Jette, Jakob und die andern

Bilderbuch, paradiesisch, sorgenlos – stellt man diese Worte vor das Wort Kindheit, ist alles in Ordnung. Jette und Jakob können davon ein Lied singen. Ihre Kindheit ist paradiesisch, frei von Sorgen, wie im Bilderbuch. Doch die Idylle bröckelt. Sie sind in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Norddeutschland geboren.

Im Radio tönt der „Braune“ wie Mama ihn immer nennt. Das Leben geht weiter. Dann schickt der „Braune“ auch noch seine Männer auf den Hof. Das Leben geht weiter. Auf dem Hof wird’s eng. Immer mehr Familien suchen Unterschlupf, der ihnen bereitwillig geboten wird. Das bedeutet für Jette und Jakob mehr Spielkameraden. Gerade und besonders, wenn Papa wieder mal im Krieg unterwegs ist – Margret Steckel versteht es brillant und bisher kaum gekannt die vordergründigen Auswirkungen des Krieges auf ein Kind zu beschreiben.

Schule war bisher nur der Ort, vor dem man Angst hatte, weil dort so viel Neues war. Zum Glück hat Jette in Uschi eine Klassenkameradin, die auch außerhalb ihre Freundin ist. Das mildert den Eintritt in den neuen Lebensabschnitt. Denn Papa ist ja wieder mal im Krieg unterwegs. Doch die Zeit, in der der Krieg dann auch wirklich nicht da war, genauso wie Papa, ist vorbei. Stalinorgeln ist nicht nur ein neues Wort für die Kinder in der Schule und auf dem Hof. Es sind die dezibelüberschlagenden Boten einer grauen Zukunft.

Die kommt schneller als erwartet. Der Krieg ist aus. Die Briten stehen vor der Tür. Nette Typen, die Jette die ersten Fremdwörter beibringen. Dann kommen die Russen. Und mit ihnen ein weitreichende Veränderung.

Margret Steckel wurde in den 30er Jahren in Mecklenburg geboren. So wie Jette, Jakob und die andern. Somit steckt sicher auch eine ordentliche Portion Eigenerleben in diesem kleinen Büchlein. Sie erzählt die Zeit vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg als Außenstehende aus der Sicht der Kinder. Die sollten „so was“ nie erleben! Ohne zu verniedlichen oder gar zu verharmlosen umschreibt sie eine Zeit, die eh schon düster genug war. Da muss sie nicht auch noch in die gleiche Kerbe hauen, möchte man meinen.

„Jette, Jakob und die andern“ ist ein mahnendes Buch. Auch wenn Kinder nicht alles und sofort einordnen können, nehmen sie Veränderungen wahr. Das „Wie sie damit umgehen“, ist die große Herausforderung für alle, die Verantwortung tragen. Margret Steckel nimmt diese Herausforderung an. Ihre Novelle macht Mut, lädt zum Schmunzeln, im gleichen Maße regt sie auch zum Nachdenken an.