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Die letzten Nächte von Paris

Es könnte schlimmer sein! Nur noch eine letzte Nacht in Paris. Und dann ganz viele Nächte nicht in Paris. Doch der namenlose Erzähler hat noch mehrere vor sich. Und die verbringt er mit Georgette. Beziehungsweise verbringt er sie nicht neben Georgette, sondern meist hinter ihr. Sie zu verfolgen, ihrem Sirenengesang zu folgen, ist sein Elixier.

Georgette ist des Nachts der schillernde Schmetterling, der das Dunkel der Nacht vergessen lässt. Tagsüber ist jedoch die graue Maus, die man sehr wohl wahrnimmt, aber nicht mit übermäßiger Beachtung beschenkt. Nicht Georgette allein machen die Nächte von Paris so eindrücklich. Es ist das Drumherum, das den Erzähler unmerklich in einen Strudel hineinsaugen, dem er nicht entkommen kann. Er befindet sich auf einer Reise, die man so nirgends buchen kann, auch wenn Georgette sich sonst für vieles bezahlen lässt.

Wir sind im Paris der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts. Andernorts sind diese Jahre golden oder roaring. In Paris treibt der Erzähler in eine krimireife Zeit. In der Zeitung liest er von einem Matrosen, den die Polizei dingfest machen hat. Er den Freund seiner Freundin ermordet, zerstückelt und die Reste dessen menschlicher Existenz in der Seine entsorgt.

Octave, Georgettes Bruder, ist auch so ein Früchtchen. Wie einst Nero will er sich ein flammendes Denkmal setzen. Doch es wird dann doch die letzte Ruhestätte.

Und Volpe schießt den Vogel im Skurrilitätenkabinett ab. Er kann alles, kennt jeden, hat überall seine Finger im Spiel. Doch greifbar wird er niemals sein. All diese Typen und noch einige mehr trifft der Erzähler bei seinen Erkundungen Georgettes. Autark ist er schon lange nicht mehr. Das Milieu hat ihn gefangengenommen. Nur noch ein kleiner Schritt bis er selbst dazugehört…

„Die letzten Nächte von Paris“ sind Philippe Soupaults Liebeserklärung an Paris. Die Poesie seiner Worte hallen noch lange nach. Beispielsweise wenn er Georgettes Schatten als das wahre Licht ihrer Schönheit beschreibt. Oder wenn er vom albernen Xylophon der Bummler spricht. Wer Paris wie es einst war kennenlernen will, wer dem heutigen Paris auf den Grund gehen will, kommt an diesem Buch nicht vorbei. Picasso und die anderen spielten in Paris nicht mehr lange die große Rolle wie vor zehn, zwanzig Jahren. Montmartre und Montparnasse waren vom Künstler-Walhalla zum Spektakel für allerlei schaurige Gestalten verkommen. Der Mythos Paris kränkelte. Und Philippe Soupault kritzelt eifrig seine Fieberkurve.

Das letzte Spiel

Jeder kennt diese Typen: Sie sonnen sich im Glanze der Anderen, hecheln ihnen nach, begrüßen die eigentliche Fremden wie vertraute Freunde, die man ewig nicht mehr gesehen hat und grinsen permanent grenzdebil in jede Kamera. Julien, um den es in diesem Buch geht, meint, dass er der einzig starre Punkt im Universum ist. Und sich alles um ihn zu drehen hätte. Er ist Schriftsteller, und er arbeitet gerade an seinem „großen Roman“. Ein Denkschrift, eine Trauergeschichte … sein Leben. Denn, wenn er einmal nicht mehr ist, wird man merken wie wertvoll sein Leben war.

Wir sind im Paris der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Julien geht es finanziell gut. Arbeiten im eigentlichen Sinne muss er nicht. Er treibt Sport, um die Glieder geschmeidig zu halten, schreibt im Café ein paar Zeilen, nur um sie dann lautstark wieder zu verteufeln. Es ist ein hartes Leben. Für ihn.

So schnell wie sich an einem Apriltag das Wetter drehen kann, ändert sich Juliens Leben. Er muss die Seiten wechseln, vom Schreiber zum Beschriebenen. Nach einem (durchorganisierten – ja, das kann Julien) Kurzurlaub in der Bretagne zusammen mit Berthe, seiner Freundin, fiebert Julien. Und zwar gewaltig. So sehr, dass er sein eigenes Ende kommen sieht. Er beschließt im wahrsten Sinne des Wortes sein Leben … zu ordnen. Hektisch kritzelt er sein Testament aufs Papier. Sein unehelicher Sohn, der aus einer kurzen, aber heftigen Liaison einst an der Côte entstand, soll alles erben. Während seine Mutter in der Küche für ihn kocht, soll sein Freund Alfred Juliens Werke zurückkaufen. Ohne den „großen Roman“ vollendet zu haben, ist es nicht anzuraten, dass andere sein Werk lesen. Noch immer dreht sich Juliens Welt nur um einen Punkt.

Julien ist so von sich überzeugt, dass er keinerlei Ratschläge annimmt. Er suhlt sich gern im eigenen Leid. Mögen Freunde, Familie, Ärzte sagen, dass es ihm über Kurz oder Lang wieder gutgehen wird – Julien wird sterben. Er weiß das. Und er will in Ruhe sterben. Doch es kommt anders. Der leidende Literat erholt sich. Und doch ist alles anders. Die Freunde sind passé. Julien hat niemanden mehr, dem vom „großen Roman“ erzählen kann, dem er sein Leid klagen kann. Das unbeschwerte Leben verliert an Reiz. Selbst Maud, in die er sich verguckt, kann ihn nicht aus der Reserve locken. Eine Affäre würde beiden nichts bringen. Der Fieberwahn hat seine Auswirkungen hinterlassen.

Philippe Soupault gibt seinem Helden die Sporen des Lebens. Und des Leidens. Als betuchter Bohème lebt Julien in den Tag hinein. Alles hat seinen Platz, alles ist durchdacht, straff organisiert. Mit einem Mal ist alles anders. Planungen streifen die Reichweite seiner Arme. Freundschaften befinden sich außerhalb selbiger. Und wenn einem doch einmal eine helfende Hand gereicht wird, kann man sie aus unerfindlichen Gründen nicht greifen. Julien reift in „Das letzte Spiel“ vom lästigen Angeber zum mitleiderregenden Verlierer, der scheinbar doch nicht alles hatte.

Der Neger

Die Geschichte ist schnell erzählt: Ein Mann bringt eine Prostituierte um, wird aber nicht bestraft. Punkt. Aus. Ende. Das ist dann aber kein Stoff für eine Geschichte. Auch wenn der Titel noch so sehr für Aufregung sorgen sollte.

Der namenlose Ich-Erzähler dieser Geschichte trifft eines Tages Edgar Manning. Er ist der Neger. Ein großer, grober Kerl, der das Leben genießt. Laut und kräftig, rauchend und trinkend. Es war Schicksal ihn zu treffen. Ein Freund, ein Reverend, hat ihn kurz vor seiner Abreise vor diesem Edgar Manning gewarnt. Er, Edgar, hat die Angewohnheit Menschen in seinen Bann und mit in den Abgrund zu ziehen.

Doch es kommt anders. Da steht er: Breitbeinig, breitschultrig, bereit das Leben mit seinen Pranken zu verschlingen. Die Frauen liegen ihm zu Füßen. Edgar ist Drummer in einer Jazzband. Das sagt er, wenn man ihn nach seinem Beruf fragt. Doch sein Geld verdient er mit Drogen und Mädchen. Beides verkauft und benutzt er.

Edgar, der Neger, der Afrika nur symbolisiert und mit Nichtem im Herzen trägt trifft Europa. Sie ist Prostituierte und ihm anfangs willig, später ist sie tot.

Alles geht rasend schnell in diesem Kurzroman. Philippe Soupault hetzt in seinem Erstling den Erzähler von ein Ah zum nächsten Oho. London, Paris, Barcelona, Lissabon – egal, wohin der Erzähler auch geht, Edgar Manning ist schon da. Mal Musiker, mal schwer schuftender Malocher. Und immer mit einem Geheimnis gesegnet. Und immer mit offenen Armen für den Freund. Oder doch Fremden? Edgar ist ein Außenseiter, ein Exot, Outlaw, immer jemand, der die Gesetzmäßigkeiten missachtet und eigene Regeln aufstellt. Freunde hat er nicht. Dem Erzähler begegnet er mal distanziert, ein anderes Mal überhäuft er ihn überschwänglich mit Umarmungen. Dem Erzähler schwinden die Kräfte Edgar Manning einordnen zu können. Und so schaut er ihm mit großen Augen beim Leben zu.

Philippe Soupault ist der vergessene Mitbegründer der Surrealisten um André Breton und Louis Aragon. Guillaume Appolinaire gehörte zu seinem Freundeskreis, ihm verdankte er seinen Durchbruch als Literat. „Der Neger“ ist ein Gleichnis. Nicht umsonst heißt die Ermordete Europa und der Mörder ist der Neger. Heinrich Mann lobt im Vorwort die Tiefe dieses Romans im Speziellen und die des Werkes im Allgemeinen. Philippe Soupault zu lesen, bedeutet vor allem eines: Eine Nähe zum Autor und seinen Protagonisten aufzubauen ohne zu viel Vertrautheit aufkommen zu lassen. Der Widerspruch zwischen Nähe und Distanz wird bei Soupault wie durch Zauberkraft aufgehoben. Edgar Manning ist keiner, mit dem man am Tisch sitzen möchte. Aber es bereitet eine diebische Freude ihm zuzusehen. Sympathie? Nicht unbedingt. Neugier? Auf alle Fälle.

Paris mon amour

Paris und die Liebe – mehr als nur ein Klischee. Paris und die Liebe – so massenkompatibel wie wahrhaftig. Paris und die Liebe – immer wieder eine Anregung für Autoren ihrer Phantasie freien Lauf zu lassen. Es bleibt nicht beim Klischee.

Durch die Jahrhunderte hindurch war Paris ein Sehnsuchtsort. Grenouille – ja, genau der Grenouille aus der Feder von Patrick Süßkind – wird gezwungen auch andere Sinne einzusetzen, um sich im Strudel der Düfte zurechtzufinden. Michael, der Held aus F. Scott Fitzgeralds Geschichte, harrt der Dinge, die ihn auf einer Hochzeitsparty ereilen sollen. Ob Jojo Moyes oder Friedrich Glauser – ihre Helden verlieben sich in Paris, sind bereits verliebt oder entdecken die Liebe immer wieder neu. Und mit ihnen auch der Leser.

Immer wieder blitzen Orte in Paris auf, die nach Verführung und Alles-Um-Sich-Herum-Vergessen-Können klingen, wie der Jardin du Luxembourg. Man streift mit den Protagonisten durch die Stadt der Liebe und entdeckt sie immer wieder neu. Ob beim Flanieren am Kanal du Saint Martin oder am Eiffelturm.

Doch kann die Liebe auch auf den Magen schlagen. Zu viel des Guten ist ungesund. Zu wenig eine Schande.

Die Pariser Liebesgeschichten in diesem Buch – Joey Goebel hat eigens dafür eine Geschichte beigesteuert – lassen mindestens noch einmal Urlaubsgefühle aufkommen. Ein Croissant am Morgen zur Stärkung, eine Geschichte auf den Stufen von Notre Dame am Vormittag, das Ablaufen einer Kurzgeschichte an Originalschauplätzen am Nachmittag, und Abend lässt man in einem der erwähnten Restaurants den Tag ausklingen und Revue passieren. Schon verliebt? Garantiert!

Es ist ein Privileg der freien Zeit, dass man sich und die Welt mit anderen Augen sehen kann. Nun ist Paris sicherlich keine Stadt mehr, die gänzlich unbekannt ist, jedoch immer noch Geheimnisse in sich birgt. Ein Reiseband ist ein unerlässlicher Helfer, um sich in ihr bewegen zu können. In sie eintauchen wird man aber nicht können, wenn man nur die Sehenswürdigkeiten wie ein Schwamm aufsaugt. Hier sind die Literaten als Chronisten der Zeit gefragt. Sie zeigen ein Paris abseits von Arc de Triomphe und Centre Pompidou. Sie finden die kleinen Gassen, in denen sich das Leben tummelt. Und dieses Leben ist es letztendlich, das Paris zum Leben erwachen lässt.

„Paris mon amour“ ist ungeschminkt elegant, das kleine Büchlein, dass man immer dabei hat, um bei Rast auch Ruh zu finden. Egal, ob man verliebt ist oder selbige noch sucht – hier wird jeder Paris-Gast wie ein Freund empfangen.

Paris abseits der Pfade I

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Über die Boulevards schlendern, den Eiffelturm erklimmen, auf den Treppen vor Sacré Cœur ein Eis schlecken – Paris. Ein Traum! Viel zu erleben, aber auch viel zu verpassen. Denn nur Boulevards, Turm und Ausblick mit Eis macht aus keinem Gast einen Paris-Experten. Das unter anderem beweist dieser Reiseband, der jedem Paris-Besucher unters Kopfkissen gelegt gehört.

Und wenn man es dann wieder hervorholt und auch nur ein bisschen darin blättert, erlebt man Paris wie es selbst viele Pariser nicht jeden Tag erleben. Um es gleich vorweg zu nehmen: Das Buch „hintereinander wegzulesen“, ist nur was für Menschen mit fotografischem Gedächtnis. Die Dichte an Informationen erschlägt den Leser. Fast! Denn so manche Straße ist dem Besucher schon bekannt. Doch erfährt man nun erst, was man alles übersehen hat, welche Histörchen sich hier zugetragen haben. Auf einzelne Beispiele kann aus Platzgründen nicht eingegangen werden.

Georg Renöckl hat all seine Sinne geschärft, um dem Leser das Flanieren so einfach wie möglich zu machen. Der Duft von exotischen Kräutern aus aller Herren Länder steigt in die Nase, das Auge zuckt von einem denkwürdigen Platz zum Anderen, die Ohren vernehmen schon ab den ersten Seiten den Klang von Paris. Mit dem Autor genießt man ein krosses Baguettes und blickt auf die Ratten von Paris. Nicht sprich-, sondern wortwörtlich. Keine Angst, die tun nichts mehr!

Mit Victor Hugo durch Paris laufen, Haussmanns Erbe in sich aufsaugen, mit Napoleon die Welthauptstadt erobern und zwischendurch die kleinen, in keinem Reiseführer verzeichneten Geheimtipps aufsuchen. Georg Renöckl hat viel gelesen, hat in Paris gelebt, ist also der ideale Paris-Guide für Anfänger und Paris-Kenner. Romantisch verklärte Klischees sucht man vergebens in diesem Buch. „Augen auf!“, heißt es vielmehr, wenn man durch das Häusermeer spaziert. Den Blick immer schweifen lassen, kein Detail außer Acht lassen.

Bei der Fülle an Eindrücken gibt der Autor immer wieder Tipps zur Erholung, sprich wo man es sich schmecken lassen kann. Am Ende der Kapitel noch einmal kompakt zusammengefasst. Egal, wo man sich gerade befindet. Auch in den so genannten No-Go-Areas. Die liegen eh im Auge des Betrachters. Wer sich von den hypermodernen Hipster eher abgestoßen fühlt, meidet andere Quartiers als die Stubenhocker, die immer nur auf ihre eigene ach so tolle Kultur pochen. Alles ist relativ. Nur Paris nicht! Paris ist absolut: Lecker, bestaunenswert, vielfältig und abwechslungsreich. Und mit oder nach der Lektüre dieses Buches eine Stadt, die man so noch nicht gesehen hat.

Oft heißt es in einem Gespräch, dass man eine gute und eine schlechte Nachricht hat. Hier ist es anders: Es gibt einen Lichtblick und die Frage „Wie liest man dieses Buch?“. Der Lichtblick ist der Titel „Paris abseits der Pfade – Band 1“, d.h. die Reise wird weitergehen. Die Frage nach der Leseart ist da schon schwieriger zu beantworten. Beim Gehen schmökern? Dann verpasst man ja alles! Vor dem Flanieren lesen oder hinterher? Beides! Eindeutig beides. Zuerst anfüttern und am Abend Revue passieren lassen. So liest man „Paris abseits der Pfade“. Und Paris ist kein Traum mehr, sondern das wahre Leben!

Rendezvous in Paris

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Manchmal reicht ein winziger Moment aus, um das Leben umzukrempeln. Und dann wieder alles in den Originalzustand zu versetzen … ein sinnloses Unterfangen. Das klappt nie!

Es ist Dienstagabend. Irgendwo in Berlin wird getanzt, gelacht, geschmust. Die Tennismeisterschaften sind vorbei, der Sieger gekrönt und mittendrin tanzen Frank, der amerikanische Geschäftsmann, und Evelyn, die Frau des Landgerichtstrates, gedankenverloren miteinander. Nur noch Minuten, dann muss Frank den Zug nach Paris besteigen. Minuten, die beide zwischen Hoffnung, Skepsis und momentanem Glück schwanken lassen.

Soll es das nun gewesen sein? Eine kurze, glückliche, verheißungsvolle Zeit in den Armen eines Fremden? Soll es das nun gewesen sein? Eine kurze, glückliche, abenteuerliche Zeit in den Armen einer Frau, die so sehr nach mehr zu lechzen scheint? Soll der Abend schon zu Ende sein? Droht nun wieder der Alltag mit dem lästigen Prozess, der so zu schaffen macht?

Drei Menschen: Evelyn, Frank und Kurt, Gatte von Evelyn. Alle Drei erleben ein und denselben Tag. Jeder hat seine Sichtweise, auf das Jetzt und die Zukunft. Jeder hat seine eigenen Sorgen und Nöte.

Evelyn wagt den Sprung ins kalte Wasser. Frank hat sie zu sich gelotst. Sie in Paris. Ihr Gatte im Gerichtssaal, die Kinder wohlbehütet daheim. Frank voller Vorfreude in Paris, seine Verhandlungen mit den französischen Geschäftspartnern laufen schwierig, aber sie laufen. Ist Evelyn nur der amüsante Zeitvertreib zwischen Verhandlungen und Vertragsunterzeichnung?

Wie in einem Tagebuch seziert Vicki Baum die wenigen Tage, die Evelyns Leben so stark veränderten. Jeder der Beteiligten – Evelyn, Frank und Kurt – wird zum Chronisten des Zerfalls. Für Kurt ist Evelyn auf dem Lande bei Marianne, der energischen Freundin Evelyns. Frank und Evelyn genießen anfangs die gemeinsame Zeit. Doch sie sind rational genug zu wissen, dass ihre amour fou ein rasch nahendes Ablaufdatum hat. Es sei denn, …

Wer schon immer mal einen echten Liebesroman – mit allen seinen Höhen und Tiefen – lesen wollte, kommt mit „Rendezvous in Paris“ voll auf seine Kosten. Kein Kitsch, sondern ausgefeilte Szenarien umgarnen den Leser und lassen ihn erst wieder los, wenn das Buch zugeklappt wird. Wer Vicki Baums Roman liest, ist versaut für die nachkommenden Werke. Es ist schwer an ihr emotionales Sprachgewitter heranzukommen.

Styleguide Paris

Styleguide Paris

Einen Styleguide zieht man zu Rate, wenn man merkt, dass der eigene Style nicht mehr ganz … mmmh sagen wir mal … passt. Eine Stadt wie Paris, eine Stadt, die für jeden Touristen auf den ersten sich als Selbstläufer darstellt, eine Stadt, die sich immer wieder neu erfindet, braucht keinen Styleguide. Oberflächlich betrachtet mag das stimmen. Aber was ist mit denjenigen, die „auf der anderen Seite stehen“? Die, die Paris besuchen? Wenn man die tennisbesockten Sandalenträger in der Warteschlange am Eiffelturm sieht, haben die einen Styleguide mehr als nötig.

Dieses Buch ist für alle Parisbesucher, denen das Überangebot an extravaganten Hotspots die Sprache verschlägt. Und für diejenigen, die den Parisaufenthalt als Höhepunkt des Jahres ansehen. Bloß nichts verpassen! Auf gar keinen Fall irgendetwas vermissen müssen in der schönsten Zeit des Jahres.

Da ist man endlich in Paris. Die ersten Sonnenstrahlen des Tages in Montmartre genießen, am besten mit einem Croissant in der Hand. Doch wo bekommt man die besten Croissants? Wo den besten Café? Am besten frischgebrüht, mit frisch gerösteten Kaffeebohnen. Elodie Rambaud ist Pariserin, Fotostylistin. Dem Namen und dem Beruf nach die ideale Beraterin in Sachen Style und Paris. Sie ist der Styleguide Paris, wenn es um Essen, Einkaufen und Liebe geht. Egal wie lange man in Paris verweilt, mit diesem Buch ist man bestens ausgerüstet, um wirklich nichts zu verpassen.

Gleich zu Beginn des Buches gibt die Autorin eine kleine Anleitung wie man ein Wochenende in Paris verbringen kann. Kann! Elodie Rambaud gibt Ratschläge, keine sie macht keine Vorgaben! Wer länger belieben kann, blättert weiter und hüpft wohlgemut von Tapetenladen Diptyque zum Maison M, einer Boutique mit ausgewählten Schreibwaren, die es sonst nirgends in Paris gibt, um dann im Yveline Kurioses zu entdecken. Unterwegs kann man im Mahatsara allerlei Buntes und Nützliches aus Afrika bestaunen und shoppen. Oder im Pour vos beaux yeux sich von der Brillenvielfalt verzaubern lassen.

Sicherlich sollte ein Urlaub dazu dienen sich zu erholen. Die einen tun dies, indem sie tagelang am Strand faulenzen. Andere kraxeln lieber Berge hinauf und wieder hinab. Als Städtebesucher erliegt man leicht der Versuchung durch die Shops der Stadt zu tingeln und hier und da sich mit dem „Nötigsten“ einzudecken. Und wie überall ist die Gefahr groß sich nichtssagenden Tinnef ins Reisegepäck zu stopfen, den man zuhause eh bloß versteckt. Der Styleguide Paris ist die Präventivmedizin für alle, die gar zu schnell im Rausch der Zeit dem Rausch des Konsums verfallen. Nicht das „mehr“ ist besser, sondern „besser“, „origineller“ lautet das Gebot der Stunde. Globalisierten Mainstream findet man in diesem Buch nicht. Jeder einzelne vorgestellte Ort ist ein Symbol für Paris, seine Eigenständigkeit als Marke stellt Paris auch mit seinen extravaganten, einzigartigen Shoppingaltären, die die Flaniermeilen der Citytripper links und rechts nicht nur füllen, sondern Paris immer wieder neu kreieren.

Die gekonnte, eigenwillige Aufmachung des Buches verführt zu mehr als dem bloßen Herumblättern. Ein Bildband im Taschenformat, der eine zweite Welle der Impressionen in Bewegung setzt.

Manet – Sehen

Manet sehen

Bild – Skandal – Revolution … wie geht’s weiter? Manet! Edouard Manets Bilder waren zeitlebens ein Aufreger. Doch man konnte sich der Anziehungskraft der Werke nicht entziehen. Kritiker und (einstige) Freunde gerieten sich regelmäßig in die Haare, wenn Manet ausstellte.

Schon Mitte der 60er Jahre des vorletzten Jahrhunderts fanden in Paris regelmäßig Salons statt. In denen stellten die Künstler ihre Exponate aus. Tausende Exponate. Wer auffallen wollte – und Manet wollte auffallen – musste sich schon was Besonderes einfallen lassen. Edouard Manet traf den Nerv der Zeit. Und vor allem den der Betrachter. Ein wohl gesonnener Kritiker traf den Nagel auf den Kopf, als er meinte, dass es immer ein Bild im Salon gibt, das heraussticht. Und das sei immer ein Bild von Manet.

Noch bis zum 4. September 2016 kann man dies in der wieder eröffneten Kunsthalle Hamburg überprüfen. Denn hier sind alle herausstechenden Bilder versammelt. Der begleitende Bildband / Katalog ist ein Füllhorn an Wissen zum Wegbereiter der Moderne. Kann der Besucher dem Blick der Exponate standhalten? Wenn ja, hat man den Titel der Ausstellung „Manet – sehen“ schon verinnerlicht und nach der Lektüre vollständig verstanden.

Wie bedeutend Manet ist, lässt sich nicht allein schon an der Liste der Leihgeber erahnen: Die Bilder stammen aus Paris, Sao Paolo, Boston, Zürich Stockholm, Chicago, Essen und vielen anderen Städten der Erde. Das Buch ist kein Leichtgewicht! Weder wortwörtlich noch sinnbildlich.

Wem Manet bisher nicht viel (außer dem Namen nach etwas) sagte, wird schon auf den ersten Seiten ein Déjà-vu erleben. Viele Bilder sind dermaßen im kollektiven Gedächtnis eingebrannt, dass man sie als kulturelles Welterbe ansehen kann. Nur der Produzent ist einigen unbekannt. Eine Nackte im Park mit zwei Männern, die sie betrachten, mit ihren Reden. Sie schaut lieber auf die, die nicht im Bild zu sehen sind, sondern davor stehen. „Picknick im Freien“ – würde auch heute noch Regungen beim Betrachter hervorrufen, wenn man Model und Maler im Park sehen würde. Nur, dass eben heute tausende von Handy-Fotos gemacht werden würden und in Klatschmagazinen darüber berichtet werden würde…

Die Autoren des Bildbandes sezieren das künstlerische Schaffen Edouard Manets ohne ihn dabei zu verletzen. Mit chirurgischer Präzision tragen sie Schicht für Schicht ab, um den Besuchern das Werk unzensiert nahezubringen. Eindrucksvoll berichten sie von den Schwierigkeiten, denen Manet, der Künstler mit dem ausgeprägten Ego, sich gegenüber sah. Es waren die Blicke, die Manets Werke so aufrührerisch erscheinen ließen. Künstler – Modell, Modell – Modell, Modell – Betrachter. Portaits im Maßstab Eins zu Eins lassen das gängige Verhältnis von Groß und Klein verschwimmen. Man geht an ihnen vorbei, achtlos. Um im gleichen Moment wieder umzukehren, und noch einen zweiten, dritten, vierten Blick zu riskieren. Das Risiko lohnt sich!

Wenn die Ausstellung Anfang September endet, ist der Nachklang immer noch spürbar. Manet ist immer eine Reise, einen Besuch wert. Dieser Bildband wird zukünftigen Besuchern nicht die Neugier auf kommende Ausstellungen nehmen, sondern vielmehr Appetit machen Edouard Manet in seiner Komplexität aufzusaugen.

Paris City Trip 2017 Kalender

Paris 4c

Wie wird Sehnsucht geweckt? Man sieht etwas, immer wieder, hört davon, härt andere davon schwärmen. So nach und nach baut sich eine innere Unruhe auf. Es fehlt plötzlich was im Leben. Da ist ein Loch, das gefüllt werden muss. So wird das Jahr 2017 mit dem Kalender „Paris City Trip“. Zwölf Monatsblätter, die alle 28 bis 31 Tage ein neues Verlangen kreieren werden. Garantiert!

Eine typische Boulangerie, Holztäfelung an der Außenfassade, Jugendstilelemente an den Glasscheiben, stimmungsvolle Lichtakzente – gleich der Januar lässt die kalten Tage vor den heimischen Fenstern vergessen machen. Actionreicher wird es im Folgemonat. Die ehrwürdige Kathedrale Notre Dame im farbenprächtige Wintersonne, im Vordergrund ein Straßenkünstler bei der Arbeit. Und – wie unfair – ein lupenreiner blauer Himmel! Romantischer als der April in Paris ist der launische Monat nirgends. Die Seine plätschert vor sich hin und die Bäume beginnen ihre bunten Gewänder wieder zu tragen. Wer unter Romantik im Lexikon nachschlägt, wird dieses Bild entdecken.

Doch auch der Mai wird Paris gerecht. Anders! Ganz anders. Modern, kitschig koloriert schon fast. Moderne Architektur, klare Formensprache, aufwühlende grelle Farben. Ganz im Gegensatz zum Juli. Hier wird das savoir-vivre gefeiert. Entspannte Atmosphäre, leere Stühle in einem Café. Das, was man tagsüber nie zu sehen bekommt, wird zum Symbol der Nacht. Und trotzdem geschäftiges Treiben drumherum.

Ein Kurzurlaub in der Stadt der Liebe ist immer ein Erlebnis. Wer noch nie Paris en direct gesehen hat, es aber immer vorhatte, kommt nun nicht mehr daran vorbei die ersten Reisevorbereitungen zu treffen. Zwölf Monate hat man nun Zeit sich Paris noch einmal zweidimensional anzusehen. Dann wird es Zeit einen Schritt, eine Dimension, weiter zu gehen. Dieser Kalender lässt niemanden kalt, der sich für Ästhetik, Farbenspiele, Architektur, Lebenslust und die Magie der Bilder begeistern kann.

Der Haschischklub

Der Haschischklub

In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gab es einen kleinen Zeitungsartikel, der vor allem religiöse Fanatiker aufbrachte. Ein junger Mann, betete ein Poster der Band KISS an. Offenbar im Drogenrausch züngelte Gene Simmons vom Poster herab – der junge Mann hörte nie wieder KISS. Blödsinn! Mag man denken. Schon Jahre, Jahrzehnte, weit über einhundert Jahre zuvor brachte Théophile Gautier eine ähnliche Geschichte zu Papier. Auch er sorgte Zeit seines Lebens für Furore. Ein junger Mann, gerade die Schule beendet, verbringt die Zeit bei einem Verwandten. Von einem Gobelin steigt eine rau zu ihm herab, er verehrt sie. Ist verknallt, um die Wahrheit zu sagen. Er muss das Haus verlassen, Jahre später entdeckt er den Gobelin wieder. Hat aber nicht genug Geld in der Tasche, um ihn sich zu leisten. Als er mit der geforderten Summe zurückkehrt, ist der Gobelin schon verkauft. Vorbei, vorbei, vorbei – es bleiben nur die Erinnerungen…

Phantastische Erzählungen ziehen den Leser in ihren Bann. Sie regen die Phantasie an, sorgen dafür, dass die kleinen grauen Zellen, wie sie Hercule Poirot immer so gern bezeichnete, in Bewegung bleiben. Denn Bewegung bedeutet Fortschritt.

Die titelgebende Erzählung „Der Haschischklub“ zeigt die ganze Kraft der Worte. Den Haschischklub gab’s wirklich. Und auch Théophile Gautier war Mitglied. Man traf sich konspirativ, probierte … na was schon?! … und gab sich den eigenen, neuen, fremden Gedanken hin. Schonungslos geht der Autor mit sich und den anderen Beteiligten, zu denen „in echt“ auch Balzac, Flaubert und auch Baudelaire gehörten, ins Gericht.

Obszön waren seine Geschichten als sie erstmals veröffentlicht wurden. Rücksichtslos wie ihr Autor, der die Bohème verkörperte wie kein anderer. Genuss-Sehnsucht und mit jeder der sieben Todsünden auf Du und Du. Immer für einen Skandal gut, wie 1830 bei der Uraufführung von Victor Hugos „Hernani“. Unangepasst war er, und kreativ. Erst vor reichlich hundert Jahren wurden seine Werke ins Deutsche übersetzt. Und das obwohl seine Wurzeln bei einem Deutschen liegen: E.T.A. Hoffmann. Die Anleihen sind besonders im „Haschischklub“ offensichtlich.

Die Magie der Geschichten Théophile Gautiers liegt in ihrer Eleganz, die der leidenschaftliche Außenseiter sich sicher nicht auf die Fahnen geschrieben hätte. Ihm war die Hornhaut an den Händen und handfeste Scherereien näher.

Und wenn einem am Ende des Buches danach ist Théophile Gautier anzubeten – keine Angst. Wenn er zuzwinkert, lüstern, wortreich züngelt – alles nur Phantasie! Ein literarisches Kunststück.