Das Luxemburger Tagebuch

Das Luxemburger Tagebuch

Es gibt schon seltsame Jubiläen. Und noch seltsame sind die Rituale diese zu feiern. Im Frühjahr 1983 verkündete das Magazin „Der Stern“ die Tagebücher von Adolf Hitler entdeckt zu haben. Ein Scoop, wie es im Fachjargon heißt. Ein echter Knüller! Die Geschichte lehrte uns etwas anderes: Alles Lug und Trug!

Der Verlag Capybarabooks aus Luxemburg feiert dieses eigenartige Jubiläum – 30 Jahre Hitlertagebücher – mit schwarzer Satire. Denn erst kürzlich ist das Tagebuch von Eva Braun aufgetaucht. Das, das über ihre kurze Zeit in „Lützelburg“ Aufschluss gibt.

Im Hochsommer 1942 ist Eva Braun langweilig, so langweilig. Boah, wat is ihr langweilig! ER verspätet sich, wie so oft. Sie will verreisen. Paris soll es sein, doch Albert (Speer) rät ihr davon ab. Nicht, weil man dort nicht mit Reichsmark bezahlen kann, wie sie vermutet, sondern weil man dort den Deutschen nicht so unbedingt folgen will, wie ER es gern möchte. Das Gau Moselland wäre ja auch ganz hübsch. Und Lützelburg liegt gleich um die Ecke. Dort habe man sehr viel französisches, obwohl die Sprache dort verboten sei, seitdem Lützelburg heim ins Reich geholt worden sei.

ER kümmert sich um den Osten, Eva Braun zieht es nach Westen.

Am 23. Juli 1942 kommt sie am Hauptbahnhof in Luxemburg, wie es die Einheimischen nennen an. Ein Riesenradau ist da auf der Straße. Alle schreien „Wolle“. Eva Braun ist verwirrt – das scheint sich den Zeilen nach durch ihr gesamtes Leben zu ziehen. Albert hatte doch gemeint, dass man hier deutsch sprechen würde. Vielleicht ein Dialekt? Nee, nee, die Luxemburger wollen nur bleiben, was sie sind.

Des Weiteren lernt Eva Braun nicht nur den Schriftsteller Norbert Jacques, einem breiten Publikum als der Erschaffer des Dr. Mabuse bekannt und den Mercier-Champagne kennen, und letzteren sogar lieben. Und so viele hübsche Straßen gibt es hier in Lützelburg. Die meisten heißen wie ER.

„Das Luxemburger Tagebuch“ ist satirischer Geschichtsunterricht auf ganz hohem Niveau. Die Welt drehte sich auch in der düstersten Periode Europas und Luxemburgs weiter. Seitenhiebe auf Bücherverbrennung, Görings Körperumfang und Blondi (SEIN Schäferhund), das depperte Viech, gepaart mit bitterbösem, schwarzen Humor, verleihen diesem Buch das Prädikat „Besonders wertvoll“. Kein Schenkelklopfer, vielmehr ein hintersinniger – und zudem gelungener – Versuch ein dunkles Kapitel der Landesgeschichte mit einer lachenden Träne im Knopfloch zu begreifen.