Lesereise Georgien

Weltenbummler Georges Hausemer hat ein Herz für Georgien. Und das nicht nur wegen der offensichtlichen Namensverwandtschaft. Dieses kleine Land im Kaukasus, das sich mit einer Literaturszene hervortut, die ihres gleichen sucht. Hohe Berge, eine reichhaltige Kultur und vor allem eins Spielwiese für echte Entdecker. Man muss sich allerdings schon ein bisschen ins Zeug legen, um hier und da tatsächlich der Erste zu sein.

Georges Hausemer hat einen Guide, der ihm den roten Teppich ausrollt, Gio. Fahrer, Übersetzer, Weggefährte, Fährtenleser, Problemlöser. Georgien bereist man nicht eben mal so. Die wohlbekannte Infrastruktur, die man in vielen Regionen der ach so zivilisierten Welt kaum noch wahr-, sondern gegeben hinnimmt, stecken hier im besten Fall in den Kinderschuhen.

Und so reist man mit den geschärften Sinnen des Autors zu den Ursprüngen der Weinkultur – die sollen tatsächlich in Georgien liegen – durch schwefelhaltige Dampfbäder und steckt hinab in eine Bäckerei, die jedem Diabetiker ein letztes Mahl anzubieten scheint.

Dass in Georgien noch nicht alles zum Besten gestellt ist – sofern man westliche, luxusverwöhnte Maßstäbe ansetzt – zeigt das Beispiel des Flughafens Queen Tamar in Mestia. Die Region Ober-Sawetien hat dank des ehemaligen und für Korruption bekannten Präsidenten Micheil Saakaschwili den wohl überflüssigsten Flughafen der Welt. Eine Trutzburg und ein Magnet für Touristen sollte es werden. In tausendfünfhundert Meter Höhe gelegen, ist hier schon seit Jahren kein brauchbares Flugobjekt mehr mit dem Tower in Kontakt getreten, geschweige denn hat ein Flugzeugpneu den Asphalt geküsst. Aber man ist hier immer in Bereitschaft. Wenn man es denn so bezeichnen will. Schnell in den Berg gehauen, billiges Material, dennoch vierzig Angestellte, deren Engagement zu bewundern ist. Georges Hausemers süffisante Episode in seiner Lesereise sticht vor allem durch die humorvolle Wortwahl heraus.

Ein Land voller Naturschauspiele und Kuriositäten scheint Georgien zu sein. Aber eben auch voller Neuentdeckungen. Schon während des Lesens überkommt einem das Gefühl unwahrscheinlich viel über die Kaukasusrepublik zu wissen, ohne jemals einen Fuß auf den dortigen Boden gesetzt zu haben. Das nennt man dann wohl Qualitätsmerkmal.