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Fürsten ohne Thron

Was wären wir ohne unsere Adeligen? Es würde doch sicher was fehlen. Zum Einen ist es wohl die einzige Form sich der Vergangenheit zu erinnern, zum Anderen haftet dem Adel, besonders den Königshäusern immer noch etwas Märchenhaftes an. Dass dem seit über hundert Jahren nicht mehr so ist – zumindest das Märchenhafte – ist jedem klar, wenn er Bilder aus dem demokratisch gewählten Parlament sieht.

Doch was ist eigentlich passiert, dass Könige, Fürsten, Herzöge heutzutage zwar mit ihrem Namen hier und da noch Eindruck schinden können, ihr Einfluss jedoch kaum noch spürbar ist? Es war wie sooft in der Geschichte der Krieg, der alle Hoffnungen auf Fortbestand zunichte machte. Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges verschwanden die Königreiche und Fürstentümer von der administrativen Landkarte. Nur noch in den Namen der Bundesländer leben ihre Namen weiter.

Frank-Lothar Kroll zeichnet die Lebenswege der Hohenzollern, der Wittelsbacher, derer zu Braunschweig, den Wettinern und anderen exakt nach und gibt Einblicke in ihr Leben nachdem man ihnen den Thron unter ihrem herrschaftlichen Gesäß weggezogen hatte. Einige überlebten, behielten ihre Besitztümer, fanden neue Betätigungsfelder. Ihre Namen öffneten so manche Tür, die den meisten verschlossen geblieben waren.

Auch wenn man nicht die Artikel in den einschlägigen Magazinen verfolgt, so sind den meisten die vorgestellten Männer und Frauen ein Begriff. Nur wenige – wie das Geschlecht der Reuss – sind für den Leser Fremde, deren Hinterlassenschaften hingegen wohlbekannt sein dürften. Bleiben wir bei den Reuss. Hier gab es zwei Linien: Die Ältere und die Jüngere. Letzte war und ist in Teilen im thüringischen Greiz ansässig. Ein Land so klein, dass – wie im Buch dargestellt – es in einer Karte des Deutschen Reiches wie ein Fehler, ein dunkler Fleck im Papier aussieht. Das Gebiet, das die Ältere Linie besaß, war nur unmerklich größer. Gegen Ende ihrer Herrschaft – da wussten die beiden Häuser aber noch nicht, dass das Ende in Sichtweite ist – war Bismarck ihr Lieblingsgegner. Wann immer sich die Möglichkeit bot, bot man ihm die Stirn. Mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Randnotiz der Familiengeschichte: Jedes der beiden nannte ihre Nachfahren Heinrich, so dass eine erstaunliche Anzahl an X und V und I zusammenkam. Heinrich XLV. Wurde nach dem Krieg ins befreite KZ Buchenwald verschleppt, seitdem fehlt jede Spur von ihm…

Im Gegensatz zum Märchen fehlen fast vollständig die Happy ends in den Lebensläufen der Blaublütigen. Sie wurden Künstler, Mäzene, Unternehmer. Sie blieben Waldbesitzer, Förderer von Kultur, erhielten ihre Besitztümer (manche erst nach der Wende) zurück, engagierten sich in sozialen Bereichen. Auch wenn so mancher Fehltritt bis heute für Schmunzeln oder gar Kopfschütteln sorgt (der kürzlich verstorbene Prinz Foffi und seine Eskapaden die Richtige an seine Seite zu ziehen, war in den 90er Jahren köstliche Lückenfüller im Programm der privaten Fernsehsender), so gehört der Adel zur Geschichte eines jeden Landes. Ob sie nun auf einem prächtigen Sitzmöbel Audienz halten oder im modernen Lehnsessel die Geschicke ihrer Firmen leiten, hat bis heute nichts von seiner Faszination verloren.

Auf die Dame kommt es an

Schachspielen – ach wie öde. Zweiunddreißig Figuren laufen wir irre durcheinander bis irgendwann der Chef zu Fall gebracht wird. Ach wie öde. Für Unkundige mag das zutreffen. Für Fans, Spieler, Taktikfans eine Offenbarung. Schach ist die älteste Sportart, in der heute noch Weltmeisterschaften ausgetragen werden. Wenn auch fernab jeglichen Publikumsinteresses. Schach faszinierte seit jeher – Alexander der Große soll es schon gespielt haben, mit Bravour.

Für ein breiteres Publikum sind wohl eher die Geschichten rund um das Spiel der Könige interessant. Und so mancher ließ sich von Friedrich Dürrenmatt, Vladimir Nabokov oder Agatha Christie zum Spielen verleiten. Wenn nicht, dann wird es Zeit. Denn dieses Büchlein bietet Schachuninteressierten die Möglichkeit in die verzwickten Strukturen dieses traditionsreichen Spieles hineinzuschauen.

Die Herausgeber Ulla Steffan und Richard Forster sind nicht die Autoren, sie sind Sammler. Sammler von guten Geschichten. Richard Forster ist außerdem Schachmeister und Schach-Kolumnist (ja, so was gibt es wirklich) der Neuen Züricher Zeitung.

Gleich in der ersten Geschichte geht es richtig zur Sache. Mord und Machtspiel sind die Zutaten, die Friedrich Dürrenmatt mit Schach gleichsetzt. Ein Richter und ein Staatsanwalt kommen beim Schach ins Plaudern. Der Richter gesteht dabei einen Mord. Denn er, der Richter, und der Vorgänger des Staatsanwaltes spielten eine perfide Art des Schachs. Krimifans werden diese Seiten lieben.

Schach muss für viele Analogien in den Geschichten herhalten. Und auch für Anekdoten. Wie diese als Richard Nixon Bobby Fischer nach seinem fulminanten Sieg über Boris Spasski – damals mehr als „nur eine Schach-Weltmeisterschaft“ – ins Weiße Haus einladen wollte. Der amerikanische Held, der sich nie als solcher fühlte, stellte derart viele und teils unverschämte Forderungen, dass Nixon (scherzhaft) die Losung ausgab den Flieger, der Fischer nach Washington bringen sollte, nach Kuba entführen zu lassen.

Beim Schach gibt es nur Schwarz und Weiß, kein Grau. Es gibt nur Gewinnen oder Verlieren. Selbst ein Unentschieden ist eine Niederlage, weil es keinen Sieger gibt. Dieses Buch hat mehrere Sieger: Den Leser. Und das Schach. Noch nie wurde Schach in seinem ganzen Facettenreichtum dargestellt. Den beiden Herausgebern gebührt der Verdienst Schach auf eine neue Ebene gehoben zu haben. Schach der Langeweile, Schach der Öde.

Queen Victoria

Der Neunte Neunte Fünfzehn war ein historisches Datum. An diesem Tag brach Queen Elizabeth II. einen Rekord, der nach Ansicht vieler Experten ewig Bestand haben sollte. An diesem Tag überholte sie ihre Ururgroßmutter als die Regentin mit der längsten Regierungszeit. Und der Rekord wird minütlich verbessert. Vierundsechzig Jahre thronte Queen Victoria auf dem Thron des britischen Empires und war – das hat sie allerdings ihrer Ururenkelin voraus – unumstrittene Herrscherin über das größte Reich der Welt.

Die australische Historikerin Julia Baird setzt der epochemachenden Regentin mit diesem nicht in seinen Ausmaßen beträchtlichen Buch ein würdiges Lese- und Denkmal. Auf knapp sechshundert Seiten zeichnet sie ein Leben nach, das wirklich alles zu bieten hatte. Wie beispielsweise die Hochzeit mit Albert. Einem Deutschen. Arrangierte Hochzeiten haben immer einen bitteren Beigeschmack. Bei Victoria und Albert nicht! Sie schienen füreinander geschaffen. Gerade zur Adventszeit erinnert man auf beiden Seiten des Kontinents an die schöne Tradition des Weihnachtsbaumes. Alber brachte diese Tradition mit über den Kanal und dort wird er bis heute genauso gern geschmückt wie hierzulande.

Als Albert jedoch zu früh starb, trauerte Victoria. So sehr, dass sie nie wieder eine andere Farbe als schwarze tragen wollte. Die meisten Portraits zeigen sie demzufolge fast ausschließlich in der Trauerfarbe. Londonbesucher und Musikfans vergnügen sich bis heute in der Royal Albert Hall und lauschen von den Stones bis Eric Clapton in der königlichen Konzerthalle.

Das ist für die meisten auch schon alles, was über Queen Victoria bekannt ist. Doch schon die erste Umschlagseite zeugt von einem reichen Leben: Der Stammbaum der Familie Windsor, angefangen bei George III. bis hin zu Elizabeth II. Fruchtbar waren die Jahre zwischen 1840 und 1857. Fast eine Fußballmannschaft Kinder – die englische Football association vergab 1889 erstmals den Meistertitel an Preston North End FC, den Lilywhites – gebar Queen Victoria. Edward VII. wurde einer ihrer Nachfolger. Er hielt sich allerdings nur neun Jahre auf dem Thron.

Diese Buch ist vollgepackt mit Anekdoten und Fakten zu einer der bekanntesten Herrscherinnen der Welt. Sie steht auf einer Stufe mit Alexander dem Großen oder Dschingis Khan. Himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt würde nur annähernd die Gemütsverfassung Queen Victorias beschreiben. Ihr Reich war stabil. Die Industrielle Revolution griff immer weiter nach Futter und Europa war in Begriff auseinanderzudriften. Sie hielt das Steuer fest in der Hand, ihre Methoden waren immer siegreich, doch oft zweifelhaft. Wer Englands Auffassung von Geschichte verstehen will, kommt an diesem Buch nicht vorbei. Klatsch und Tratsch lockern die politischen Ränkespiele genauso auf wie die zahlreichen Abbildungen und Karten. Nicht nur für Geschichtsfans das ideale Weihnachtsgeschenk!

Labyrinthe – Eine Reise zu den berühmtesten Irrgärten der Welt

Was ist das? Links, rechts, rechts, links, rechts, links, links, rechts. Ein Spaziergang durch Altjeßnitz in Sachsen-Anhalt. Genauer gesagt durch den ältesten original erhaltenen Hecken-Irrgarten Deutschlands. Seit 1854 kann er in dieser Form durchschritten werden. Doch es gibt bekanntlich immer mehrere Wege – in einem Labyrinth ist das der eigentliche Spaß.

Die Reise in diesem Buch zu den verwegensten Irrgärten ist ebenso spannend wie die Reisen durch die beschriebenen Labyrinthe. Und die Reise führt einmal um den Erdball. Von Algier über Glastonbury und Mismaze und Schönbrunn bis nach Wing.

Nicht jedes der beschriebenen Labyrinthe ist fußläufig zu erobern. Manche Linienkunstwerke sind als Fliesenmosaike zu bestaunen. Wie das Theseusmosaik, das im Kunsthistorischen Museum Wien zu bewundern ist. Für Reisende aber besonders interessant sind diejenigen, die man be- und versuchen kann. Schönbrunn, wieder einmal Wien, ist so eines. Jedoch niemals an einem sonnigen Wochenende das Labyrinth besuchen. Dann sind die Besuchermassen zu erdrückend. Fasziniert läuft man durch die Heckengänge, durch die Hecken selbst sieht man nicht viel, was auch gut ist. Es würde nur den Spaß verderben.

Lyveden New Bield in Northamptonshire ist eine Attraktion, die noch gar nicht so lange besichtigt werden kann. Das Anwesen selbst ist seit Jahrhunderten eine Baustelle. Sir Thomas Tresham war überzeugter Katholik. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wollte er hier einen zweiten Landsitz errichten, den man nur durch ein Labyrinth erreichte. Doch daraus wurde nicht, und erst kürzlich wurde das Labyrinth freigelegt.

Es ist ein ganz besonderer Reiseband. Ein Reiseband im Reiseband. Denn dieses Buch kann durchaus als doppelter Ratgeber angesehen werden. Zum Einen als Tippgeber, wenn man noch nicht weiß wohin die nächste Reise gehen soll. Zum Anderen als Wegweiser durch die unterschiedlichsten Irrgärten der Welt. Denn jedes Labyrinth ist in Draufsicht abgebildet. So kann man schon mal die Wege mit dem Finger ablaufen.

Die feinlinigen Illustrationen geben detailgenau die eindrucksvollen Kunstwerke wieder. Was auf den ersten Blick so einfach erscheint, weil sich die Wege doch so offensichtlich gleichen, entpuppt sich schnell als Trugschluss. Und schon sitzt man in der Falle! Links? Rechts? Wo lang? Wie Stan Laurel in „A chump at Oxfrod“ ist man der Verzweiflung nahe, wenn man den richtigen Weg gefunden zu haben scheint, und schließlich feststellen muss, dass die Sackgasse wieder einmal nicht ausgeschildert war. Nicht verzagen: Es gibt immer einen Ausweg. Dieses Buch ist der Ausweg aus der oft verbreiteten All-Inclusive-Reise-Langeweile. Je nach Mut ist man mit Buch und Irrgarten ein paar Minuten, meist jedoch Stunden beschäftigt.

Albert Einstein & Elisabeth von Belgien – Eine Freundschaft in bewegter Zeit

Albert Einstein und Elisabeth von Belgien

Da ist man doch geneigt zu sagen, dass alles, aber auch wirklich alles, über Albert Einstein gesagt ist. In Bern ziert das Einstein-Museum ein prachtvolles Gebäude, man in seiner bescheidenen Wohnung flanieren wie in der Obstabteilung eines Supermarktes. Und Bücher von und über ihn gibt es wie Sand am Meer. Und nun das! Er, der hochgebildete, engagierte Humanist, der Zeit seines Lebens Konventionen als bekämpfenswert erachtete und Sie, die Adelige des Hauses Wittelsbach am belgischen Hofe, Elisabeth? Dass Einstein sich einen gewissen Ruf als Schwerenöter „erarbeitet“ hatte, ist bekannt. Doch mit einer Adeligen? Nein, dieses Buch ist kein Pamphlet über die amourösen Abenteuer eines Genies und eines Freigeistes. Es ist die Reminiszenz an eine respektvolle Beziehung zweier Menschen, die nur auf den ersten Blick so unvereinbar wie Feuer und Wasser waren.

Elisabeth Gabriele wuchs wohlbehütet am Westufer des Starnberger Sees auf. Adel verpflichtet! Goldene Bälle und extrovertiertes Verhalten waren verpönt. Albert Einstein wurde zwar nicht mit dem sprichwörtlichen goldenen Löffel im Mund geboren, doch darben musste er auch nicht. Kämpfen sehr wohl. Um die Gunst der Eltern wie auch um die Anerkennung an Lehranstalten. Seine – heute würde man sagen „große Klappe“ – waren ihm öfter im Wege als dass sie ihm half.

1911 reiste er nach Brüssel. Hier traf sich – von nun ab in regelmäßigen Abständen – die wissenschaftliche Elite der Welt. Marie Curie war unter anderem Stammgast bei der Veranstaltung, die vom Sodakönig Ernest Solvay abgehalten wurde. Zu dieser Zeit war Einsteins Relativitätstheorie in aller Munde, er ein gern gesehener Gast und anerkannter Wissenschaftler. Elisabeth war zu diesem Zeitpunkt gerade mal zwei Jahre Königin von Belgien. Auch sie musste um Anerkennung kämpfen, denn ihr Schwiegervater war wenig begeistert von der schwächlichen Wittelsbacherin.

Albert Einstein ist öfter mal „bei Königs“ eingeladen. Die Chemie stimmt zwischen dem Physiker und dem Königshaus. Daran können auch Krieg und Wirtschaftskrise nichts ändern. Als die Nazis immer präsenter werden, ihre Terrorherrschaft in Deutschland jeden spüren lassen, findet Einstein in Belgien eine erste neue Heimat. Bis es ihm auch hier zu heiß wird. Überall auf in Europa werden Gleichgesinnte ermordet. Einstein flieht in die USA.

Der Briefkontakt bleibt, man schickt sich regelmäßig Bilder. Erst nach dem Ende des zweiten Weltkrieges kann man sich wieder in die Arme nehmen. In Briefform. Elisabeth ist da schon Witwe. Ihr Gatte, der belgische König kam schon vor Jahren bei einem Unfall ums Leben. Die „Liebe Königin“ soll auch ihren „lieben Professor“ überleben.

Rosine de Dijns Buch über eine echte, weil Jahrzehnte, alle Irrungen und Wirrungen überdauernde, Freundschaft zeugt vom Respekt der Autorin ihren Helden gegenüber als auch von humanistischen Gedanken der Beiden, die sich ihrer herausragenden Rolle bewusst waren, jedoch nie einen Gedanken daran verschwendeten ihre Stellung schamlos auszunutzen. Beide waren künstlerisch begabt und musizierten so oft es ging gemeinsam. Die tiefe Zuneigung kommt in den zahlreichen Briefen an den jeweils anderen so schnörkellos daher, dass beide Größen ihrer Zeit so nahbar sind wie selten zuvor.

Marie Antoinette und die Halsbandaffäre

Marie Antoinette und die Halsbandaffäre

Es ist immer wieder schön zu sehen wie „die da oben“ auf die Nase fallen. Doch genauso sicher ist auch, dass „die da oben“ auch wissen wie man da wieder rauskommt. Louis XVI. König von Frankreich heiratete einst Marie Antoinette, die Schwester von Karl Joseph II., Kaiser von Österreich. Sie stand mehr als „normal“ unter dem Einfluss ihrer Mutter Maria Theresia.

Ihr Gegenspieler in dieser Posse, dieser Affäre, diesem Skandal war Kardinal-Erzbischof Louis René Édouard de Rohan. Er stammte aus einer der reichsten und einflussreichsten Familien Frankreichs. Seinen klerikalen Titel hatte er nicht umsonst bekommen… Natürlich suchte er die Nähe der Königin, doch die ließ keine Möglichkeit aus, ihn spüren zu lassen, dass sie ihm in keinster Weise zugetan ist.

Es war ein bisschen wie es heute noch oft der Fall ist: Hinterbänkler sucht mit fragwürdigen Methoden die Aufmerksamkeit der vor ihm Sitzenden zu erhaschen. Meist passiert das heute während der so genannten Saure-Gurken-Zeit, wenn das Parlament in der Sommerpause ist.

In Jeanne de la Motte, einer Adligen, die dank des Ungeschicks ihrer Ahnen nur noch per Namen blauen Geblüts war, bekommt Rohan scheinbar die Möglichkeit sich der Königin zu nähern. Er lässt sich dazu hinreißen ein sündhaft teures Geschmeide, ein Halsband, fertigen zu lassen, welches er der verarmten Jeanne de la Motte, geborene Valois, übergibt. Die denkt nicht daran es der Königin zu überreichen. Sie verduftet. Und der gehörnte Rohan bleibt auf den selbst für ihn enormen Schulden sitzen. Und auch der Juwelier wird nicht bezahlt.

Als Sündenbock wird Rohan ausgemacht. An Mariä Himmelfahrt, dem 15.6.85, 1785, wird er abgeführt. Er hat zwei Möglichkeiten: Die Strafe des Königs, wir sind im Zeitalter des Absolutismus, da hat nur einer recht, und der trägt ’ne Krone, anzunehmen oder sich vor Gericht zerren zu lassen. Dumm nur, dass der König auch gleichzeitig Richter ist. Um die absolutistischen Neigungen zu verschleiern, lässt der König seine Untertanen seine Arbeit verrichten. Der Ausgang des Verfahrens hat keine Sieger. Ein paar Jahre später wird alles Royale einen Kopf kürzer gemacht. Die Intrigantin wird gefoltert, gebrandmarkt und verbannt. Kurze Zeit später kann sie ganz offiziell fliehen, ohne dass die Behörden ihr auf die Pelle rücken werden. Der Klerus insistiert gegen den König. Das Volk wird durch die Veröffentlichung der Prozessakten genau über die Machenschaften ihrer Regenten informiert.

Wer Parallelen zur Gegenwart ziehen will, ist herzlich eingeladen, dies zu tun. Auch 230 Jahre später „die da oben“ immer noch dabei ihr Tun und Handeln zu verschleiern. Ihre Skandale sind heute jedoch in der Mehrzahl Belustigungsobjekt und Teil der Zerstreuungsmaschinerie. Wer letztendlich Täter und wer Opfer war, kann sich nur schwer sagen lassen. Beide Lager haben ihren Beitrag geleistet. Es gibt keine Nur-Täter und keine Nur-Opfer.

Sich an das zu erinnern, was vor einem Jahr war, fällt schwer. Was vor zehn Jahren passierte, dafür braucht man meist schon Hilfe von der Familie und Freunden. Aber vor 230 Jahren: Dafür braucht man Bücher. Bücher wie dieses. Ein Ereignis, in dem sich die Mächtigen eines Landes des Verrates an selbigem strafbar machen, ein Buch zu widmen, macht Geschichte erlebbar. Nun sind es nicht mehr nur (Jahres-)Zahlen, die man für eine eventuelle Prüfung benötigt, es sind Menschen, echte Ereignisse und Skandale, die dem oft ungeliebten Fachgebiet Geschichte ihren Reiz verleihen. Vor allem, wenn sie so ansprechend formuliert und so detailreich beschrieben sind.

Auf den Spuren von Prunk und Pomp

Auf den Spuren von Prunk und Pomp

Wien gehört mit seiner städtischen Architektur zu den schönsten Städten der Welt. Das ist unbestritten. Wozu also noch Werbung machen, die Touristen kommen eh an die Donau. Doch sie wollen auch was erleben, erfahren, nachvollziehen. Da Wien sich nun aber rühmen kann für jeden Geldbeutel, jede Art des Reisens, für jeden Geschmack etwas anbieten zu können, braucht man einen gedruckten Ratgeber.

Christina Rademacher hat nach ihrem Erstling „Vom Hinterhof in den Himmel“, in dem sie die versteckten Kleinode der Metropole offenlegte, nun den offensichtlichen Prachtbauten der Stadt gewidmet. Denn auch hier gib es noch so manches zu entdecken, was in kaum einem Reisebuch steht.

Die Hofburg im Herzen der Stadt ist ein Muss für jeden Wienbesucher. Wie ein offenes Buch lädt sie ein zum Verweilen, zum Staunen, zum Kopf-in-den-Nacken-legen. Kolossale Skulpturen, herrschaftlich Gänge und eine großzügige Auslegung des Begriffes Platz beeindrucken den Betrachter. Die kleinen Anekdoten und Histörchen, die Christina Rademacher gesammelt hat, machen jeden Spaziergag zu einem besonderen Erlebnis. Und was ist schöner als zu erfahren, was bei Königs früher los war und wie sich ihr Wirken bis heute auswirkt?!

„Auf den Spuren von Prunk und Pomp“ passt zu Wien wie die Faust aufs Auge. Kaum eine andere Stadt hat so viele royale Hinterlassenschaften, die so eng mit der Gegenwart verbunden sind. Als Zusatz zu einem Reiseband der Stadt Wien ist dieses Buch eine ideale Ergänzung für einen kurzen oder längeren Trip an die Donau. Selbst wer mehrere Tage die Schlösser in und um Wien besuchen will, findet immer wieder Neues in diesem Buch. Ob nun die Top-Attraktionen wie Hofburg oder Schloss Schönbrunn oder die nicht so bekannteren Schlösser Alterlaa, Liesing, Altmannsdorf, Hetzendorf, um nur ein paar zu nennen, Christina Rademacher lässt den Leser / Besucher nicht im Regen stehen.

Das Rätsel der Königin von Saba

Das Rätsel der Königin von Saba

Dank der unzähligen Gazetten der Yellow-Press wissen wir heute so ziemlich alles über die gekrönten Häupter der Welt. Und wenn nicht, so kennen wir doch die Namen der Regenten und Repräsentanten. Die sagenhafte Königin von Saba hingegen ist und bleibt ein Rätsel. Selbst ihren Namen kennen wir nicht. Hieß sie Miriam? Oder gab es sie überhaupt?

Ulfried Kleinert macht sich auf Spurensuche und findet tatsächlich Hinweise, die darauf deuten, dass es diese sagenhafte, kluge und – wiegen wir uns in diesem Glauben – schöne Frau gab. Sie taucht sowohl im Alten als auch im Neuen Testament auf. Sie ist gewitzt, neugierig und mit einer gewissen Schläue beschlagen. Was ihr am Hofe von König Salomo in Jerusalem nur Vorteile einbringt. Denn als sie abreist, wird sie mit Kostbarkeiten überhäuft. Soweit die Legende.

Das Königreich Saba lag dort, wo sich heute der Jemen befindet. Wer viel, und vor allem gern reist, dem läuft bei dem Gedanken an prächtige Souks und fremde Gerüche das Wasser im Munde zusammen. So ähnlich ging es wohl auch dem Autor. Voller Elan machte er sich ans Werk und durchforstete Bibliotheken nach Schriften und Deutungen der Königin von Saba. Dem Leser soll’s recht sein. Denn er ist mittendrin in Mythendschungel der Antike.

Und er beginnt gleich mit einem Paukenschlag. Ein Treffen zwischen dem König von Jerusalem (Salomo) und der Königin von Saba (?) hat es wahrscheinlich nie gegeben. Da interessiert man sich für die Bibelgeschichten, will an die Stätten der Geschichte reisen und dann wird man nie den Ort zu sehen bekommen, an dem sich die beiden getroffen haben… Wie schade.

Nicht für den Leser! Er darf weiter mit Ulfried Kleinert reisen. Der erläutert exakt, wissensreich und wortgewandt archäologische Funde und setzt sie in den richtigen Kontext. Da vergisst man leicht, das nie stattgefundene Treffen. Wie im Fluge vergeht die Zeit, wenn man sich in die Geschichte hineinversetzt. Selbst wer nicht so bibelfest ist, wird Zeile für Zeile zum Kenner.

Elagabal

Elagabal

Es ist schon erstaunlich wie viel wir heute über die Geschichte wissen. Über die römischen Kaiser wissen wir fast alles. Ihre Taten, ihre Gewohnheiten, ihre Kleidung, ihre Lieblingsspeisen. Trotzdem kennen wir nur wenige von ihnen. Julius Caesar, den kennt jeder. Der hat schließlich in den Asterix-Filmen mitgespielt. Nero, der Wahnsinnige, brennt einfach seine Bude und seine Stadt ab (was nachweislich nicht so war, aber immer noch in den Köpfen verankert ist). Augustus, ohne den würden wir im Hochsommer Silvester feiern. Dann wird’s für Viele schon eng. Diokletian kennt, wer in Kroatien Urlaub machte. Konstantin kennen viele aus dem Istanbul-Reiseband. Wer noch mehr römische Kaiser kennt, hat über sie gelesen. Wer Elagabal nicht kennt, muss dieses Buch lesen.

Denn Elagabals Leben ist heute noch lesenswert. Und aktuell. Auf Roms Republikverständnis berufen sich fast alle Republiken weltweit. Er wurde in Syrien (in Emesa, dem heutigen Homs) geboren, einem Land, über dessen vielschichtige Schändung jeden Tag berichtet wird.

Im Jahr 218 erklimmt ein 14jähriger Knabenpriester den römischen Kaiserthron. Der Sonnengott Elagabal sollte Namensgeber und Richtungsweiser seiner Regentschaft sein. Vier Jahre hielt er sich auf dem Thron. Am Ende wurde sein Körper durch die Straßen Roms geschleift und in den Tiber geworfen. Doch zwischen der Thronbesteigung und dem jämmerlichen Ende lagen Jahre voller Lebenslust. Es gibt kaum komplette Schriften über ihn. Anekdoten zuhauf.

Die Großmutter Elagabals behauptete, dass ihr Enkel ein uneheliches Kind von Kaiser Caracalla sei. Ein weiterer Kaiser, der durch ein Buch des Zabernverlages nicht mehr ganz so unbekannt ist. Die Thronbesteigung verlief blutig. Durch Versprechungen auf Ruhm und vor allem Reichtum ließen die Soldaten zu ihm überlaufen, sie ermordeten ihre Offiziere. Der Senat unterwarf sich dem Dogma der Armee und krönte den jüngsten Kaiser aller Zeiten.

Ein Hohepriester auf dem Thron – göttliche Zeiten drohen. Und fromme, möchte man meinen. Das Gegenteil war der Fall. Wieder so eine Parallele zur Gegenwart, wenn man an das Bistum Limburg denkt… Elagabal war kein Kostverächter. Orgien, schlimmer als bei Caligula, mit beiderlei Geschlecht. Eine gnadenlose Selbstdarstellung. Er allein hätte die Facebook-Server der Antike zum Glühen gebracht. Doch was ist wahr und was ist erfunden?

Martijn Icks versucht Wahrheit von Fantasie zu trennen und entwirft ein spannendes Bild des ehemaligen Hohepriesters, der zu Ehren Elagabals Tänze aufführte, als Kaiser Menschenopfer darbrachte und sogar einen Selbstmordturm errichten ließ. Die Biographie dieses außergewöhnlichen Kaisers liest sich wie ein spannender Roman, mal wie ein Krimi, mal wie ein episches Drama.

Im Schatten des Banyanbaums

Im Schatten des Banyanbaums

Kambodscha Mitte der 70er Jahre. Raami ist ein kleines neugieriges Mädchen, das es kaum erwarten kann die Welt da draußen zu erkunden. Die Welt da draußen, das ist Südostasien außerhalb des großzügigen Anwesens, dass ihrer Familie gehört. Sie ist es direkte Nachfahrin der königlichen Familie. Herumtollen, die Erwachsenen mit Fragen löchern, Traditionen pflegen – so sieht ihr Alltag aus. Immer umsorgt von Milchmutter, Mama und der Königin Großmutter. Über allem thront ihr Vater, Philosoph und Geschichtenerzähler in einem. Für Raami der perfekte Platz, um aufzuwachsen.

Am Neujahrstag des Jahres 1975 endet dieses phantasievolle, behütete, grenzenlos freiheitliche Leben abrupt. Die Roten Khmer übersäen Kambodscha mit Hass, Misstrauen und irrationalem Handeln. Schon allein wer eine Brille trägt, ist verdächtig. Und wer verdächtig ist, gehört ausgemerzt. Wie soll es da erst dem einstigen Adel ergehen?

Von Heute auf Morgen wird Raamis bunte Welt in ein tristes Schwarz getaucht. Denn die Revolutionsbrigaden der Roten Khmer erlauben keine Freude, auch keine Farbenfreude. Auch übernimmt die „Organisation“ – hinter diesem Vehikel verstecken sich die meist ungebildeten, nicht einmal Lesen könnenden „neuen Herrscher“ – das Denken, bestimmt, was richtig und was falsch ist.

Schlimmer kann es nicht kommen? Oh doch! Die Familie wird auseinander gerissen. Waren sie erst in einer Tempelschule untergebracht, geht es nun aufs Land. Ohne den geliebten Vater. Der opfert sich, um seiner Familie so manche Pein zu ersparen. Für Raami, die sich schon immer mehr zu ihrem Vater als zu ihrer Mutter hingezogen fühlte, die schmerzlichste Erfahrung in ihrem noch jungen Leben.

Die harte Arbeit steckt das tapfere Mädchen weg. Immer wieder erinnert sie sich an die Geschichten ihres Vaters, diese erfüllen sie mit Hoffnung, und stärken sie für den nächsten Tag. Denn eines können die Roten Khmer nicht: Ihren Willen brechen.

Mit Phantasie und außergewöhnlicher Sensibilität fasst Vaddey Ratner ihr eigenes Schicksal in die Geschichte von Raami. Sie selbst wurde als Mitglied der Königsfamilie verschleppt, enteignet, gedemütigt. Auch ihr gelang die Flucht. Welch ein Glück, so können wir dieses Buch nun genießen. Vaddey Ratner schildert mit sanften Worten wie sie in ein neues hartes Leben gestoßen wurde. Die Wärme der Familie, der Kühle spendende Banyanbaum, die Herzlichkeit als Schutzschilde gegen die Rohheit der Zeit. Die Poesie der Worte mildert die Gräueltaten der Roten Khmer.