Leinwandgöttinnen

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Sie sind die einzigen Wesen, an die man glaubt, die man anbetet, die wahrhaftig sind – man sieht sie und wirft jeglichen Atheismus über den Haufen: Leinwandgöttinnen. Oscarprämierte zweidimensionale Geschöpfe, die mit ihrer Kunst und Ausstrahlung selbst einem Fahrradfahrer Benzin verkaufen können. Schon das Buchformat gibt den Rahmen vor: Groß(artig), ein Taschenbuch könnte nur Fakten aufreihen. Der vergoldete Leineneinband am Buchrücken lässt einen Hauch von Kinoatmosphäre aufkommen.

Auf dem Titel prangt der Inbegriff der Göttin: Audrey Hepburn. Würden Lexika nur aus Bildern bestehen, so würde man ihr Bild unter Anmut finden. Ihre Verkörperung der Holly Golightly ist das perfekte Gegenstück zum Entwurf der Figur (ursprünglich hatte Truman Capote Marilyn Monroe die Rolle auf den üppigen Leib geschrieben), denn allein sie prägte das Bild des leichtlebigen, und dabei nie bewusst verletzenden Freigeistes für Generationen.

Ihre Namensvetterin Katherine hingegen bekam gleich viermal den Oscar. Sie ist die unangefochtene Göttin unter den Göttinnen. Ebenfalls aus eher wohlhabenden Verhältnissen stammend, waren ihr Ehrgeiz und ihre Sturheit ihr Markenzeichen. Sie verwandelte die Leinwand in ein Zelluloidfeuer, das heute nur noch wenige ihrer Nachfolgerinnen im Stande sind nachzuzeichnen. Resolutes Auftreten, die eigene Meinung vehement zu vertreten und die Abneigung sich als Star bezeichnen zu lassen, gaben ihr das Attribut Göttin.

Nur ein Jahr jünger war Bette Davies. Ein Biest, wenn man nur ihre Rollen betrachtet. Und das ist es, was bis heute nachwirkt. Sie war nie das Glamour-Girl, das es durch massenwirksame Äußerlichkeiten in die Klatschspalten brachte. Sie war böse, gemein, hinterhältig … in ihren Rollen. Für Produzenten und Studiobosse ein Albtraum. Doch ihre Baby Jane und ihre Jezebel sind bis heute der Inbegriff der Teufelin.

Den Autoren gelingt es in kurzen Texten die Anbetungswürdigkeit von fünfzehn herausragenden Schauspielerinnen und Oscar-Preisträgerinnen ins rechte Licht zu rücken. In jedem ihrer Sätze spürt man die Leidenschaft, die die beiden Autoren für Film und ihre Akteure entwickelt haben. Der Leser taucht tief ein ins Leben der Diven (im Englischen wirkt diese Formulierung besser (dive=tauchen, Diva=Göttin) und hat augenblicklich das Verlangen unvermittelt sich Klassiker wie „Rat mal, wer zum Essen kommt“, „Bonnie und Clyde“ oder „Still Alice“ als Abendunterhaltung zu wählen. Meryl Streep, Julianne Moore, Sophia Loren, Liz Taylor, Grace Kelly und andere haben sich schon ihren Platz im Kinoolymp erkämpft. Sie thronen über vielen anderen, die sich noch si abrackern können und nie die Meriten ihrer großen Vorbilder erhalten werden. Die Leinwandgöttinnen stachen durch ihr außergewöhnliches Talent, aber auch ihr Engagement außerhalb der Studios hervor. Manche waren politisch aktiv wie Jane Fonda und Susan Sarandon, sahen ihr eigentliches Lebensziel darin mit ihrer Reputation die Welt ein kleines bisschen besser zu machen. Andere hoben ihre Kunst auf eine neue, höhere Stufe. Bloße Effekthascherei schnell durchschaut und führt nur auf den kurzen Weg des Ruhmes. Lang anhaltenden, immer währenden Ruhm erhält nur wer Außergewöhnliches leistet. So wie diese Leinwandgöttinnen.