Ganz die Deine

Ganz die Deine

Inés und Ernesto führen eine gute – ja fast schon perfekte – Ehe. Haus, Swimmingpool, überdurchschnittliches Einkommen. Alles verläuft in geregelten Bahnen. Doch Inés ist nicht glücklich in ihrer scheinbar heilen Welt in Buenos Aires. Ihr fehlt das Zwischenmenschliche. Schon seit geraumer Zeit fasst Ernesto sie nicht mehr an. Eine Phase, denkt Inés. Durch Zufall entdeckt sie eine Nachricht in Ernestos Sachen. „Die Deine“ – so ist diese Nachricht unterschrieben.

Der ideale Einstieg für einen Rosenkrieg. Nicht bei Claudia Piñiero. Sie nimmt diese Konstellation zum Anlass eine spannende, nicht gradlinig verlaufende Geschichte zu schreiben.

Inés nimmt den Zufallsfund erst einmal hin. Mal sehen wie Ernesto sich in Zukunft verhalten will. Unbemerkt vom im Drama verstrickten Elternpaar hat Tochter Laura, die von allen nur Lali genannt wird, ein ganz anderes Problem. Der Teenager ist schwanger. Der werdende Vater wird von seinen Eltern abgeschirmt. Kein Rankommen, keine Chance auch nur ein Wort mit ihm zu reden. Trotz der engen Verbindung zu ihrem Vater kann Lali mit niemandem außer einer Freundin bereden, was sie im Moment bewegt. Eine Abtreibung scheint ihr der einzige Ausweg. Doch dies kostet Geld. Das wiederum findet die 17jährige im Versteck ihrer Mutter.

Inés hat nämlich in der Garage ein geheimes Versteck, in dem sie unter anderem ihren Notgroschen aufbewahrt. Nur sie kennt das Versteck.

Doch nun kennt es auch Lali. Doch wie mit der Situation umgehen. Ihr Vater geht fremd. Ihre Mutter weiß das. Lali weiß, dass ihre Mutter weiß, dass ihr Vater fremdgeht. Verrät Lali, was sie weiß, fliegt ihre Schwangerschaft auf. Verzwickt!

Inés folgt ihrem Mann. Der hat sich unter fadenscheinigen Ausflüchten vom Abendessen verabschiedet. Inés ist auf vieles gefasst. Aber darauf nicht. Denn am Ende der Verfolgung steht eine Tote auf der Agenda. Die Geliebte, die Deine, liegt leblos am Boden. Ernesto entledigt sich den Körpers und wirft ihn in den nahegelegenen See. Ein Druckmittel für Inés?

Auch hier scheint der Krimi schon gelaufen. Sie (Inés) könnte ihn nun erpressen und so an sich binden. Doch auch hier hakt Claudia Piñiero beherzt ein. Denn Ernesto kann nicht an sich halten. Trotz Versprechens kann er seine Finger nicht von anderen Frauen lassen…

Spielerisch malt Piñiero ein klares Bild einer Familie, die nicht bewusst nach außen die heile Welt vorspielt. Vielmehr bewegen sich die Figuren stark und selbstbewusst in ihrer kleinen, heilen Welt. Ohne jemand damit zu belästigen oder gar auf die Nerven zu gehen. Alles ist in Ordnung. Bis diese Welt ins Wanken gerät. Denn „die Deine“ war gar nicht „die Deine“. Die Lösung des Rätsels ist ebenso so kurios wie selten.

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