Ketzer

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In London taucht in einem Auktionskatalog ein Bild von Rembrandt auf. Doch die Versteigerung kann verhindert werden, weil Elias Kaminsky Ansprüche auf dieses Bild erhebt. Es gehörte einst seiner Familie, die als Juden vor den Nazis flüchten musste.

Und dieser Elias Kaminsky sitzt nun vor Mario Conde in Havanna und erzählt ihm seine Geschichte. Er will Licht ins Dunkel der Familiengeschichte bringen. Denn 1939 sollte das Bild den Neuanfang der Familie auf Kuba symbolisieren. Am 27. Mai 1939 stand Elias‘ Vater Daniel mit einem Verwandten am Pier von Havanna und erwartete den Vater, die Mutter und die Schwester, die an Bord der MS St. Louis die teuer bezahlte Freiheit aus Nazideutschland erkauft hatten. Mit im Gepäck: Der Rembrandt. Doch aus der sehnsüchtig erwarteten Familienzusammenführung wurde nichts. Geldgier und politisches Kalkül machten dem Glück den Garaus. Daniel sollte seine Familie nie wieder sehen. An Land ging jedoch der Rembrandt. Als Daniel Jahre später in die USA ausreisen – und somit Elias ein sorgenfreies Leben bescheren – konnte, war das Bild noch in Kuba. Doch es klebte Blut an ihm.

Das Bild hatte eine verhängnisvolle Geschichte. Als Kind ging Elias Ambrosius Montalbo de Ávila in die Schule des großen Meisters Rembrandt van Rijn. Doch auch er – Jude – wurde verjagt. Als Mitgift schenkte Rembrandt seinem Schüler das Bild des Christus, das über dreieinhalb Jahrhunderte später die Fachwelt in Erregung versetzen sollte.

Als Dritte im Bunde – wir sind wieder in der Gegenwart – wird Judy zum Puzzleteil im Bild des plötzlich aufgetauchten Rembrandts. Sie ist verschwunden. Seit zwei Wochen weiß niemand wo sie ist. Gerüchte und Spekulationen helfen Conde erstmal nicht weiter. Auch hat das Rätsel um das Verschwinden Judys originär nichts mit der Bildersuche zu tun. Doch führt es Code auf die richtige Spur…

Die Geschichten von Daniel, Ambrosius und … verschmelzen als logische Konsequenz miteinander. Sie alle verleugneten auf die eine oder andere Art ihren Glauben, ihre Herkunft. Mit ganz unterschiedlichen Ergebnissen.

Leonardo Padura wagt erstmals den Sprung in die fernere Geschichte. Wieder ist Mario Conde beteiligt. Eigentlich sucht er sein Glück als Buchhändler. Doch die alte Spürnase juckt immer noch.

Mit gewandter und selten erreichter Sprache zieht er unaufhörlich den Leser in seinen Bann. Ist es zuerst die Frage nach den Umständen, warum die Kaminskys nicht wieder zusammenfinden konnten, wählt er später eine philosophische Weiterführung. Wer Geschichte liebt, kommt an Padura nicht vorbei. Er schafft mit einfachen Worten Sprachgebilde von enormer Sprengkraft. Wer dieses Buch beiseitelegt, ist selber schuld. Noch nie war eine Welt(en)reise so spannend!