Da geht man erstmal in Habacht-Stellung! Kisch als Ermittler. Egon Erwin Kisch. Der rasende Reporter aus Prag. Als literarischer Schnüffler. Wieder so ein Versuch mit bekannten Personen in neuem Gewand sich dem Literaturbetrieb anzubieten? Das sind Vorurteile, die schnell beiseite gewischt werden.
Ja, der Kisch in dieser Krimireihe ist tatsächlich der Egon Erwin Kisch. Schlapphut und Mantel mit Kippe im Mundwinkel – so stellt man sich einen unerbitterlichen Schnüffler vor. Ihm zur Seite steht Lenka Weißbach. Medizinstudentin, im Nebenberuf Kollegin von Kisch bei de Zeitung. In Berlin blühte sich richtig auf. Genoss das wilde Leben in vollen Zügen. Doch ihre Mutter braucht sie. Pflichtbewusst kehrt sie dem selbst gestalteten Leben an der Spree den Rücken, um an die Moldau zurückzukehren. Ihr Medizinstudium kann sie her auch fortführen. Doch der vermeintliche Nebenjob bereitet mehr Nervenkitzel als dass er schnöder Gelderwerb ist. Berlin kann nicht spannender sein…
Es ist kalt in Prag, besonders in der Nacht. Umso erstaunlicher, dass sich genau jetzt ein Mann auf eine Bank an der Moldau setzt. Ein einsamer Mensch war er. Ja, er war! War immer allein, nur an diesem Abend nicht. Er saß im Restaurant mit einer Dame. Das kam bis dato noch nie vor. Und jetzt sitzt er auf der Bank. Still. Bewegungslos. Tot! Kisch ist natürlich vor Ort, nachdem Nachtwächter – auch so eine einsame Gestalt, der es genießt des nachts seinen Dienst zu verrichten, obwohl er Chancen hatte einen bequemeren Job anzunehmen – ihn entdeckt hat. Die Polizei kommt erst später hinzu…
Dass hier etwas nicht stimmt, ist Kisch sofort klar. Dazu noch die dämonischen Gaukler, die mit dem drohenden Weltenende – ein Komet wie der Halleysche trieb so manchen Scharlatan aus seinem Versteck an die Oberfläche – die eine oder andere Krone zu verdienen versuchten. Prag ist der ideale Handlungsort für einen derartigen Krimi, für diese Krimireihe. Prag drängt auf die Weltbühne der Bohème. In Paris tummeln sich Picasso und Co. Prag droht auch schon bald aus allen Nähten zu platzen. Es ist die perfekte Kulisse für einen wie Egon Erwin Kisch. Einer, den die ganze Stadt kennt. Und einer, der die gesamte Stadt kennt. Man grüßt ihn, lädt ihn ein, lauscht seinen Geschichten. Er ist zu Lebzeiten eine Legende.
Der Untertitel „Kischs erster Fall“ ist verheißungsvoller Hingucker – oder soll die Legende gestürzt werden? Nein, niemals. Tabea Soergel und Martin Becker sind Pragliebhaber. Und Tschechienkenner, wurden für ihre journalistische Arbeit mit den Deutsch-Tschechischen Journalistenpreis ausgezeichnet. Ihre Verbindung zu Kisch ist unübersehbar. Genauso wie ihr Gespür für Kischs Gespür für den Scoop, den Knüller, dem alle hinterherjagen. „Die Schatten von Prag“ ist garantiert der Beginn einer fulminanten Krimireihe.