Bai Ganju, der Rosenölhändler

Den Namen muss man sich merken. Bai Ganju. Ein außergewöhnlicher Mann, den der Autor Aleko Konstantinow auf seiner Amerikareise 1893 kennenlernte. Er wurde sanft überredet über die Weltausstellung 1893 in Chicago zu berichten. Seine Reisenotizen gehören zum Besten, was dieses Genre hervorbrachte.

Bai Ganju – so einer muss erstmal erfunden werden. Aleko Konstantinow hat ihn zwar nicht erfunden, jedoch gefunden. Ein gewiefter Geschäftsmann, der sich als das Zentrum seines Universums sieht. Und diese Einstellung mit jeder seiner Fasern lebt. Ein Hans-Dampf-In-Allen-Gassen, ein Dampfplauderer, ein von unerschütterlichem Selbstvertrauen gezeichneter Mittelpunktler, der sich nicht einen Heller darum kümmert, was andere von ihm denken könnten. Geht etwas schief, findet er schnell einen Schuldigen. Sich selbst ausgenommen.

Und so passiert es, dass in illustrer Runde – und die soll es tatsächlich immer wieder mal gegeben haben – sich Menschen treffen, die diesen Bai Ganju (das Bai steht für Gevatter) getroffen haben. Und nun ziehen sie genüsslich über ihn her.

Aleko Konstantinow ist mit der Beschreibung des Bai Ganjus ein Volltreffer der Satire gelungen. Denn dieser Bai Ganju wohnt in jedem von uns inne. Ist er ängstlich und deswegen des Öfteren so ein Scheusal? Vielleicht. Aleko Konstantinow geht es nicht darum moralisch über seinen erfundenen Helden, auf den er im bulgarischen Pavillon der Kuriositäten auf der Weltausstellung 1893 in Chicago gestoßen ist, zu richten. Sein Buch ist eine lupenreine Satire, die den Leser an den Rand des Lachkrampfes bringt.

Immer wieder muss man innehalten. Während andere, bevorzugt die Erzähler in diesem Buch, fast vom Stuhl kippen, weil Bai Ganju einfach zu tölpelhaft, fast schon fatalistisch durchs Leben stolpert, ist man als Leser geneigt diese Gefallenen sofort wieder aufzurichten, damit sie weiter erzählen können.

Aleko Konstantinow gehört bis heute zu den meist gelesenen Autoren Bulgariens. Ihm allein gebührt der Ruhm eines der unterhaltsamsten Bücher des neunzehnten Jahrhunderts geschrieben zu haben.