Die Lehmbauten des Lichts

Jedem den Jemen. So einfach lässt es sich leider nicht machen. Der Jemen gehört noch lange nicht zu den Top-Destinationen für Erholungssuchende. Schon gar nicht für die, die schon am Morgen im Pool ihr erstes Heineken-„Bier“ intus haben und sich am Büffet ein cholsterinwertversauendes Würstchen mit pappigem Rührei einverleiben. Es ist ein Land für Abenteurer oder Leute, auf Einladung von Kulturorganisationen im Land ein ausgedehnter Aufenthalt ermöglicht wird. Dann sollte aber auch darüber berichtet werden. Guy Helminger gehört zur letzten Sorte und hat seinen Auftrag zur vollsten Zufriedenheit aller erfüllt. So nüchtern darf man sich diesem Buch aber nun auch nicht nähern. Denn Guy Helminger hat ein realistisches, gefühlvolles und lebensnahes Portrait eines Landes erstellt, das von der Geschichte und ihren Akteuren arg gebeutelt wurde. Im folgenden Jahr, 2020, begeht man – wie auch immer – den dreißigsten Jahrestag der Wiedervereinigung des Jemens. Damit sind die möglichen Gemeinsamkeiten zwischen dem Land am Golf von Aden und dem Roten Meer aber auch schon erschöpft.

Erschöpft wirkt Guy Helminger nicht im Geringsten, wenn er davon berichtet wie er im Jemen ankommt, sich durch ein fremdes Land vorsichtig bewegen muss und es nach einigen Wochen wieder verlassen hat. Das war 2009. Bis heute haben sich die Nachrichtenmeldungen über das Land kaum verändert: Elend, Krieg und Hunger sind die Hauptschlagworte, wenn über das Land berichtet wird.

Lange suchen musste der Autor nicht, um seine Geschichten zu finden. Jeder, mit der durchs Land reiste, mit dem er faszinierende Orte besichtigte, sprach über Korruption. Ohne Bakschisch geht hier nichts. Was den Gesamteindruck von Land und Leuten nicht im Geringsten trübte. Denn so manche vermeintlich gefährliche Situation löst sich nach einigem Hin und Herr schnell in Wohlgefallen auf. Etwa bei einer Verfolgung wie in einem Agententhriller: Guy Helminger wird – wie so oft – von einem Fremden angesprochen. Er möchte jedoch nicht dessen Dienste in Anspruch nehmen. Helminger sieht wie der Verschmähte sich mit einem Anderen unterhält. Beide Männer verfolgen den Autor. Schon bald ist ein Dritter im Spiel und man trifft sich in einem dunklen Keller wieder – Geheimpolizei! Doch die haben sich nur gewundert, warum jemand so viel fotografiert.

Der Jemen ist heute – zehn Jahre nach Guy Helmingers Reise – immer noch kein Land, das zusammengewachsen ist, und in dem man als Tourist barrierefrei von A nach B kommt. Für die Menschen im Land, die mehr unter der Knute von Rebellen leiden als in den meisten Diktaturen der Welt, ist es ein Leben, das man seinem ärgsten Feind nicht wünscht. Da scheint die Sehnsucht nach diesem Land, die in diesem Buch durchaus geschürt wird, wie ein unanständiger Wunsch.