Nekropolis

Nekropolis

Es gibt schönere Arten berühmt zu werden. Kommissar Sajan Dayal von der Polizei in Delhi hat es sich nicht ausgesucht diesen Sommer die merkwürdigsten Fälle zu lösen. Nach langer Hatz wird ein junger Mann gefunden, um dessen Hals eine Kette mit den Fingern seiner Opfer prangt. Zur gleichen Zeit verschwindet „Frau Oberst“, eine Frau, die durch ihren eigenwilligen, militärischen Kleidungsstil auffiel und viele Anhänger hatte. Zu allem Überfluss bekriegen sich auch noch Gangs in der Unterwelt. Sie wähnen sich nicht von dieser Welt. Es war, ist und wird eine heiße Zeit …

Von Frau Oberst, die von ihrer Gefolgschaft Razia genannt wird, erfahren Dayal und sein Team von den barbarischen Schlachten, denen des Nachts immer wieder junge „Kämpfer“ zum Opfer fallen. Ein Kämpfer tut sich dabei immer besonders hervor. Er hält sich für einen Vampir. Keiner, der das nur aus Mode tut, einer, der wirklich glaubt das Blut der Anderen verleiht ihm besondere Kräfte. Sind die Schlachten geschlagen, beugt er sich über sein Opfer und haut seine Zähne in dessen Nacken. Das Besondere: Die Schlachten und das blutige Ritual am Ende werden gefilmt und anschließend online gestellt. Doch auch Dayals Abteilung ist mit moderner Technik ausgerüstet.

Die Sonderkommission kommt nicht zur Ruhe. Ein junges Mädchen wurde brutal vergewaltigt. Und noch immer sind die Spuren zu den anderen Verbrechen nicht zufriedenstellend. Slumlords, Vergewaltigung, Mord, Drogen, Korruption – das Tätigkeitsfeld der Sonderkommission scheint unendlich dehnbar. Da heißt es kühlen Kopf bewahren.

Sajan Dayal ist der lebende Beweis, dass man die Gegenwart nur beherrscht, die Zukunft meistert, wenn man die Vergangenheit kennt. All der elektronische Schnickschnack, den moderne Ermittler heute benutzen, nützt nur, wenn man die Wurzeln kennt. Er zitiert alte Dichter, kennt die Traditionen des Landes, er versteht die Menschen, die sich der modernen Vehikel benutzen. So, und nur so, kommt er dem Geheimnis der heißen Zeit in der Nekropole Delhi auf die Spur.

Avtar Singhs Kommissar ist ein ruhiger besonnener Ermittler. Er schart eine ebenso konzentriert arbeitende Crew um sich. Kastendenken ist allen wohl bekannt, doch haben sie mit dieser Tradition im Riesenreich Indien wenig zu schaffen. Wer Geld hat, muss sich genauso an Spielregeln halten wie „die da unten“. Vor dem Gesetz sind alle gleich. Wenn das den Kommissaren gelingen könnte, wäre schon viel erreicht.

Der Leser wird in ein Indien geführt, dass er so nicht kennt. Neben all den Negativschlagzeilen bietet dieser Roman dem Leser die Möglichkeit Delhi von einer anderen Seite kennenzulernen. Beim Lesen fungiert Sajan Dayal so ganz nebenbei als Fremdenführer durch die Millionenmetropole. Der Leser kommt an Orte vor denen in Reisebüchern gewarnt wird. Wenn‘s zu brenzlig wird, kann man das Buch zuklappen. Doch dann verpasst man das Beste.