Es ist wie im Märchen. Ein zauberhafter Ball soll es sein. Anne und Anne, die sich um Verwechslungen zu vermeiden zu gern als Anna (Anna K.) zu erkennen gibt, beobachten das Treiben in diesem weitläufigen Palast. Es ist der Jahreswechsel, irgendwann, irgendwo in London. Es rauscht auf dem Ball. An den Wänden, die Kleider der gut betuchten (und teils betagten) Damen, im Gebälk – ach was, ein rauschendes Fest ist es in jeder Hinsicht. Anne und Anna lästern. Die beobachten gaaaaanz genau wer mit wem was wann und vor allem wie macht, wer tuschelt, wer tanzt mit wem.
Auch der gerade alt genug für den Ball zu seienden Ruth fällt dieser Ball wie ein Schneekristall ins Auge. Sie ist ganz aufgeregt. Dass ihre Eltern dabei sind, schert sie wenig. Sie ist die Chronistin – wenn auch nicht in offizieller Funktion, denn das wäre fatal, da sie sonst einiges verpassen würde. Ruth schreibt brav Tagebuch. Ein Partycrasher eigentlich. Denn wer will im wildesten Partytreiben schon jemanden sehen wie er etwas in ein Tagebuch notiert – Instagram vor ewigen Zeiten, sozusagen.
Der Schnee fällt. Alle freuen sich wie kleine Kinder darüber. Es werden Küsse ausgetauscht. Manche hinter Masken. Nicht jeder weiß von er oder sie gerade geküsst wurde. Anna K. auch nicht. Don Giovanni war es. Mehr weiß sie nicht. Dieses Mal ist es ein Er, der die Party überstürzt verlässt. Allerdings mit beiden Schuhen an den Füßen. Nichts mit Aschenputtel reloaded.
Wie aufgeladen wird auch Ruth die Party, den Ball verlassen. Zwischenzeitlich musste sie ihr Tagebuch beiseitelegen. Im Bentley von Papa war die Premierenstimmung einfach zu aufregend, um mit Stift und Feder weiter zu hantieren…
Teeangerkomödie, noblesse oblige, Screwball comedy, Drama und ein Hauch Märchen – Brigid Brophy lädt zum Ball, der für jeden etwas parat hält. Als „plus 1“ darf man bei den Gemeinheiten zeuge sein, bei so mancher Zickerei Pate stehen oder einfach nur vergnügter Zuschauer sein. Und das alles in einem Meer aus Worten, die einzeln betrachtet keine Alternative erlauben. Hier sitzt jeder Satz, jedes Komma und jeder Buchstabe am richtigen Ort. Schnell, manchmal viel zu schnell wühlt man sich durch die Betrachtungen von Menschen, die hier ihr eigenes Süppchen kochen. Und dennoch amüsiert man sich hier prächtig, wenn man von einer scheinbar harmlosen Beobachtung sehenden Auges auf etwas zuschlittert, das auch gern als Katastrophe kleineren Ausmaßes betrachtet werden kann. Der Begriff Schneeballeffekt bekommt hier eine ganz andere Bedeutung.
