Was trinken wir? Alles!

Da hat die Gleichberechtigung doch schon einen Sieg errungen. Männer saufen, zeigen das auch gern öffentlich. Frauen genießen, trinken, und das ganz diskret. Naja, ganz so diskret ist es dann doch nicht geblieben. Patricia Highsmith zum Beispiel ist vielen nicht nur als geniale Schöpferin des Tom Ripley bekannt, sondern auch und besonders für ihre Trinkfestigkeit. Carson McCullers trieb sich an und betäubte sich nach Lust und Laune mit Bier, Gin, Whiskey. Tania Blixen macht eine exklusive Diät: Austern und Champagner. Den genoss ja bekanntlich auch Coco Chanel. Aber nur, wenn sie verliebt war. Und wenn sie es nicht war.

Frauen, die schreiben und der Alkohol. Exzessive Abrechnung mit dem König oder Schlüssellochguckerei? Die Texte in dieser Anthologie erlauben keine Antwort. Sie ist irrelevant. Denn jeder Text, real der fiktiv, ist ein Genuss für sich. Erfrischend wie ein Bierchen an einem Sommerabend nach vollbrachtem Tagwerk, prickelnd wie ein edler Taittanger in erlesener Runde, abgerundet wie ein Sherry im Salon oder brutal wie Whisk(e)y als Seelentröster.

Was lesen wir? Alles in diesem Buch. Wenn Mrs. Copperfield sich schon auf die geruhsamen Stündchen mit dem Gin freut, oder Freunde sich nach Jahren wiedertreffen und im Bierkeller die Erinnerungen wieder klarwerden lassen oder Wodka als einzige (alkoholische) Getränk den Abend regel(ge)recht einläutet, aber auch ausklinge(l)n lässt, wird es Zeit die Zeilen noch einmal wirken zu lassen. Nüchtern bitte. Sonst entgeht einem vielleicht  das eine oder andere Bonmot. Wenn doch, ist es auch nicht schlimm. Man kann es ja immer wieder nachlesen und wieder und wieder …

Als Absacker verteilt Herausgeberin Britta Jürgs noch die Getränkekarte. Welcher Drink steht wo im Buch? Und wenn er nicht schon erklärt wurde, was verbirgt sich hinter so geheimnisvollen Bezeichnungen wie Brandy Alexander (klingt ja eher wie eine süßliche Modern Soul Diseuse ohne Stimmbänder, dafür aber mit lieblichem Aussehen). Unter einem Applejack Rabbit kann man sich schon eher was Geistreiches vorstellen. Beim Danziger Goldwasser gibt es kein vertun.

Maßvolles Trinken ist immer angeraten. Dieses Buch hinunterzustürzen wie ‘nen Kurzen wäre genauso fatal. In Maßen genossen, entfaltet dieses Buch sein ganzes Bouquet.