Kalabrien und Basilikata

Ganz im Süden ist das Leben noch erfrischend. Die Luft riecht nach Abenteuer. Sie Sicht ist durch die flirrende Sonne getrübt. Kalabrien und Basilikata sind für Italienreisende schon eine gewagte Übung. Kurz hinter Neapel, kurz vor Sizilien. Dazwischen schien lange eine terra incognita zu liegen. Meer und Berge – das gibt’s auch woanders. Warum also bis hier runter reisen, warum nicht weiter bis Sizilien?

Ganz einfach! Weil man es kann, und weil es einen Reiseband vom Michael Müller-Verlag gibt! Zugegeben, nicht für jedermann ein Totschlagargument. Aber ganz von der Hand zu weisen ist es eben doch nicht.

Annette Krus-Bonazza ist die auskunftsfreudige Expeditionsleiterin in diesem Buch. Kalabrien als Alternative zu Sizilien und Apulien – das haben schon viele Touristen nicht eine Sekunde in ihrem wohlverdienten Urlaub so gesehen. Doch Basilikata, die Basilikata, fünf Silben, die erst einmal für Fragezeichen über den Köpfen sorgen, erzählt man wohin es demnächst gehen soll. Klingt schon nach Süden, nach geheimnisvollen Routen.

Das Gremium, das alljährlich die Kulturhauptstadt Europas zu europäischer Ausgelassenheit auffordert, hat die Stadt Matera als eine der beiden Städte (neben dem bulgarischen Plovdiv) auserkoren. Eine Stadt, die durch ihre Felsenkirchen, in den Fels gehauene Häuser und unterirdische Infrastruktur von außen wie innen den Besucher begeistert. Mit einem Mal waren Fernsehteams aus aller Welt in der kleinen Stadt, um zu berichten, was die Welt bisher nicht kannte.

Doch Matera ist bei Weitem nicht der einzige Ort, den man in der Basilikata besuchen sollte. Ihn auszulassen, wäre aber ein noch größerer Fehler. Ebenso irrt, wer meint, dass in dieser dörflichen erscheinenden Landschaft alles zu finden sei außer Nervenkitzel. Der Ponte alla Luna führt nicht wie der Name vermuten lässt in den Orbit, sondern lediglich an das gegenüber liegende Ufer einer Schlucht. Wer unbedingt ganz festen Boden unter seinen Füßen braucht, bekommt hier den Adrenalinkick seines Lebens. Die Belohnung wartet in Form eines gläsernen Skywalks und einer umwerfenden Aussicht. Ausgangspunkt ist das Dörfchen Sasso die Castalda in der Nähe von Potenza.

Nicht weniger Potenzial bietet Belvedere Marittimo und Cittadella del Capo. Schon allein die Namen künden von vollendeter Pracht und Erholung. Annette Krus-Bonazza hat auch gleich noch einen privaten Tipp für die zweite Seite eines gelungenen Urlaubs zur Hand: Die Familie Raffo-Monetta besuchen. Beziehungsweise ihr Fischrestaurant. Schon beim Lesen bekommt Appetit und sieht das Meer vor dem geistigen Auge Wellen schlagen.

Nicht erst durch die Dauerberichterstattung in Reisesendungen ist der Süden Italiens in den Fokus neuer Besucher gerückt. Die berichten aber nur von dem, was ohnehin sichtbar ist. Annette Krus-Bonazza übergeht diese Dinge nicht, schaut aber viel weiter als so manches Kameraobjektiv. Vor ihrer Neugier ist keine Höhle, kein Park, kein Aussichtspunkt, keine Taverne sicher. Spannend erzählt sie von den kleinen und großen Geheimnissen, den verborgenen Schätzen, den nachhaltig wirkenden Plätzen, die man nie wieder vergessen wird.

Als Leser erlebt man eine Metamorphose. Vom neugierigen Durchblätter wird man zum aufgeregten Umblätterer, nur um festzustellen, dass die Welt in Kalabrien und Basilikata schnellstmöglich erkundet werden muss. Angst, dass man etwas verpasst, muss man nicht haben. Annette Krus-Bonazza hat alles (alles!) genau im Blick und teilt ihr Wissen gern mit wissbegierigen Besuchern.