Ein bisschen Sonne im kalten Wasser

Jeder, der schon mal eine Phase der Lethargie durchlebt hat, kommt es wie Hohn vor, wenn einem zum Trost die berühmte Medaille mit den zwei Seiten um die Ohren gehauen wird.

Gilles ist gerade in so einer Phase. Im Jahr 1967 ist er Journalist bei einer linken Tageszeitung in Paris. Doch alles in seinem Leben macht ihm keinen Spaß mehr. Die Arbeit ödet ihn an, die Kollegen lassen in ob ihres Zynismus verzweifeln. Und Eloïse, die ihn anscheinend mehr liebt als er sie … naja, ein Hilfe ist die auch nicht. Gilles muss raus. Das weiß er, das tut er. Limoges wird sein Fluchtpunkt, dort, wo seine Schwester ihr führt. Zwei Wochen lange gibt er sich dem Müßiggang hin, so wie zuvor schon in Paris. Bis es eines Tages seiner Schwester zu viel wird. Sie schleift ihn zu einer Party. Oh ja, das ist es, was Gilles nun braucht. Ein depressiver junger Mann, in der Provinz, auf einer Party. Wird bestimmt der Knaller!

Allen Unkenrufen zum Trotz kann genau dieses Ereignis ihn aus seinem Wachkoma befreien. Die passende Medizin kommt in Gestalt der anmutigen Nathalie daher. Umwerfend schön, eloquent und den Kopf mit Wissbegier und Schläue gefüllt. Soll er wirklich den Schritt wagen und mit Nathalie den weiteren Weg gemeinsam beschreiten? Was wird aus Eloïse? Und die neue Aufgabe als Ressortleiter Außenpolitik in Paris?

Die Antworten lauten ja, kein Problem und nein. Den Job will er nicht annehmen, weil er damit einen Kollegen vor den Kopf stoßen würde, den man übel mitgespielt hat. Eloïse zeigt erstaunlich viel Verständnis für Gilles‘ Wahl. Was den gemeinsamen Weg betrifft, ist sich Gilles nicht ganz so sicher. Doch die Lust auf Neues, die wieder erwachte Schaffenskraft lassen ihn alle Sorgen beiseite wischen.

Tja, was soll man sagen? Die Medizin hat geholfen. Gilles ist wieder der Alte. Raus in die Nacht, Saufen mit den Freunden und zuhause wartet Nathalie. Sie schaut Paris mit den Augen einer Touristin an. Denn mehr ist sie auch nicht. Gilles Freundeskreis ist sein Freundeskreis, nicht ihrer. Sie hat keine Freunde. Sie tut Gilles gut. Die Zeit zeigt Gilles jedoch auch, dass Nathalies gute Eigenschaften sich langsam aber sicher gegen ihn richten. Was natürlich nicht stimmt, ihm aber so vorkommt. So vorkommen muss. Denn zu wahrer Liebe – ob er will oder nicht – ist er nicht bereit. Das Ende jedoch konnte sich keiner, weder er noch seine Freunde, weder Nathalie noch ihre von ihr verlassene Familie so vorstellen…

Françoise Sagan macht in „Ein bisschen Sonne im kalten Wasser“ keine Kompromisse. Alles taten haben unumstößliche Folgen, ohne Wenn und Aber. Da helfen kein Bitten und kein Flehen – so schonungslos war sie nur in ihrem eigenen Leben, ihren Romanfiguren ließ sie immer eine Hintertür offen. Gilles und Nathalie sind die Verdammten des Krieges, den sie selbst angezettelt haben ohne ausreichend bewaffnet zu sein. Und so gibt es am Ende im Roman nur Verlierer.