Liebe mich!

In seinen Romanen gab es nur ansatzweise ein Happy end. Im wahren Leben des Erich Maria Remarque ebenso. Ende des 19. Jahrhunderts geboren, war es gerade alt genug, um in den Schützengräben den Allmachtsphantasien der Generäle folgeleisten zu können. Seine Erinnerungen wurden zum meist publizierten Buch des 20. Jahrhunderts: „Im Westen nichts Neues“.

Es war der Anfang einer Schriftstellerkarriere, die ihn finanziell sorglos machte. Doch Geld allein kann niemals glücklich machen. Vom Erfolg überfordert, ihn selten akzeptierend suchte er Erfüllung in den Armen der Frauen. Sie überhäuften ihn mit Zuneigung, er gab ihnen das Gefühl etwas Besonderes zu sein. Er war ein Geber. Es liegt in der Natur der Sache, dass er folglich scheitern musste.

Ilse Jutta Zambona begleitete Erich Maria Remarque fast sein gesamtes Leben lang. Sie trieb ihn an, und es mit anderen. Sie liebten und stritten. Sie heirateten und ließen sich scheiden. Ob sie die große Liebe seines Lebens war? Zeitlich begrenzt – ja. Ewig – niemals. Deutschland war dem Autor nicht immer wohlgesonnen. Nach Erscheinen von „Im Westen nichts Neues“ warf man ihm vor, die Kriegserinnerungen zu verteufeln. Deutschland musste schließlich enorme Reparationszahlungen leisten. Das musste als Sühne reichen. Da brauchte man nicht noch jemanden, der den Krieg in den Dreck zieht. Mit dem Aufkommen des neuen Nationalstolzes und der damit einhergehenden Verfemung alles Fremden, kommt für Remarque der Abschied von seiner geliebten Kultur. Er reiste schon vorher – die finanziellen Mittel hatte er sich redlich verdient – in die Schweiz, nach Italien und Frankreich. Doch diese Länder waren nun auch nicht mehr eine sicherer Halt in unruhigen Zeiten.

In den USA konnte er endlich wieder aufatmen. Die Folgeromane waren ebenso Kassenschlager wie sein Erstlingswerk. Wie ein roter Faden zieht sich der Erfolg als Schriftsteller durch seine Leben. Doch genauso das Scheitern als Mann an der Seite einer Frau. Marlene Dietrich wickelt ihn nonchalant um den Finger. Ihre Karriere steht an einem Wendepunkt. Doch auch sie kann ihn nicht halten. Oder er sie nicht?

Als Lebemann hat er sich nie gefühlt. Im Kreise von Paulette Goddard, die mit Chaplin verheiratet war, mit und durch ihn zu Weltstar wurde, war die letzte große Dame in Remarques Leben. Er setzte sie als Alleinerbin ein, sie jedoch trat seine letzten Wünsche mit Füßen.

Gabriele Katz lässt in „Liebe mich!“ eine Parade an Damen auffahren, die Remarque verehrte, die ihn verehrten, die jedoch niemals zur Liebe fähig waren. Um ihn herum versank die Welt im Pulverdampf, im Herzen sucht er das Kanonenfeuer. Lichtblitze waren das einzige, die ihm blieben. War er unglücklich? Tief im Inneren sicherlich. Karen Horney, Psychologin und Mutter der Schauspielerin Brigitte Horney (alle Damen in Remarques Leben zeichneten sich nicht durch gewöhnliche Lebensläufe aus) öffnete ihm als einzige wohl dauerhaft die Augen. Aber auch ihre Untersuchungen, die Sigmund Freuds Thesen widersprachen, konnten Erich Maria Remarque kein dauerhaftes Glück bescheren. Lediglich der Leser dieses Buches darf sich eines Happy ends erfreuen. Kompakt, detailreich und spannend geschrieben, gibt die Autorin Einblick in die Welt eines Menschen, dessen Geburt sich im Sommer 2018 zum 120. Mal jährt. Es wird Zeit Erich Maria Remarque die gebührende Ehrung zuteilwerden zu lassen. Dieses Buch ist mehr als nur ein Auftakt. Es legt die Latte sehr hoch!