Mein pochendes Leben

Als Sechzehnjähriger ist das Leben an sich schon eine Herausforderung, die man nicht immer schultern kann. Arum sieht dies mit einer Gelassenheit, die einem Respekt abverlangt. Er ist an Progerie erkrankt. Eine Krankheit, die ihn deutlich älter aussehen lässt als er ist. Und auch sein Körper altert in einem Tempo, das einem der Atem stockt. Nun ist er sechzehn. So alt wie seine Eltern – als Mira Daesu sagte, dass sie schwanger sei. Für die beiden Teenager brach keine Welt zusammen, sie hatten keine Welt, die es aufzubauen galt. Miras Vater sah in Daesu einen Taugenichts, den Mira nicht verdient hatte. Doch genau diese – für Koreaner sicherlich untypische – Laissez-Faire-Haltung beeindruckte Mira. Sie rauften sich zusammen.

Als Arum zwei Jahre alt war, schlug die Diagnose wie eine unheilvolle Bombe ein. Doch Arum entwickelte sich zu einem wissbegierigen Jungen. Er las viel, war aufgeschlossen und intelligent.

Jetzt fordert das Schicksal seinen Tribut. Die Behandlungskosten sind in astronomische Sphären geschossen und kaum noch zu bezahlen. Pfiffig wie Arum ist, bittet, fast schon bettelt er darum an einer Fernsehshow teilnehmen zu dürfen, in der die Zuschauer für die Behandlung eines Patienten spenden können.

Zögernd geben die Eltern ihren Segen. Die Produzenten wittern nach dem Vorgespräch den nächsten Scoop, da Arum so herzlich und unbefangen über sein Leben spricht. Wenige Tage nach der Ausstrahlung bekommt Arum Post. So-Ha schreibt ihm. Auch sie liege, wie mittlerweile auch Arum, im Krankenhaus, Knochenmarkkrebs, wie ihre Mutter. Die Mails werden immer offener, immer vertraulicher. Arum blüht auf. Auch wenn er immer eine längere Zeit auf die Antworten warten muss, ist es für ihn ein Fest endlich wieder von So-Ha lesen zu können. Da ist plötzlich jemand, mit dem er reden kann. Ganz ohne Einschränkungen, ohne Rücksicht nehmen zu müssen den Gegenüber verletzen zu können. Sein Leben hat einen Sinn zusätzlich geschenkt bekommen. Die Haltbarkeitszeit spielt dabei keine Rolle.

Doch die Freude währt nur kurz, denn So-Ha ist ein Phantom…

Ae-Ran Kim hat mit Arum eine Figur geschaffen, die ein Schicksal ereilt hat, das zu Herzen geht. Äußerlich ein alter Mensch, im Herzen jung wie ein Spring-Ins-Feld. Fast scheint es so, als der Junge seinen Eltern die Kraft gibt ihr eigenes Leben endlich auf die Kette zu bringen. Er selbst genießt das Leben, stellt kluge Fragen und wirkt dabei überhaupt nicht altklug. Ein sympathischer Junge, dem man im Innersten seines Herzens nur Gutes wünscht. Und dann wird er so perfide hinters Licht geführt. Ae-Ran Kim spielt nicht mit den Gefühlen des Jungen, sie führt den Leser in ein Land, das auf den ersten Blick so fremd wirkt wie kaum ein anderes. Doch Probleme sind die wahren global players. Krankheiten verursachen überall auf der Welt Schrecken und Unsicherheit. Arum ist sicherlich ein Held, wenn man die Schwere seiner Krankheit mit seiner Sicht auf die Dinge vergleicht. Leichtlebigkeit kann er sich nicht leisten. Doch Aufgeben ist auch keine Lösung. Wie ein Dichter nimmt er jede Herausforderung an. Rückschläge inklusive.