Die Donnerstagswitwen

Die Donnerstagswitwen

Argentinische Vor-Haupt-Stadt-Idylle mit allem, was dazu gehört: ein weitläufiges Anwesen mit prächtigen Villen, die Luft erfüllt vom schweren Duft der Jasminblüten und Golfplatz. Eingepfercht in ihrem goldenen Käfig verbringt die Schickeria Buenos Aires’ den Tag. Der Sicherheitsdienst verrichtet sein Werk. Alles ruhig, alles chic. Doch die Idylle trügt: Der 11. September (der von 2001) und die oft proklamierte damit verbundene Rezession werfen ihre bedrohlichen Schatten voraus. Die heile Welt ist Arbeits- und Perspektivlosigkeit gewichen. Immobilienmaklerin wie Virginia und ihre Familie können nicht mehr nur ihr Geld allein arbeiten lassen. Eigentlich müssten sie selbst ran. Ronie, Virginias Ehemann, ist zu einem ruhigen, in sich gekehrten Etwas verkommen. Kommunikation findet nur noch sporadisch statt.

Auch gegenüber, bei den Spaglias, ist Alltag eingekehrt. Teresa Spaglia hört kaum noch das laute, freche Lachen ihres Gatten Tano.

Virginias Sohn Juani bereitet ihr ebenso Kopfzerbrechen. Zusammen mit seiner Freundin aus Sandkastentagen Romina kifft er, was leider auch Leuten auffällt, die das eigentlich nichts angeht.

Wie gesagt – die Idylle bröckelt. Die Freunde, die nur durch ihre Statussymbole zusammengefunden haben (und wohl auch nur deshalb „freunde“ sind) gehen zunehmend eigene Wege. Die einen wollen auswandern. Andere ergeben sich scheinbar ihrem Schicksal.

Altos de la Cascada – so heißt die eingezäunte Siedlung, in der man wohlbehütet und überwacht wohnt – wird immer mehr zum Gefängnis. Wer einmal drin ist, will nicht so schnell wieder raus. Den Schein wahren ist das Gebot der Stunde.

Unversehens kommt Bewegung in die starre Kunstlandschaft. Ronie bricht sich ein Bein und Tano, Gustavo und Martín sind tot. Ein Stromschlag als die Drei im Pool badeten. Doch der Unfall – das wird dem Leser schnell klar – kann kein Unfall sein. Nun stellt sich die Frage: Wem nützt der Tod der Drei etwas? Wenn es Mord war, steht der Mörder schnell fest.

Claudia Piñeiro beschreibt mal süffisant, mal bissig die freigewählten Lebensumstände ihrer Protagonisten. Sie selbst wohnt in solch einem goldenen Käfig. Die Ruhe ist für sie die einzige Möglichkeit an ihren Büchern arbeiten zu können. Die Handlung ist frei erfunden, dennoch sieht sie sich immer wieder der Kritik ausgesetzt, ihr Umfeld in „Die Donnerstagswitwen“ beschrieben zu haben. Sie selbst antwortet dann immer, dass es ein hellseherischer Roman sei. Diese Witwen sind jeden Donnerstag allein, wenn ihre Männer beim Golf oder Tennis ihrer Leidenschaft frönen. Dass sie dabei auch mal übers Geschäft reden, ist Ausrede genug die Frauen zuhause zu lassen. Doch dann ist ihr Damenklub  plötzlich mit einem Namen gesegnet, der vom ersten bis zum letzten Buchstaben der Wahrheit entspricht…

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