Archiv der Kategorie: Meeresrauschen

Venedig

Bei so viel Sehnsuchtsziel könnte man fast auf die Idee kommen, Winston Churchill hätte bei seiner berühmten Victory-Geste Werbung für die Lagunenstadt machen wollen. V für Venedig, das passt! Kaum eine andere Stadt kann auf so viele verträumte Gäste hoffen, wie die schwimmende Stadt, die auf Pfählen gebaut wurde, deren Ende öfter prophezeit wurde als das Ende der Pandemie, die sich allen Unkenrufen zum Trotz lebhafter Besucherströme gleichzeitig erfreut und zur Wehr setzt.

Venedig ist ein gespaltenes Verhältnis zu seiner eigenen Pracht. Ja, die Architektur und die Einzigartigkeit seiner Lage machen Venedig zu einem Juwel unter den Städten, weltweit. Andererseits möchte man angesichts der Unmengen an Besuchern und der gigantischen schwimmenden Hotels und ihrer alles bedrohenden Bugwellen in der Lagune sich fast schon wieder von dem Gedanken verabschieden die Stadt in Augenschein zu nehmen. Wer sich entscheidet die Stadt „sozialverträglich“ zu erkunden, hat mit den Reisebuchautoren Sabine Becht und Sven Talaron die einzige – beste – Wahl für das getroffen, was man machen muss, was man kann und – in Venedig gaaaanz wichtig – was man tunlichst unterlassen sollte. Wo in Deutschland die „Draußen-Nur-Kännchen“-Mentalität für Schmunzeln sorgt, herrscht in Venedig die „Draußen-Nur-Scheine“-Doktrin. Wer im Café draußen sitzt, kann das Kleingeld da lassen, wo es war, im Portemonnaie. Wer dagegen – wie es Commissario Brunetti immer wieder vorlebt seinen Koffeinschuss an der Bar einnimmt, kommt mit ein paar wenigen Münzen zurecht. Die Stadt erkundet man schließlich nicht im Sitzen, obwohl eine Gondelfahrt fast schon das komplette Venedig-Klischee erfüllt. Man erkundet sie zu Fuß, mit diesem Buch in der Hand.

Es hat bis zum Jahr 2021 gedauert bis es zur ersten Ausgabe des Reisebandes kam. Das liegt sicher auch daran, dass die Stadt willentlich Attraktionen in Superlativen zu bieten hat. Das muss man erst einmal zusammentragen und dann den Reiseband auch noch handlich gestalten. Entweder lässt man etwas weg oder kreiert ein Buch, das eher an eine goldverzierte mittelalterliche Bibel erinnert. Der goldene Mittelweg ist den Machern mit diesem Buch gelungen. Handlich, handhabbar und voller Überraschungen. Zwischen den bereits erwähnten Gondelfahrten (teuer und oft nicht besonders einfallsreich) bis hin zu Fingerzeigen, die man wirklich braucht, wenn man das erste Mal in Venedig ist. Beispiel gefällig? Wer aufmerksam die Stadt auf sich wirken lässt, erkennt oft kleine hölzerne Terrassen auf den Dächern der Stadt. Na klar, hier trocknet der Lagunenbewohner seine Wäsche, ist doch klar. Doch was haben diese mit dem Biondo veneziano zu tun? Nur ein Histörchen, das man den zahlreichen farbig unterlegten Kästen entnehmen kann, die einen Venedig-Aufenthalt nicht nur einzigartig, sondern nachhaltig machen.

Acht Touren haben die reisebucherfahrenen Autoren zusammengestellt. Immer mit Bedacht, ohne dabei die essenziellen Höhepunkte auszusparen. Und wenn es was zu sparen gibt, dann lassen die beiden den Leser gern daran teilhaben. Was genau? Steht alles im Buch, lässt sich auch dank der einleuchtenden Übersichtlichkeit leicht finden.

Kurzum: Venedig besuchen – ja. Venedig auf eigene Faust erkunden – ja. Venedig ohne dieses Buch entdecken – möglich, aber nur der halbe Spaß zum doppelten Preis.

Sommerlieben

„Trautantchen“ Marie-Luise Anger fährt mit den Kindern ihres Bruders in den Urlaub nach Usedom. Dem ist gerade die Frau abhanden gekommen. Sie ist ihm weggelaufen. So kann er sich sortieren und die Kinder einen unbeschwerten Urlaub verbringen. Das ist der Ausgangspunkt dieses Buches. Klingt erst einmal wie ein schwer bedeutungsvolles Thema.

Doch es ist ganz anders. Zuerst: Die Autorin heißt Hedwig Dohm und war die Großmutter von Katia Mann. Sie gehört zur ersten Riege unabhängiger Frauen, die heute (oft abschätzig und immer noch belächelt) als Feministin bezeichnet werden. Und mit erster Riege ist sowohl ihre Bedeutung als auch die zeitliche Eingliederung gemeint.

Und Zweitens ist „Sommerlieben“ ein Briefroman, in dem die Autorin sich selbst eine Stimme gibt (die Vermutung liegt verdammt nahe, wenn man sich ihr Leben betrachtet), in dem sie Marie-Luise zahlreiche Briefe in die Heimat schreiben lässt.

Drittens: Der Roman wurde im Alter von 80 Jahren veröffentlicht. Hedwig Dohm war eine angesehene Stimme im Kampf für Gleichberechtigung. Was Anfang des 20. Jahrhunderts etwas ganz anderes war als heutzutage. Dank ihr.

Usedom war schon immer eine Reise wert. Die Kaiserbäder waren en vogue. Es war chic sich hier zu zeigen. Marie-Luise macht aber hier Urlaub, um wirklich Urlaub zu machen. Kein Sehen und Gesehenwerden. Um sie herum eine rabaukenhafte Kinderschar, die keine Möglichkeit auslassen sich ausgelassen auszutoben. Ihr selbst macht das wenig aus. Klar, dass ihr hier und da einmal der Geduldsfaden reißt, aber im Großen und Ganzen sind die Kinder ihr ans herz gewachsen und dürfen Tun und Lassen, was sie wollen. Vielmehr mokiert sie sich über das Kindermädchen, das die Rasselbande am liebsten an die – ganz kurze – Leine nehmen möchte. Und dabei kläglich versage muss. Auch die anderen Gäste im Ort bieten ihr reichlich Gelegenheit sich köstlich über sie zu amüsieren. Marie-Luise ist nicht frech, wenn sie sich ihr Umfeld vornimmt. Ihr macht es nur einen Heidenspaß sich über die gesellschaftlichen Zwänge ihre Meinung zu bilden. Als selbstbewusste Frau sieht sie mit einem weinenden, aber vor allem mit einem lachenden Auge die Welt um sich herum an.

Aus der heutigen Sichtweise wirkt so manches antiquiert. Hedwig Dohm sah diese Antiquiertheit schon vor über hundert Jahren. Deswegen liest sich dieser Roman wie eine frische Brise im verstaubten Regal der Gewohnheiten und Regeln, die später einmal aufgeweicht werden. Und heutzutage schon wieder in Mode zu kommen scheinen. Auch aus diesem Grund lohnt es sich Hedwig Dohm wiederzuentdecken.

Riga Tallinn Vilnius

Drei Länder, drei Hauptstädte – im Fall von Riga (Lettland), Tallinn (Estland), Vilnius (Litauen) für die meisten eine Reise. Und wer clever ist, braucht auch nur einen einzigen Reiseband. Die drei Städte stehen stellvertretend für das Baltikum, ein Reiseziel, das immer noch so viele Geheimnisse in sich birgt. Seit drei Jahrzehnten sind die baltischen Staaten unabhängig und erleben seitdem einen Aufschwung, den man weltweit nur selten findet. Und dennoch sind die Länder mit ihren Hauptstädten fast noch so was wie Geheimtipps. Das ändert sich mit der fünften Auflage des Reisebandes von Volker Hagemann.

In die über vierhundertfünfzig Seiten packt er alles, was man gesehen haben muss. Und er ordnet es ein. Oftmals ist es so, dass man von einem Ort begeistert ist, aber ihn nicht so richtig einordnen kann. Manches kommt einem bekannt vor, manches stellt sich als Premiere dem Betrachter vor.

Die drei Städte sind allesamt keine Riesenmetropolen. Zusammen haben sie ungefähr so viele Einwohner wie Hamburg. Und da sind wir schon bei den offensichtlichen Gemeinsamkeiten. Tallinn und Riga spiegeln in ihren Fassaden den hanseatischen Baustil wider. Trotzdem, und das beweisen die zahlreichen Fotos im Buch, fühlt man sich nicht wie in jeder anderen Hansestadt, sondern empfindet das Flair als einzigartig. Vilnius hingegen protzt dagegen mit ein wenig mehr Barock, wie man ihn beispielsweise aus polnischen Städten kennt.

Was schon beim ersten Durchblättern des Reisebandes auffällt, sind die klaren Strukturen. Hier muss man nicht ewig suchen, bis man den Ausflug wieder findet, den man beim vorherigen Blättern kurz entdeckt hat. Farbig unterlegte Kästen laden zum ausführlichen Lesen ein, weil hier kleine Histörchen und Hintergründe dargestellt werden, die man sonst – wenn überhaupt – nur bei einem gut zu bezahlenden Guide erfährt.

Die Stadtrundgänge, aber auch die Ausflüge in die Umgebung sind durch die Bank weg kleine Erlebnisreisen, die mit dem ersten Satz des Kapitels beginnen. Die sind hier erstaunlich ausführlich beschrieben. Volker Hagemann nimmt sich Zeit, um dem Leser den Mund wässrig zu machen, was für ihn einmal tägliche Recherche war. Sich mit dem Buch in der Hand zu verlaufen, ist so gut wie unmöglich. Den Blick vom Buch lösen, wird ausdrücklich empfohlen.

So unterschiedlich sich die drei Städte präsentieren, eines haben sie gemeinsam: Wer dem Buch folgt, sich ein bisschen treiben lässt, erlebt Riga, Tallinn und Vilnius auf unbeschreiblich einzigartige Weise. Abwechslungsreiche Stadtrundgänge, die in längst vergangene Zeiten führen, die jüngere Geschichte nicht vergessen lassen und der Zukunft jetzt schon feste Konturen verleihen, gehören ebenso zum Erlebnis wie deren ausführliche Erläuterungen.

Die Ausflüge in die Umgebung – Litauen / Vilnius ohne einmal Ostseeluft geschnuppert zu haben, am besten in Nida, wo einst Thomas Mann sich die Brise um die Nase wehen ließ – sind für all diejenigen der dank dieses Buches bekannte Höhepunkt der Reise.

Ob sich das ewige Rätsel welche Stadt denn nun zu welchem baltischen Staat gehört mit diesem Buch lösen lässt, bleibt jedem selbstüberlassen. Und wenn das nicht klappt, so weiß man wenigstens, was einem in dem Land erwartet. Das beginnt beim Tipp für den schmalen Geldbeutel (immer wieder gibt es Hinweise, wo man sparen kann und wo Fallen lauern) und endet noch lange nicht beim Übernachtungstipp.

Künstler und Entdecker in der Südsee

Da hat man doch im Laufe der Pandemie fast den Blick für die wahren Sehnsüchte verloren. Alle wollen nur noch ihre Freiheit wieder. Wie das aussieht, kann kaum einer richtig in Worte fassen. Der Strandkorb an der Ostsee ist das Nonplusultra. Und dann kommt Charlotte Ueckert mit ihren Reiseerinnerungen um die Ecke und gibt die wahre Sehnsucht dem Leser und wahrhaft reiselustigen Freiheitssuchenden das zurück, was fast vergessen schien. Südsee. Die See und dann auch noch der Süden. Mehr Sehnsucht geht nicht!

Charlotte Ueckert wusste nur das über die Südsee, was man ohne viel Anstrengung als Allgemeinwissen bezeichnet. Cook, Robinson Crusoe, Thor Heyerdahl, die Bounty, endlose Strände und die Gemälde von Gauguin, Emil Nolde und Max Pechstein. Doch das ist es, was die Sehnsucht befeuert. Ist das Licht wirklich so wie bei den Malern der Moderne? Ist der Entdeckerlust inzwischen ein globalisierter Riegel vorgeschoben worden? Schmeckt das Meer hier anders?

Unerschrocken nähert sie sich den Atollen, die nach den Eroberern den Künstlern überlassen wurden. Gauguin war nach Cook und Bougainville ein Vertreter der neuen Sehnsuchtschürer. Seine Bilder wurden ob ihrer Obszönität vom Fachpublikum abgelehnt, dennoch ständig begafft. Diese Ungezwungenheit und Offenheit waren die Triebfeder für eigene Träume.

Charlotte Ueckert erlebt wie zwei Staaten, die eigentlich zusammengehören – West Samoa und Amerikanisch Samoa – so unterschiedlich sein können. Sie erkundet mit ihrer Herbergsmutter deren weitläufiges Grundstück. Die angelesenen Biographien reichert sie vor Ort mit persönlichen Eindrücken an, so dass die ursprüngliche Neugier Platz für Neues machen muss.

Beim Lesen hört man das Rauschen der Wellen, spürt wie sie sanft gegen den Strand schlagen ohne dabei bedrohlich zu wirken. Wohlwollend nimmt man zur Kenntnis, dass glücksbehaftete Wunscherfüllung an entlegenen ort auch ohne die kitschig erzeugten Bilder von sich sanft im Wind wiegenden Palmen auskommen.

Charlotte Ueckert reist mit dem Schiff von Insel zu Insel. Sie vermeidet sich über die strengen Zeitrahmen an Bord – gegessen wird pünktlich, aber vielleicht war das Schiff auch zu klein, um die gesamte Passagierliste in Schichten essen lassen zu müssen – den letzten Nerv rauben zu lassen. Ihr ging es ganz allein darum sich den Traum von der Südsee zu erfüllen. Und das auch gleich zweimal. Bei ihrer zweiten Reise sind ihre Gedanken intensiver. Sie muss nicht auf Teufel komm raus ihre Gedanken niederschreiben und postwendend den üblichen Erinnerungstinnef an sich reißen. Beim zweiten Mal ist die Autorin abgeklärter, doch nicht minder neugierig und beseelt davon ihren Traum noch eindrücklicher nachwirken zu lassen.

Am Rande der Glückseligkeit

Am Strand zu sein, bedeutet den ersten Schritt in die Unendlichkeit zu sehen. Ihn zu tun, ist eine andere Sache. Sich im warmen Weich des Sandes der Karibik die Alltagssorgen aus den Poren zu rubbeln, ist eine sehr nüchterne Sichtweise auf die Unverstellbarkeit der Gedanken.

Bettina Baltschev sieht den Strand als Ruheort, als Sehnsuchtsort, als Ort, an dem Dichter wie Arbeiter fliehen, um ganz und gar bei sich sein zu dürfen. Acht ausgewählte Strände fügt die Autorin zu einem Gesamtbild zusammen und verblüfft, was alles unter dem Begriff Strand an Gütern angespült wird.

Der Strand bildet immer den Übergang vom festen Boden unter den Füßen in eine wacklige, schwerer zu kontrollierende Position. Seien es die Betonburgen an der belgischen Nordseeküste, die den Blick automatisch gen Meer richten lassen, weil es in der entgegengesetzten Richtung nur Grau zu sehen gibt. Oder sei es der geschichtsträchtige Utah-Beach in der Normandie, der eine weitere Wende im Schicksal der Welt einleitete. Oder sei es der Strand von Lesbos, an dem immer so lange Geschichte geschrieben wird bis die erste Welt der dritten Welt die Würde zurückgibt. Zwischendrin verbuddelt Bettina Baltschev die wortintensiven Glücksmomente von Truman Capote bei seinem Ischia-Besuch. Zu einer Zeit als Deutsch als zweite Amtssprache auf der Insel durchaus eine Berechtigung hatte.

Wer bei dem Untertitel „Über den Strand“ leutselige, kitschverkrustete Geschichten von Lagerfeuer unter Palmen, bis zum Anschlag romantische Ausflüge im untergehenden Sonnenlicht erwartet, wird sich im Handumdrehen vom literarischen Ausflugsangebot der Texte eines Besseren belehren lassen. Englands Vorzeige Badeparadies Brighton wird als logische Schlussfolgerung des Dranges nach dem Meer, der Ferne und des Strandes in seiner Entwicklung so dargestellt, dass selbst hoffnungslose Romantiker gestehen müssen, dass auch dies eine Art Sehnsucht ist, die man mit Brighton ruhigen Gewissens verbinden kann.

Dass Hiddensee unbestritten nur auf eine Art zu sehen ist – als Künstlerkolonie, die schon sehr früh als erhaltenswert anerkannt wurde – wird in keiner Zeile des Kapitels über die Ostseeinsel angezweifelt. Wer den Strand sucht, findet unweigerlich den „Rand der Glückseligkeit“ – ob „in echt“ oder in diesem Buch sei dahingestellt. Beide führen zum Ziel.

Location Tour – Die schönsten Drehorte Europas

Das sieht ja aus wie im Film! Hat jeder schon mal erlebt. Ein Gebäude, einen Park, eine Szene. Hier muss es gewesen sein. Man lässt im Kopf einen Film ablaufen und sucht nach den Orten, wo der Hauptdarsteller diese eine entscheidende Szene zum Besten gab. Man will wissen, wo die Kamera stand. Viele Orte aus Filmen, die den Zuschauer in ihren Bann zogen sind verschwunden. Wie das zerstörte Wien aus „Der dritte Mann“ – zum Glück. Denn die Trümmer sind einer grandiosen Kulisse gewichen, die bis heute als Filmlocation dienen. Und wer genau hinsieht, erkennt die Tricks der Filmbranche. Denn die Stiftsgasse aus dem Film befindet sich gegenüber der Österreichischen Nationalbibliothek. Und das Haus in der Stiftsgasse ist einem Parkhaus gewichen.

Oft werden Locations, also Drehorte mehrmals benutzt. Das Schloss aus „Highlander“, Schloss Eilaen Donan Castle, diente später als MI-6-Hauptsitz und schon Jahre zuvor in „Der Freibeuter“ als Kulisse.

Schloss Moritzburg erlebt besonders als verschneite Winterlandschaft als Traumziel für alle, die von „Aschenbrödel“ nicht genug bekommen können. Und wer kann schon Schloss Sanssouci in Potsdam besuchen, ohne sich nicht umzusehen, wo Romy Schneider ihren (echten) Tränen freien Lauf ließ?

Wer Rom besucht und sich im Fontana-di-Trevi-Trubel durchaus wohl fühlt, sieht Anita Ekberg im Brunnen herumtollen. Auf der Spanischen Treppe – nur zehn Minuten zu Fuß entfernt – ein Eis essen ist in etwa so unterhaltsam wie „Ein Herz und eine Krone“ mit der unvergessenen Audrey Hepburn, die hier der Welt entrückt genüsslich ihr gelato schleckte. Sie kommt im Buch ein weiteres Mal vor, an ihrem Wohnort am Genfer See erinnert eine Büste an eine der zahlreichen Prominenten, die sich hier niederließen, Chaplin’s World ist nicht minder sehenswert.

Dieser ungewöhnliche Reiseband begeistert, da er zwar Bekanntes zeigt, durch die Fülle jedoch immer neue Reiseideen kreiert. Man kann in dem Buch nach Filmen suchen und die Drehorte finden. Oder man plant für die bereits gebuchte Reise einzelne Ausflüge an Orte, die man von der Leinwand oder aus dem Fernsehen kennt. Es sind Reisebände wie dieser, die eine Reise zu einem echten Erlebnis machen können. Einmal in diesem Buch geblättert und schon lodert die Flamme der Neugier. Von Malta bis Spanien, von Irland bis Kreta erlebt man so manches filmische Highlight noch einmal.

Die schönsten Landschaften unserer Erde

Um es gleich vorwegzunehmen: Bei so mancher Abbildung kommt man ins Zweifeln. Ist das echt? Gibt es das wirklich? Das kann doch nicht wahr sein, oder? Und die Antwort lautet stets: Ja, doch es ist so. Alles echt!

Wenn man aus dem Fenster schaut und das Grau des Alltags sieht, und dann ein wenig in diesem Prachtband herumblättert, kehrt im Handumdrehen die Hoffnung zurück. Mitten in der Namib-Wüste steht ein Kameldornbaum. Auf den ersten Blick denkt man an die letzten Stunden dieses Baumes. Die Wurzeln treten aus dem kargen Boden hervor, so als ob der Baum jeden Moment abzuheben droht. Keine Chance auf Wasser. Über ihm der sternenklare Himmel. Das, was wir so sorglos Zivilisation nennen, ist Lichtjahre entfernt. Und dennoch verströmt diese Ödnis eine Schönheit, die den Betrachter gefangen nimmt.

Wenn das Laub im Indian Summer das Auge vor die Herausforderung stellt, die Farben einzuordnen, sind kleine Details oft von Belang. Vor den Stämmen eines durch und durch grauen Waldes scheinen die roten Blätter eines Laubbaumes wie eine Verhöhnung der Tristesse.

Eine Luftaufnahme aus dem Muddus National Park in Schweden führt erst einmal in die Irre. Wolken, Wald, karges Gebirge. Bei genauerem Hinsehen realisiert man, dass der Berg vom Wasser umgeben ist, auf dessen glatter Oberfläche sich die Wolken am Himmel spiegeln.

Nur drei Beispiele für die Vielfalt der ausgewählten Bilder in diesem Buch. Jedes Bild, jede Seite, oft Doppelseite, ist eine Reise in die Schönheit der Natur. Nicht oft, sondern immer wird man daran erinnert, was es damit auf sich hat, wenn von der Schönheit von Mutter Natur die Rede ist. Und warum wir sie beschützen müssen.

Die Fotografen, die ihre best shots für dieses National Geographic Buch zur Verfügung gestellt haben, tragen immer noch ein Lächeln im Gesicht. Sie haben etwas gesehen, das viele nur aus diesem Buch kennen werden. Es sind nicht einfach nur Momente, die zum richtigen Zeitpunkt festgehalten wurden. Es sind Abbildungen vom oberen Ende der Einzigartigkeit in der Natur. Man fühlt sich privilegiert sich in diese Bilder hineinziehen zu lassen. Einmal um den Erdball und dabei nur das Beste vor die Augen zu bekommen. Oscar Wilde wäre es gerade gut genug gewesen. Man möchte nicht aufhören in diesem Buch zu blättern!

Venexia

Venedig und Klischees – gehört irgendwie zusammen. Hoffnungslos überlaufene cale und Brücken, Überschwemmungen und der Karneval. Aber auch Romantik, zauberhafte Aussichten und ein Füllhorn an einzigartigen Eindrücken. Doch all das ist ein Stück harte Arbeit. Mit dieser Einsicht kommt man diesem Prachtband schon ein gewaltiges Stück näher. Denn Venedig ist eben nicht nur Romantik in bella italia und ein Espresso zu exorbitanten Preisen. Hier leben Menschen, echte Venezianer, die die Stadt zu dem machen, was sie ist.

Stefan Hilden hat immer die Kamera im Anschlag. Was so martialisch klingt, war es anfangs auch. Er war auf Bilderjagd. Doch er merkt schon bald, dass er so nicht sehr weit kommt. Denn als Venezianer will man nicht auf Schritt und Tritt für die Ewigkeit eingefangen werden. So kam er ins Gespräch mit den Einwohnern der Serenissima. Und bald schon kamen diese einzigartigen Bilder zustande. Hochglanz, ja. Prospektmaterial, bedingt. Denn Venedig öffnet sich nur dem Aufgeschlossenen.

So darf Stefan Hilden den Palazzo Mora besuchen. Nicht einfach nur mal reinschauen, so wie viele andere auch. Nein, er durfte Türen öffnen, die sonst verschlossen bleiben. Immer schön am Rand bleiben, wurde ihm gesagt. Da weiß man schon, dass das Knarzen im Boden nicht einfach nur Nostalgie ist, sondern eine echte Warnung. Und ab jetzt verschlägt es dem Leser den Atem! Man riecht förmlich den Verfall, atmet Geschichte, sieht, was die Zeit mit dem Gebäude gemacht hat. Aber vor allem, was immer noch zu sehen ist! Lichtpunkte, die durch die brüchigen Fensterläden ihren Weg finden. Patina an kunstvoll geschmiedeten Geländern und Beschlägen. Aussichten, die so selten sind, dass man vor Neid erblassen könnte.

Manche Gebäude werden heutzutage als Ateliers genutzt. Mal expressionistisch wie im Cabinett des Dr. Caligari, mal verwunschen wie in einem Märchenschloss. Immer voller Leben, das sich auf den Straßen abspielt.

Aber auch Orte der Ruhe findet Stefan Hilden bei seinen Fotostreifzügen, die keine Jagd mehr sind. Keine auf Hochglanz polierte Gondeln findet den Weg vor die Linse, sondern genutzte Wasserfahrzeuge, die ihre Pflicht vor langer Zeit getan haben. Pures Mauerwerk kündet von dem, was mal war. Und immer mit im Bild: Die Sehnsucht, die Grandezza der Stadt, die einmal die Meere beherrschte. Deren Ruhm seit Jahrhunderten an- und die Besucher in Atem hält.

„Venexia – Hinter den Kulissen von Venedig“ spiegelt dem Betrachter nichts vor, wie es so manch Unerfahrenen in der Lagunenstadt ergeht. Die Stadt ziert sich etwas ihre nicht ganz so prächtigen Seiten zu offenbaren. Stefan Hilden leistet exzellente Überzeugungsarbeit und lässt sie bei aller fehlender oberflächlicher Eleganz erstrahlen. Venedig mal anders – dieser zu oft missbrauchte Satz trifft bei diesem Buch auf jeder der 180 Seiten zu.

Kleine Geschichte des Gardasees

Es ist sicher keine Erfindung der Moderne, dass es am Gardasee ziemlich wenig Platz gibt. Diese saloppe Erkenntnis gewinnt man schon auf den ersten Seiten dieses Buches. Denn der Gardasee war schon immer ein begehrtes Ziel. Nicht nur für Touristen, sondern für Weltmächte, Herrscher und Machthungrige aller Zeiten. Die Römer, die Lombarden, Hunnen, Barbaren und schlussendlich die auspuffbegasten, motorisierten Sonnenhungrigen der Welt. Der Gardasee – wer einmal da war, weiß warum – sehnen sich nach dem Gardasee.

Karin Sechneider-Ferber macht sich auf den langen Weg der langen Geschichte des lang ausgestreckten Sees in Oberitalien, dem größten Italiens. Zum Erstaunen vieler, die hier nur ihren Stellplatz suchen wollen, um postwendend ihr kleines eigenes Reich zu errichten, fördert sie dabei einiges zu Tage, das bisher kaum bekannt gewesen sein könnte. Selbst der Vinschgauer „Ötzi“ hätte sich hier einen Augenschmaus gönnen können. Möglich wäre es gewesen, aber da er es nicht mehr mitteilen kann, werden wir es nie erfahren. Am Gardasee entlang führten Handelsstraßen, die – und das ist bis heute nicht minder wichtig – einen bedeutenden Beitrag zum Wohlstand leisten.

Die Hinterlassenschaften der einstigen Herren sind bis heute sichtbar. Die Grotten des Catull auf der Halbinsel von Sirmione sind die weithin sichtbaren Überbleibsel eines herrschaftlichen Gebäudes. Wozu es diente, gibt bis heute Rätsel auf. Und der Name, der auf den Dichter Catullus zurückgeht, ist mehr als fraglich. Er lebte bevor es errichtet wurde.

Als die Könige und Kaiser Jahrhunderte später ihren Frieden mit der Region gemacht hatten, kamen die Menschenmassen in ihren Fahrzeugen, um sich an Berg und Meer satt zu sehen. Auch dies ist nur allzu verständlich. Einfach mal schauen!

Die „Kleine Geschichte des Gardasees“ ruft die wilden, harten, beschaulichen, glorreichen Zeiten am Gardasee noch einmal in Erinnerung. Beim nächsten Spaziergang am See, beim nächsten Stadtbummel, bei der nächsten Tour um und am See, erinnert man sich an einzelne Kapitel oder Abschnitte und sieht den Gardasee nun mit ganz anderen Augen.

In 80 Pflanzen um die Welt

Da muss man erstmal drüber nachdenken, was man von so einem Buch erwarten soll. Länderspezifische Pflanzen. Was gibt es da alles? Einen Spaghettibaum in Italien? Das war mal ein Erster-April-Scherz im britischen Fernsehen. Auf die Artischocke kommt man erst bei sehr langem Nachdenken.

Die Mistel und Frankreich in Verbindung zu bringen, gelingt vor allem Asterix-Fans. Miraculix kraxelt in die Wipfeln der Bäume mit seiner kleinen Sichel, um die Zutaten für seinen Zaubertrank zu besorgen. Ist man erstmal im Nachdenkerausch, ist es auch nicht mehr so weit bis zum Kaffeestrauch in Äthiopien. So einen Strauch haben dann doch aber im Verhältnis zu den Kaffeegenießern Wenige gesehen. Und noch weniger weiß man, dass seine Blätter den Schatten bevorzugen. Die Früchte sind eine Delikatesse für Affen und Vögel. Heute kaum vorstellbar ist die Tatsache, dass vor rund vierhundert Jahren – inzwischen wusste man wie man aus der Frucht ein köstliches Getränk bereitet – Kaffee von der katholischen Kirche als Teufelsdroge verschrien war. Papst Clemens VIII. „opferte sich“ und probierte … und siehe da: Es war gut! Nix mehr Verteufelung!

Schon mal versucht eine üppig wachsende Agave von A nach B zu transportieren ohne sich dabei die Haut vielschichtig aufzureißen? Mexikaner können sicher darüber nur lachen. Denn dort ist diese Kakteenart heimisch. Und sicher weiß man auch wie man damit umgeht. Wahrscheinlich lässt man sie an Ort und Stelle und freut sich an ihrem Wachstum und dem überwältigenden Formenspiel.

Jonathan Dori lädt die Botanikfreunde ein sich mit ihm auf eine vergnügliche Reise durch die Flora der Welt zu machen. Ein Hauch Muskat in Indonesien. Vielleicht sogar an Fuchsschwanzblättern? Dazu müsste man aber über den Pazifik gen Osten reisen. Bis nach Peru. Denn dort gedeiht diese widerstandsfähige Prachtpflanze. Nicht nur hübsch anzusehen – mittlerweile auch in unseren Gefilden, Fuchsschwanz ist halt widerstands- und anpassungsfähig – sondern auch als Nutzpflanze einsetzbar.

Dieses Buch macht Appetit und schärft den Blick für die Pflanzen links rechts, über die man sonst eher im besten Fall den Blick nur streifen lässt. Die Abbildungen, diese wunderbar poetischen Zeichnungen von Lucille Clerc sind ein andauernder Frühlingskick, der niemals vergeht.