Tage mit Felice

Ein kleines Tal im Tessin. Hier ist die Welt noch in Ordnung. Kaum Touristen, kaum Fremde, die mit ihrer Funktionskleidung ihrem ökologischen Gewissen frönen. Hier lebt der Erzähler. Hier lebt auch Felice. Ein Eigenbrödler, einer, der sich seine eigen Welt geschaffen hat, nachdem er die Welt gesehen hat. Bei Weitem kein Weltenfremdler. Er weiß sehr wohl, was vor sich geht. Er hat ein Auto und eine Melkmaschine. Ernährt sich vegetarisch – ohne das obligatorische, schulmeisterhafte „streng“ davor zu setzen. Doch sein Weg ist nicht der der Anderen. Wenn alle in der Kälte bibbern, läuft er barfuß durch die Wälder. Badet nackt im eiskalten Wasser eines Baches.

Dem Erzähler ist Felice vertraut. Auch die Geschichten, die sich um ihn ranken, sind ihm bekannt. Was wahr ist und was Fiktion, ist erst einmal egal. Er fragt Felice, ob er ihn nicht mal ein paar Tage begleiten dürfe. Ein bisschen mürrisch, nicht abweisend, aber auch nicht einladend, stimmt Felice zu. Und schon sitzen beide im eiskalten Wasser. Felice erzählt nicht viel, doch wenn man ihn fragt, gibt er Auskunft.

Es ist ein karges Leben, es reicht vorn wie hinten allemal. Kein Grund zur Klage. Worüber denn auch?! Dass das WLAN nicht funktioniert? Wozu? Es gibt genug – Wichtigeres – zu tun. Kaki pflücken zum Beispiel. Oder auf Latschenkiefertrieben herumzukauen. Die sind gesund und halten einen am Leben.

Ein prall gefülltes Leben wie man es in der Stadt zu tun pflegt, sucht man in dieser Idylle vergeblich. Wenn man es sucht. Warum soll man nach etwas suchen, das man nicht vermisst oder gar kennt? Alltagstrott kennt man hier nicht. Jeder Arbeitsschritt ist vorgegeben, notwendig, nicht wert darüber nachzudenken. Man tut, was man tun muss. Aufregung gibt es keine. Erst zum Schluss, als der Erzähler noch einmal mit Felice unterwegs sein will…

Fabio Andina versteht es mit zärtlicher Sprache eine Welt in den Fokus zu rücken, sie man so nicht auf den ersten Blick erwartet. Felice mag ein Unikum sein. Aber keines, dem man aus dem Weg geht. Mit ihm ein Stück des Weges, den man Leben nennt, zu gehen, ist ertragreicher als so manche Erde, die dauerhaft gedüngt ihre Kinder in die Regale der Zivilisation entlässt. Schritt für Schritt taucht man in die Bergwelt ein wie sie wirklich ist. Es braucht nicht viele Worte, um zu verstehen, dass Zufriedenheit ein dehnbarer Begriff ist. Wenn man schon mit dem Namen Felice – der Glückliche – bedacht wurde, kann das Leben einfach nur gut zu einem sein. Fast bis zum Schluss, zumindest in Felices Fall.

Ein zauberhaftes Buch über Freundschaft und Zuneigung zum Leben, die einfachen Dinge des Lebens und echte Liebe zur Natur.