Katharina von Medici

Ein Bilderbuchstart ins Leben sieht anders aus. Zwei Wochen nach der Geburt stirbt die Mutter, Prinzessin Madeleine de la Tour d’Auvergne. Etwas später ihr Vater Lorenzo di Piero de‘ Medici. Katharina wird zu ihrem Großonkel geschickt. Der soll sich um das Mündel kümmern. Zufällig ist er Papst Leo X. Katharina ist da gerade mal im Grundschulalter. Und wissbegierig. Ringsum Florenz brodelt es. So wie in ganz Europa. Die Reformation macht den Katholiken ordentlich Dampf unter den Sutanen. In der Toskana – Medici-Land – erheben sich immer mehr gegen die Herrscher. Der Papst stirbt, Katharina wird als Geisel genommen. In einem Dominikanerkloster muss sie lernen, dass der goldene Löffel der Medici hier aus Blech oder gar Holz ist. Denn die Dominikaner mögen die Medici nicht. In Rom regiert derweil der vorerst letzte nichtitalienische Papst. Doch nur zwei Jahre. Dann kommt Clemens VII. Wieder ein Medici. Das Blatt wendet sich abermals. Ach ja, Frankreich meldet auch Ansprüche an die kleine Medici an, ihre Mutter ist schließlich französischen Adelsblutes. Katharina ist Teenager, und die Welt der Medici, die Welt in und um Florenz, das sich unter Lorenzo dem Prächtigen zum Schmuckstück der Welt aufschwang, ist wieder in Ordnung? Katharina wurde von erlesenen Lehrern unterrichtet, sie interessiert sich für Mathematik. Und ihre große Zeit soll noch kommen. Doch es herrscht immer noch Krieg. Florenz wollen sich viele Herrscher unter den Nagel reißen. Clemens VII. findet, dass es an der Zeit ist Katharina zu verheiraten. Viele Herzogtümer, Königreiche und andere Staatengebilde kommen für eine Vermählung in Frage, bzw. ihre Denker und Lenker. Frankreich soll das Rennen machen. 1533 verlässt Katharina Florenz und Italien, sie wird nie mehr zurückkehren. Heinrich ist der Auserwählte. Zwei vierzehnjährige Grünschnäbel, die Geschicke eines Großteils Europas einmal beherrschen sollen. Die Hochzeitsnacht, der Vollzug der Ehe soll von Heinrichs Vater mit den Worten „Allons mon fils!“ begutachtet und befeuert worden sein.

Sabine Appel beschert ab dem ersten Kapitel dem Leser eine erfrischende Reise in die Vergangenheit. Katharina de Medici, die einmal den Thron Frankreichs besteigen soll, liebt ihren Gatten. Trotz des Arrangements. Der ist ein zurückhaltender Jüngling, der seine Augen nicht von seiner Ziehmutter, Diane de Poitiers, immerhin neunzehn Jahre älter, lassen kann. Seine Mutter ist quasi dauerschwanger, sein Vater hält sich mehrere Mätressen und Katharina wird und wird einfach nicht schwanger. Erst nach zehn Jahren und mit Hilfe einer Gehilfin, ebenfalls Diane de Poitiers, gebärt sie endlich einen Thronfolger. Ihre Macht ist somit erhalten. In zwölf Jahren bringt Katharina zehn Kinder zur Welt. Sieben überleben. Sie selbst ist robust und die ständigen Kränkeleien und Kränkungen steckt sie weg. Und sie erwächst zu einer selbst- und machtbewussten Frau heran. Sie wird Europa einmal lenken. Sie wird dem Kontinent ihren Stempel aufdrücken. Machtspielchen der Herren in Rom, London, Madrid oder Paris bietet sie Paroli. Und irgendwann wird sie das Heft des Handelns in die Hand nehmen. Wer in Geschichte ein bisschen aufgepasst hat, dem ist die Bartholomäusnacht ein Begriff. Ein Pogrom gegen die Hugenotten, die reformistischen Anhängers von Luthers Thesen, sorgte im katholischen Hochadel Europas für Beifallsstürme. Auch hier hatte Katharina de Medici ihre Finger im Spiel.

War sie nun die Giftspritze mit Hang zur Machtversessenheit? Oder nur ein Produkt ihrer Zeit? Glückskind? Auf alle Fälle war sie eine intelligente Frau, die das, was um sie herum geschah sehr wohl wahrnahm.

Sabine Appel zeichnet ein abwechslungsreiches Bild einer Frau, die Zeit ihres Lebens kämpfen musste. Schon als Kind als Goldesel in Geiselhaft konnte sie über Jahre hinweg und über immense Entfernungen Ränkespiele und Machtpoker aus der ersten Reihe beobachten. Sie war ja nur ein Mädchen, eine Frau. Eine Frau, die man nicht unterschätzen hätte dürfen. So manches Opfer würde zu gern das Rad der Geschichte noch einmal zurückdrehen.