Spiel des Lebens

Der Mensch als Krone der Schöpfung. Dieses geflügelte Wort kennt jeder. Doch wie jeder (okay, fast jeder), der eine Führungsposition inne hat, braucht er Helfer. Deren fleißige Hände dienten ihm zum Aufstieg und dienen ihm diese Position halten zu können.

War der Mensch anfangs (also vor Tausenden von Jahren) von der Natur derart abhängig, dass sie den Ton angab, so haben sich die Machtverhältnisse im Laufe der Zeit gedreht. Der Mensch beherrscht die Natur. Dass ihr das ab und zu nicht passt und deswegen ein wenig trotzt, muss der Mensch aushalten. Was ist schon ein Tsunami im Vergleich zu überdimensionalen Reisfeldern, die Millionen Menschen weltweit den Magen füllen? Zynisch? Jawohl, aber …

Alice Roberts, Paläopathologin, Medizinerin in Birmingham hat sich den Menschen in seiner heutigen Form genauer betrachtet. Interaktion, dieses scheinbar so ferne Wort ist der Schlüssel zu unserer Welt. Das Spiel zwischen Mensch und Apfel, Reis oder Kartoffeln, zwischen Mensch und Hund. Rind oder Huhn ist uns so sehr in Fleisch und Blut übergegangen (vielleicht schon zu sehr und zu wortwörtlich), dass wir es gar nicht mehr wahrnehmen.

Es war wie bei Shakespeares Zähmung der Widerspenstigen. Mutter Natur gibt gern und viel, aber irgendwann ist auch mal Schluss. Seit Jahrzehnten unkt man immer wieder, dass dieser Punkt erreicht sei. Und immer wieder gibt es neuere Forschungen, die uns fortschrittsgemäß vom Aufschub dieser Thesen unterrichten und überzeugen wollen. Ein gefundenes Fressen(!) für Verschwörungstheoretiker.

Wer sich selbst ein Bild machen will, ohne Einflüsse von außen, kommt an den Grundlagen nicht vorbei. Und die liefert – eindrücklich, besonnen, großartig ausformuliert – Alice Roberts. Ihren Erkenntnissen folgt man ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben. Es liegt alles auf der Hand.

Mit zahlreichen Anekdoten – zum Beispiel, dass der Neandertaler eigentlich homo var. calpicus heißen müsste – wird dieses Sachbuch zu einem spannungsgeladenen Thriller, dessen Ende der Leser zwar nicht allein, aber in der Gesamtheit in den Händen hält. Das Leben ist mehr als ein Spiel. Und dieses Buch mehr als „nur“ ein Buch!