Ein kleines Buch über die Kunst zu sterben

Ulf Nilsson ist (Präsens) ist preisgekrönter Schriftsteller als er die Diagnose Krebs erhält. Bauchspeicheldrüse und Bauchraum sind angegriffen. Heilung – unmöglich. Drei Monate – zwölf/dreizehn Wochen hat er noch, um … Das „Es sollten zehn Wochen werden“, die seine Frau im Vorwort schreibt, sind nicht einmal ansatzweise resignierend gemeint. Denn das, was nun folgt, ist real, ungeschönt, herzlich, nüchtern und niemals angriffig, gefühlsduselig, Mitleid einfordernd.

Ulf Nilsson tut das, was er sein ganzes Leben kann: Schreiben. Tagebuch, Meist nur wenige Worte und Sätze, die kaum eine Seite füllen. Jedoch dem Leser eine Art Zuversicht vermitteln – das Ziel niemals verleugnend. Auch fehlen die Tagesangaben, was den Leserfluss am Leben hält.

Das Ende ist definiert. Das Ziel ist klar, auch wenn ein dichter Nebel über den Weg dorthin hängt. Dass das Ende unumkehrbar ist, stellt niemand in Frage. Nur hat sich der Krebs dazwischengestellt und lässt keinen zeitlichen Spielraum mehr zu, um vielleicht das Eine oder Andere zu tun, was man immer (noch) tun wollte.

Es gibt gute Tage, es gibt schlechtere Tage. Besucher sollen nicht leiden. Den eignen Tod, den stirbt man nur, doch mit dem Tod der Anderen muss man leben (Zitat: Mascha Kaleko).

Alltägliche Dinge sind es Ulf Nilsson wert erwähnt zu werden. Gewichtsabnahme, die Lieferung der Flüssignahrung – eigentlich keine Höhepunkte eines Tages. Doch für ihn wichtig, aus vielerlei Gründen. Es kommt der Punkt, an dem das Ende immer konturierter aus dem Nebel tritt. Ein zarter Sarkasmus umgarnt ihn und seine Familie. Kindliche Fragen erhellen das drohende Dunkel. Ernst sein fällt schwer bis …

Ulf Nilsson wurde (Präteritum) dreiundsiebzig Jahre und vier Tage alt.

Das Buch ist nicht lustig, soll es auch nicht sein! Auch geht es nicht darum mit betroffenheitskitschiger Attitüde dem Tabuthema Tod zu begegnen und mit publikumswirksamen Worten auf die eigene Stiftung o.ä. hinzuweisen.

Dieses kleine Büchlein, Ulf Nilsson ist voll in seinem Element, liest man mehrmals. Als Pageturner (dauert nicht lang), um sich seiner Geschichte bewusst zu werden und noch einmal seitenweise (über einen längern Zeitraum). Beide Male wird man Neues entdecken. Und das ist die große Kunst großer Künstler. Beklemmungen zu lösen ohne vorher anzukündigen dies auch tun zu wollen.