Altes Handwerk in Venedig

Altes Handwerk in Venedig

Wenn ein Ort mit einer besonderen Handwerkskunst wirbt, deren Erzeugnisse man dann als besonderes Mitbringsel den Daheimgebliebenen überreichen kann, hat das oft den bitteren Beigeschmack des Kitschigen. In Orten an der Küste kann man Gefäße mit einem Anker mitnehmen. In den Bergen mit Wildtieren. Das sieht im ersten Moment ganz hübsch aus, aber sobald die Urlaubsstimmung verflogen ist, wirkt es billig.

Kitsch und Venedig – eine durchaus vorstellbare Verbindung. Eine kleine Gondel hier, eine Karnevalsmaske da. Und alles Made in … na jedenfalls nicht Made in Venice. Jana Revedin hat sich auf die Suche nach dem Gegenstück zur Touristenmassenproduktion begeben. Und sie wurde fündig! Wer allerdings diese Handwerkserzeugnisse mit nach Hause nehmen will, muss richtig tief in die Tasche greifen. Manches ist so besonders venezianisch, dass man es gar nicht mit nach Hause nehmen kann.

Die Autorin besucht unter anderem Carlo Capovilla. Er hat sich auf Hochsitze der besonderen Art spezialisiert. Hoch auf den Dächern der Stadt sieht der aufmerksame Besucher eigenartige Holzkonstruktionen. Terrassen auf dem Dach – Altana genannt. Von hier lässt sich das Treiben auf den Kanälen aus sicherer Entfernung betrachten. Gerade in den Sommermonaten, wenn die Stadt aus allen Nähten platzt ein Ruheort. Denn schließlich vervierhundertfacht sich die Einwohnerzahl der Lagunenstadt jährlich. Man stelle sich dies in einer Stadt wie Shanghai mit weit über 20 Millionen Einwohnern vor…

Wer in Venedig das Glück hat einen echten Palazzo zu besichtigen, dem fällt der schmucke Terrazzo auf. Roberto Patrizio fertigt diese fliegenden Marmorteppiche an. Kleine farbige Steine schimmern in den schillerndsten Farben und verleihen den Räumen eine gewisse Eleganz. Für die Autorin und ihren Fotografen Gernot Gleiss öffnet er sogar sein Lager. Hier lagern unzählige Marmorbruchstücke: Breccia Pernice gibt ein feuriges Rot, Verde Piave ein geheimnisvolles Grün usw.

Auch Steffano Gottardo gewährt den beiden Einlass in seine Werkstatt. Er darf das Siegel „Made in Venice“ auf seine Erzeugnisse kleben. Er stellt die echten, die wahren Karnevalsmasken her. In Handarbeit – versteht sich. Touristen sind ihm nicht willkommen. Ein Schild am Fenster seiner Werkstatt gibt dies zu verstehen – „No photos please“ – prangt da in Großbuchstaben.

Bücher über Venedig gibt es sie Sand in der Lagune. Doch keines zeigt so eindrucksvoll das wahre Gesicht der einstigen Handelsmetropole wie dieses Buch. Authentisch und ganz nah dran am Leben in einer der meistbesuchten Städte der Welt.