Cadichon oder Alles gelingt, wenn man nur warten kann

Das waren noch Zeiten, als man mit Kerze, Kerzenständer, Zipfelmütze und Nachthemd sich bettete. Ja, so nannte man das damals. Heute haut man sich mit Shirt und Boxershorts in die Falle. Oder wie Oberts Klink aus der TV-Serie „Ein Käfig voller Helden“ im breitesten Sächsisch verkündete in die „Furzmulle“. Doch wir sind beim Sich-Betten. Die Nacht zieht herauf, der Mond ist der stille Beobachter des Treibens auf Erden. Lediglich die Tiere machen hier und da noch ein paar Geräusche. Alles schläft. Alles? Alle? Nein! Ein paar Lichtstrahlen schimmern durch die dunkle Nacht. Leselampenlicht. Endlich mal eine gute Erfindung der Neuzeit. Und die nutzt man, um Neues zu entdecken.

So wie „Cadichon – oder Alles gelingt, wenn man nur warten kann“ von – Achtung langer Name, nochmal Luft holen – Anna-Claude-Philippe de Thubìeres, de Grimoard, de Pestels, de Lévis, Comte de Caylus, der bereits Mitte des 18. Jahrhunderts verfasst, doch erst 1775 veröffentlicht wurde. Da war der Autor schon zehn Jahre tot. Und nun ist der Text endlich auch auf Deutsch erschienen. Schlaflos nennt sich die Reihe bei Ripperger&Kremers. Doch kein actiongeladenes Büchlein sorgt hier für offene Lider, sondern die Poesie der Vergangenheit im Gewand (noch so ein Wort, das kaum noch verwendet wird) eines Märchens.

Fast fühlt man sich wie bei Jean Cocetaus „Belle et la bête“. Prinz Pétaud wird verstoßen, weil er ein Bürgerliche heiratet (wäre doch was für „Exclusiv“-Zuschauer, oder?!). Die arrangierte Hochzeit mit der, zum Zeitpunkt des Arrangements noch nicht geborenen, Tochter der Fee Gangan ist geplatzt! König und Königin, die nicht gerade durch übermäßiges Denken glänzen, sind empört. Doch der Prinz lässt sich nicht entmutigen. Zusammen mit seiner Frau und ihrem Vater lässt er es sich gutgehen. In seinem eigenen kleinen Reich. Nur der Nachwuchs lässt auf sich warten. Die Fee Gangan hat ihre Finger, bzw. ihren Fluch im Spiel. Siebenmal lässt sie Gilette, die Frau des Prinzen schwanger sein. Siebenmal am Stück! …Wer jetzt anfängt zu rechnen, kommt nie in Morpheus Arme – ja, es sind fünfeinviertel Jahre, die die beiden warten müssen, bis sich endlich Nachwuchs einstellt … Und wie es im Märchen ist – schließlich fängt alles mit „Es war einmal“ an – wird schlussendlich alles gut. Das darf man bei einem Märchen verraten.

Märchen für Erwachsene, Gute-Nacht-Geschichten als Alternative zu Castingshows und Schlagergedudel in der Glotze, Rückbesinnung auf das, was einmal war: Bücher, die einem nicht vor Langeweile die Lider schließen lassen, sondern einen friedlich ins Reich der Träume entführen und von paradiesischen Zuständen träumen lassen. „Cadichon oder Alles gelingt, wenn man nur warten kann“ ist nur der Anfang einer ganzen Reihe von Neuentdeckungen aus der Mottenkiste bzw. dem Bücherregal der Ahnen.