handgetöpferten Gefäß für einige Euro mehr – verträgt sich nach landläufiger Meinung nur in den seltensten Fällen mit Süßkram. Aber liest man auf Seite 84 Amarant-Törtchen mit Granatapfelgelee und Vanille-Salzeis wird man schon von der Überschrift eines Besseren belehrt.

Seit jeher war Salz ein wertvolles Produkt. Der altmodische Begriff Salär für Bezahlung und Entlohnung geht auf das lateinische Wort für Salz zurück. Denn so mancher Staatsbedienteste wurde mit Salz bezahlt. Dafür gab es zeitweise ein Pferd oder sogar ein Stück Land. Im Mittelalter waren beispielsweise die Medici bestrebt den Salzhandel unter ihre Fittiche zu bekommen. Ihr Machtstreben dehnte sich bis nach Frankreich aus, um sich dort die Salinen einzuverleiben.

Der Verlag 99pages hat es sich zur Aufgabe gemacht das Genre Kochbuch zu revolutionieren. Der Initialschuss hier geht nicht ins Leere. Im Gegenteil: Ein absoluter Volltreffer.

Auf ins Weinviertel

Auf ins Weinviertel

Auf ein Viertel Wein ins Weinviertel? Aber gern doch! Doch es wird nicht bei dem Viertel Wein bleiben. Denn der Weinkeller bzw. das Weinviertel hat mehr zu bieten als dass es während eines Viertels Wein zu besprechen wäre.

Eva Rossmann und Manfred Buchinger wandern durch die Gegend nördlich von Wien und erzählen von dem, was ihnen begegnet. Herauskommt ein Reiseführer ganz ohne Allüren und voller Geheimtipps. Denn sie listen nicht einfach nur auf, was man wann und wo erlebt haben muss, sondern sie erzählen es wie im Gespräch mit einem Freund.

Sie wandern und plaudern scheinbar einfach drauf los. Und so ganz nebenbei zeigen sie nach links und rechts des Weges und erklären, was es da so zu erkunden gibt. Wichtige Sehenswürdigkeiten, gastronomische Tipps und historisch Wichtiges werden mit Symbolen hervorgehoben.

Fünfundfünfzig Verführungen warten auf den neugierigen Leser, die seine neuen Freunde – die Autoren – parat halten. Fünfundfünfzig Mal Kulinarik, fünfundfünfzig Mal Geschichte(n), fünfundfünfzig Mal Weinviertel mit all seinen Bewohnern, ihren Spleens und ihren Traditionen.

Ein Veltliner am Wegesrand fällt immer ab. Denn hier ist der typisch österreichische Wein zuhause. Hier wird das Glasl noch zelebriert. Die Autoren verstehen es meisterhaft dem Leser den Mund wässrig zu machen.

Eva Rossmann ist Journalistin und Gastgeberin der ORF-Talkshow „Club  2“ sowie die Autorin der erfolgreichen Krimireihe um Mira Valensky. Manfred Buchinger ist mehrmals ausgezeichneter Koch mit Erwähnungen im Guide Michelin und Gault Millau. Kochen und Reisen: (und darüber erzählen) bei den beiden mehr als nur eine Leidenschaft. Hier treffen pointierte Erzählweise und lukullisches Fachwissen in vollendeter Form aufeinander.

So wird der Literarische Spaziergang zwischen Sachertorten-Metropole und ehemaligem Eisernen Vorhang zum Ausflug mit Freunden, die gern über ihre Heimat erzählen.

Le Perigord

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Asiaten sind höfliche Menschen – Nordkorea erklärte erst kürzlich seinem Schwesterstaat den Krieg. Araber sind die geborenen Gastgeber – wer im Iran militärische Einrichtungen fotografiert, lebt mehr als gefährlich. Die Menschen im Périgord leben wie Gott in Frankreich – ja, stimmt. Nicht jedes Vorurteil stimmt automatisch. Doch, wer Katja Richters Buch über eine der natürlichsten Regionen (schon wieder ein Vorurteil) liest, kann zu gar keinem anderen Ergebnis gelangen.

Hier ist die Wiege von laissez-faire, savoir-vivre und Leben wie Gott in Frankreich. Alle Männer tragen ein Barrett mit Schnurrbart und sagen den ganzen Tag: „Oui, excellent!“. Alles Vorurteile, die nicht stimmen. Außer vielleicht das mit dem savoir-vivre…

Allein das Kapitel „Markttreiben“ lässt einem schon beim ersten Durchlesen – man muss dieses Buch einfach mehrmals lesen – das Wasser im Munde zusammenlaufen. Die angebotene Vielfalt, die sorgsam arrangierten Güter, der einzigartige Geschmack – all das versteht Katja Richter einzufangen und zu vermitteln. Immer an ihrer Seite: Die Möpse. Kleine (mops)fidele Vierbeiner, denen das vulkanische Land als großes Spielparadies vorkommt. Sie entdecken jeden Tag was Neues, genauso wie Frauchen und Herrchen, die sich vor Jahren hier eine zweite Heimat schufen.

Nicht zuletzt durch die erfolgreichen Bruno-Krimis von Martin Walker erlebt das Périgord eine Art Renaissance. In den Achtzigern verspeisten wir Frischkäse „mit Kräutern aus dem Périgord“ und fragten uns, wo das denn sei. Danach wurden Atlantikküste und Mittelmeerraum interessanter. Fast schien das Périgord in Vergessenheit zu geraten. Erst nach und nach wird dieses grüne Paradies aus seinem Dornröschenschlaf erweckt (wieder so ein Vorurteil – die Zeit blieb hier niemals stehen).

Die im Untertitel beschriebene Bekanntschaft mit dem Périgord wird sich in Windeseile zu einer innigen Liebe nur mit Höhen entwickeln. Die einst unbekannte Begehrte wächst einem ans Herz, so dass man sie nie mehr loslassen möchte. So erging es auch der Autorin, die nun dort mit Mann, Möpsen und allerlei Tieren lebt. Zum Glück lässt sie uns ein stückweit an dieser Liebe teilhaben.