Sugar Dead

Da sitzen sie nun im Beisl und diskutieren über die Sachen, die sie umtreiben. Oberst Karl Tannhacker vom LKA Wien, Abteilung Gewaltverbrechen und der Grafiker Jonny Graberth. Eine dieser Sachen ist der Mord an Edwin Kohut-Bäumler. Der hatte im Sechsten Bezirk, Mariahilf, für seine, tja, wie soll man sie nun bezeichnen? Gespielin? Seine Affäre?, eine Wohnung freigehalten. Nun ist er tot. Erschossen. Mitten ins Herz.

Auch Alfons Wyskidensky schied relativ schmerzlos aus dem Leben. Der Bauunternehmer war wie Kohut-Bäumler gern im „Sugar Dad“ anzutreffen. Hier war das schummrige Begegnungszentrum von jungen Damen und älteren Herren. Alles kann, nichts muss! So verkaufte es der Besitzer.

Der Tod von Hans-Werner Strohmer bringt allerdings noch mehr diffuses Licht in diesen undurchsichtigen Fall. Denn er konnte sich das „Sugar Dad“ bzw. das Personal gar nicht leisten. Ihm gehörten keine Immobilien, er baute auch keine. Er war pensionierter Bahnbeamter. Drei Morde. Dreimal das Wort „Kinderficker“ mit Lippenstift an den Badezimmerspiegel geschrieben. Man müsste irgendwie an die Person rankommen, die diese drei Herren miteinander verbindet. Aber wie?

Neunzehn Jahre zuvor: Dem Ehepaar Scherwath wird eine Tochter geboren, Auxiliadora, die Helferin der Christen, soll sie nach dem Willen ihres Vaters heißen. Das Kind wächst heran. Sie ist höflich, zuvorkommend, fleißig, eloquent. Schon im Teenageralter ist sie jedoch zu höflich und zu zuvorkommend… Eigenschaften, die ihr immer wieder Probleme einbringen werden. Doch wo Schatten ist, ist auch Licht! Bis zu dem Moment, in dem ihr das Blaulicht das Gesicht erhellt. Tannhackers Vorgesetzten bleibt nur eine Wahl, das junge Ding mit dem vielsagenden Namen festzusetzen und anzuklagen. Doch Tannhacker und vor allem Graberth kommen gehörige Zweifel auf…

Alexander Kautz spielt keine Spielchen mit seinen Ermittlern. Sie wittern heiße Spuren, wischen falsche Fährten mit einem Handstreich vom Tisch und verlassen sich auf ihren gesunden Menschenverstand. Klischees haben in diesem dichten Krimi keinen Platz. Der Amateur Graberth ist keine lästige Fliege, die vom Profi Tannhacker immer wieder genervt von der Backe verjagt werden muss. Er ist Ideengeber und darf sogar auf eigene Faust ermitteln. Dabei hat er selbst genug zu tun. Labradormischling Foster fordert liebevoll Zuneigung ein. Seine Freundin Jessy fordert mehr gemeinsame Zeit ein. Und der Job erledigt sich auch nicht von allein.

„Sugar Dead“ führt den Leser durch ein Wien, das von Gewaltverbrechen durchdrungen ist, dessen Leben aber nicht dadurch allein bestimmt wird. Empathie und Wortwitz – abgeschmeckt mit einer ordentlichen Portion Schmäh – bauen sich vor dem Leser auf und lassen ihn herzhaft miträtseln, wer denn da im Hintergrund die Fäden und am Abzug zieht.