Mag’s im Himmel sein, mag’s beim Teufel sein

Man kann und darf nicht müde werden die Menschenverachtung des Naziregimes immer wieder in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Denn diese Zeit ist immer noch allzu präsent in ihrer Wirkung. Evelyn Steinthaler richtet den Blick der Leserschaft auf diejenigen, die vor den Nazis, während der Nazizeit und auch danach in aller Munde waren. Manche mehr, manche weniger, einzelne wurden fast vergessen.

Als deutscher Künstler sogenannter arischer Abstammung hatte man auf dem Papier erst einmal nicht zu befürchten. Stellenknappheit an Theatern oder beim Film gab es nicht. Zu viele hatten ihre Stühle und Stellungen freiwillig verordnet räumen müssen. Die, die blieben konnten sich zwischen Pest und Cholera entscheiden. Oder besser gesagt: Entweder Haken schlagen oder Hacken zusammenschlagen!

Heinz Rühmann war bis in dieses Jahrhundert der unangefochtene Star des deutschen Films. Jeder Auftritt ein Lacher, und wenn das nicht, dann zumindest ein Kracher. Dann kamen erste Gerüchte auf, dass sich der UFA-Star mit dem Regime eins gemacht hätte. Der Ruhm der Vergangenheit schlug tiefe Schatten auf sein Grab. Gänzlich abschließen kann man das Kapitel der Verquickung von Rühmann mit den Nazis wohl niemals. Zu viel blieb damals schon im Verborgenen. Fakt jedoch ist, dass sich Rühmann von seiner Frau Maria Bernheim, einer Volljüdin wie es geschmacklos im damaligen Sprachgebrauch hieß, scheiden ließ. Der Tipp, dass Maria Bernheim mit einem Ausländer aus einem neutralen Land in Sicherheit wäre, da sie mit dem Ja-Wort auch dessen Staatsbürgerschaft annehmen würde, kam von Herrmann Göring persönlich. Sie heiratete einen Schweden. Rühmann selbst begann alsbald eine Affäre mit seiner Kollegin Hertha Feiler, die er bei Dreharbeiten zu „Lauter Lügen“ (!) kennengelernt hatte. Mit ihr blieb er bis ans Ende ihrer Tage zusammen.

Viele Künstler wurden gerettet unter der Fuchtel der Staatsregierung. Wer ihnen hold war, durfte fast ungestraft tun lassen, was er wollte. Bestes Beispiel: Gustav Gründgens. Hans Albers verkörperte nur allzu oft und allzu gern den Idealtypus dessen, was der Führung in den Kram passte. Groß, blond, blau… naja. Sein Ruf nach der dunklen Zeit litt nur bruchstückhaft. Klaus Mann sah in ihm den Archetypen des Nazis. Er irrte dieses Mal. Denn Albers ließ keine Möglichkeit aus „denen da oben“ verbal einen mitzugeben. Riskant, denn auch er war mit einer Jüdin verbandelt. Nicht verheiratet. Was ihnen beiden wohl zugutekam. Öffentliche Auftritte mit ausgestrecktem rechten Arm oder den Regierenden der Zeit mied er wie der Teufel das Weihwasser. Anders als Rühmann. Doch auch er musste einsehen, dass aufrechte Haltung und Geldverdienen unter der Diktatur unmöglich war. Die Liaison wurde unter der Decke gehalten. Doch die Schergen Göbbels‘ spürten das Liebespaar immer wieder auf. Es gab nur einen Ausweg. Mit Geschick schickte Hansi (Berg), seiner Frau, Freundin, Geliebte sich selbst ins Exil. Hans (Albers) blieb zurück. Alkoholexzesse, aber auch rege Dreharbeiten halfen ihm über den Verlust hinweg. Nach dem Krieg trat Hansi ein zweites Mal in Hans‘ Leben. Der war inzwischen anderweitig gebunden. Ganz resolute Frau nahm Hansi einmal mehr das Heft in die Hand. … Auf dem Grabstein von Hansi Berg, steht neben ihren Geburts- und Sterbejahr der Name „Hansi Berg-Albers“.

Ende gut, alles gut? „Mag’s im Himmel sein, mag’s beim Teufel sein“ ist ein bewegender Portraitband aus immer noch nicht aufgearbeiteter Zeit. Kurt Weill und Lotte Lenya oder auch Meta Wolff und Joachim Gottschalk dienen neben den bereits erwähnten Paaren für die Perfidität des Naziregimes. Was tun, wenn der schwarze Tod nicht nur an der Tür klopft, sondern seine Krallen schon tief ins eigene Fleisch geschlagen hat? Ein Neuanfang ist schwer. Besonders, wenn man nicht weiß, ob man als Deutscher überhaupt willkommen ist, wenn man die Sprache des Exils nicht spricht, wenn der Lebensabend einem näher ist als dessen Anfang. Mit Gefühl und Faktenreichtum seziert Evelyn Steinthaler die Leben von vier paaren und ihren Leidensgenossen ohne dabei polemisch zu werden oder sich in Vermutungen zu ergehen.