Vorspeisen zum Jüngsten Gericht

Antreten zum Ohrfeigen-Abholen! Alles in Reih‘ und Glied?! Zack, bäm, aua! Das tut weh! Schon das erste Newtonsche Gesetz besagt, dass jede Aktion eine Reaktion hervorruft. Also ist dieses Buch die eigene Rechtfertigung uns Deutschen nicht nru den Spiegel vorzuhalten, sondern sofort nach der Anklageverlesung die Strafe zu verabreichen.

Dietmar Wischmeyer übertreibt gern. Und derb! Beschämt zieht man den Kopf ein, versteckt sich hinter der Lektüre, nur, um bloß nicht noch eine gescheuert zu bekommen. Vergebens. Wischmeyer kriegt sie alle! Und alle bekommen eine auf die Rübe, in die Fr… oder einen Tritt in den Allerwertesten.

Dietmar Wischmeyer befürchtet, dass, wenn es einen Gott gibt, der auch Buch darüber führt wie wir uns aufführen. Und wenn er das tut, hat er sicher auch einen Grund dafür. Und der kann eigentlich nur Auswertung heißen. Oder auf Neudeutsch: Wir haben ein Audit! Schon allein für diese Formulierung gibt es von Wischmeyer einen Doppelschlag ins Sprachzentrum. Nun ja, dann sitzen wir alle auf der Anklagebank. Allein die Verlesung der Anklagepunkte dauert wohl bis zum Jüngsten Gericht, wenn es denn nicht schon da wäre.

Der Rundumschlag beginnt bei denen, die jede Ausdünstung mit der Welt teilen müssen. Angefangen bei den sozialen Netzwerken bis hin zu denen, die sich gern selber quälen müssen, um sich lebendig zu fühlen bzw. einen Grund brauchen endlich mal ein Buch zu veröffentlichen. Er nennt keine Namen, doch das Elend ist jedermann bekannt.

Die brachiale Sprachgewalt – Deutsch ist ein schöne Sprache, eine abwechslungsreiche Sprache, eine vielschichtige Sprache – bringt den Leser oft an den Rand der Verzweiflung. Denn nicht einer ist frei von Schuld, auch Wischmeyer nicht. Er steht aber nun mal vorn am Pult und wedelt mit der Rute der Vergeltung. So mancher Peitschenhieb hinterlässt Spuren. Der Schmiss der Egomanie lässt sich nicht abwaschen. Und so wandern wir gebrandmarkt durch den Alltag der Unzulänglichkeiten. Wischmeyer pfeift uns zurück, lässt uns in den Lehrbüchern des Lebens einzelne Passagen noch einmal lesen. So lange bis wir kapieren.

Die „Vorspeisen zum Jüngsten Gericht“ sind kein Zuckerschlecken. Bittere Medizin für sensible Gemüter, Lachkrampfanfälle auslösende Zeilen für alle, die sich selbst nicht so ernst nehmen.

Wenn alles so kommt, wie von Wischmeyer prognostiziert, dann können wir in unseren letzten Tagen benehmen wie die Axt im Walde. Jede angestrengte Verbesserung würde wie eine Seifenblase zerplatzen. Holt die Knüppel raus, das Ende ist nah. Und dann stehen wir da, mit den Füßen schon in der Sintflut und keine Stimme flüstert zärtlich: „Komm her, is ja gut!“. Das Ende ist nah, das Urteil schon gesprochen. Und als letzte Mahlzeit … dieses Buch! Zufrieden sterben mildert die Schmach, wenn auch nur ein wenig.