Der Vesuv

Bewohner von Pompeji und Herculaneum konnten dem Berg ihres Schicksals nichts entgegensetzen. Sie versanken am 24. August 79 in einem Aschregen ungekannten Ausmaßes. Es ist gleichzeitig auch die Geburtsstunde eines Mythos. Der Vesuv. Zwei Städte verschwanden für immer von der Landkarte. Zumindest in ihrer ursprünglichen Form, denn Pompeji ist heute neben dem größten Naturhistorischen Museum der Welt wieder bewohnt.

Über eineinhalb Jahrtausende war es ruhig um den Vulkan. Bis 1631. Da bebte die Erde wieder gewaltig. Und wieder flohen die Menschen. Manche rechtzeitig, manche zu spät. In einer endlosen Prozession bat man um göttlichen Beistand. Der dann auch prompt eintrat. Seitdem ist Gennaro der Schutzheilige der Stadt Neapel. Alles Mythen, alles Legenden. Doch genau die sind es doch, die den Vesuv so begehrenswert machen…

Dieter Richter lässt sich von keinerlei Hokuspokus beeindrucken. Er schreibt dem Vesuv die überfällige Biographie auf den grummelnden Leib. Auch er kann sich den Legenden nicht ganz verschließen und zieht damit den Leser postwendend auf seine Seite. Er ist in guter Gesellschaft: Gräfin Ida von Hahn-Hahn zog es zum Vesuv, weil sie eine Eruption erwartete. Goethe war hier, sogar Andy Warhol malte den historischen Ausbruch.

Eine Biographie über einen Berg zu schreiben, dafür muss man tief in den Archiven graben. Das tut Dieter Richter auch. Und er fördert Erstaunliches zu Tage. Seit jeher haben sich große Köpfe selbigen zerbrochen, wie die Erde dazu kommt ab und zu mal zu spucken. Eine wissenschaftliche Erklärung konnte nie so recht gefunden werden. Erst mit der industriellen Revolution kam man dem Phänomen auf die Schliche. Heute sind Vorhersagen so genau wie nie zuvor.

Der Vesuv ist nicht erloschen. Er schläft nur. Manchmal brummt er, manchmal zischt er. Doch das macht ja schließlich jeder von uns einmal. Nicht weiter schlimm. Und wenn doch, dann gibt es Evakuierungspläne, die allerdings umstritten sind. Dieses Buch ist mehr als nur ein willkommener Zeitvertreib, wenn man am Golf von Neapel seinen Aperitif genießt. Launig, lustvoll, informativ und vor allem spannend wie ein nervenzerfetzender Krimi. In der ganzen Bandbreite der sprachlichen Vielfalt unternimmt Dieter Richter mit dem Leser eine Reise, die so in keinem Reisebüro der Welt zu buchen ist. Schnäppchenjäger aufgepasst: In so kurzer Zeit hat man noch nie so viel Wissen bekommen, ohne dabei auch nur einmal die Augen zu schließen!