Archiv für den Monat: Dezember 2015

Lesereise Vatikan

Lesereise Vatikan

Er ist das letzte Relikt einer vergangenen Zeit. Auf dem Papier ist der Vatikanstaat das rückschrittlichste Land der Erde. Bei näherem Betrachten ist das kleinste Land aber auch sehr fortschrittlich. Ein absolutistischer Herrscher, die bunteste Armee der Welt, aber auch die niedrigste Scheidungsrate. Der Regierungschef hat einen Migrationshintergrund, so wie eigentlich alle Bewohner. Und obwohl die Nähe zu Italien dagegen sprechen sollte, spielt die Fußball-Nationalmannschaft keine Rolle im Elf-Gegen-Elf-Weltgeschehen. Und noch was: Die Verwaltung des Landes ist der größte Immobilienbesitzer der Welt. Und zum Einkaufen allein fährt man auch nicht an den Petersplatz. Endlose Schlangen vor den Museen sind kein Argument hier ein paar geruhsame Tage zu verbringen. Warum also ist der Vatikan so beliebt bei Touristen, dass beispielsweise in den Heiligen Jahren – 2016 steht übrigens wieder eines ins Haus – mehr als die zwanzigtausendfache Menge der Einwohnerzahl an Touristen verkraftet werden muss.

Christine Höfferers Lesereise erklärt in ihren Reportagen warum es sich hier aushalten lässt und ein Abstecher ins Zentrum Roms mehr als nur lohnenswert ist. Noch einmal zurück zu den Warteschlangen. Wer unvorbereitet die Vatikanischen Museen besuchen will, braucht Stehfleisch. Besser anmelden. Dann klappt’s auch mit dem Reinkommen und man hat sogar Zeit und ein wie auch immer geartetes Lächeln für die Wartenden übrig. Zeitgemäß modern wie die christlich-sozialen Freunde in Bayern meint auch der Chef der Museen, dass hier Kontingente von Nöten seien, zumindest aber hilfreich sein könnten.

Die Schweizer Garde ist die wohl am wenigsten Schaden anrichtende Söldnerarmee der Welt. Wer mitmachen will, muss sich einer strengen Prüfung unterziehen. Wenn Alter, Größe, Herkunft, Konfession, Familienstand stimmen, gibt’s eine schicke Uniform. Und die schneidert Ety Ciccioni. Rund 150 Uniformen schneidert er pro Jahr. Die Farben setzen sich aus den Familienfarben früherer Päpste zusammen, das Blau von den Medicis und das Gelb-Rot aus dem Geschlecht der della Rovere. Wegen des Gehalts nimmt keiner der Gardisten diesen Job an. Tausendvorhundert Euro gibt’s jeden Monat vom Chef.

Die Lesereise Vatikan besticht durch die sorgfältige Auswahl der Themen und die lesenswerte Umsetzung selbiger. Christine Höfferer ist eine echte Kennerin der Geheimnisse des Vatikans. Als Tourist wird man dieses Buch verschlingen. Und immer wieder lesen. Und immer dabei haben. Sei es als Zeitvertreib in der Warteschlange, oder als Nachschlagewerk, wenn man vor Ort ist. Denn hier lauert nicht an jeder Ecke ein Histörchen, sondern im wahrsten Sinne des Wortes in Schrittlänge.

Das Format ist außergewöhnlich: Passt in jede Tasche, beult nicht aus und der Inhalt der Serie im Allgemeinen und dieses Buches im Speziellen trägt dazu bei den Urlaubsort eingehend zu begreifen.

Im Hotel Régina

Layout 1

Menschen im Hotel. Das geht es oft chaotisch zu, wenn man Hollywood glauben darf. Im Hotel Régina in Nizza ist die Stimmung auch ziemlich angespannt. Wir schreiben das Jahr 1954. Frankreich will schon länger einen seiner größten Künstler mit einer Medaille ehren. Eine Gedenkmünze für Henri Matisse. Doch alle Entwürfe weist er entschieden zurück. Als die Prägestätte einen neuen Versuch unternimmt den Künstler zu einer Zusammenarbeit zu bewegen, stimmt der nur unter einer Bedingung zu: Er selbst will den Künstler auswählen. Und ihm schwebt da auch schon ein Name vor. Alberto Giacometti. Wer in den vergangenen Monaten eifrig die Nachrichten verfolgt hat, weiß, dass seine Skulpturen mittlerweile zu den gefragtesten und vor allem zu den teuersten der Gegenwart zählen. Einhundertsechsundzwanzig Millionen Euro bot 2015 ein Sammler für die anderthalb Meter hohe Bronzeskulptur „Man Pointing“.

Und begab es sich, dass der Schweizer Künstler einige Tage im Sommer bei Matisse an der Côte d’Azur zubringen durfte. Matisse saß regungslos auf seinem Stuhl oder am Tisch. Von schwerer Krankheit gezeichnet, ließ er sich portraitieren. Er wollte die Skizzen nicht sehen. Das beeinflusse ihn und den Künstler.

Giacometti ritzte mehr als dass er malte – nach Matisse könne eh niemand malen, auch er nicht. Millionen von Museumsbesuchern sehen das wahrscheinlich anders. Wenige Striche genügten, das kann man heute noch in zahlreichen Museen betrachten, um dem großen Meister gerecht zu werden. Die Kunstfertigkeit erschließt sich nicht jedem auf Anhieb. Die einleitenden und abschließenden Texte von Gotthard Jedlicka, einem Freund Giacomettis, dem Giacometti-Spezialisten Casimiro di Crescenzo und Kunsthistoriker Michael Lüthy geben den abgebildeten Skizzen die passenden Erläuterungen und füllen die Wissenslücken mehr als kenntnisreich auf.

Wer sich noch nicht eingehender mit Matisse und Giacometti beschäftigt hat, kommt bei der Lektüre dieses Buches nicht mehr aus dem Staunen heraus. Wissenschaftliche Betrachtungen zu einem Künstler sind oft etwas sperrig zu lesen. Denn jeder Betrachter hat eine andere Sichtweise auf das Kunstwerk. Hier sprechen nun aber echte Experten, die in der Kunst mehr sehen als ein gefälliges Objekt. Sie überlegen nicht, ob es zur Wohnungseinrichtung passt. Sie rücken das Objekt gerade, ziehen Parallelen zum Leben, ordnen es ein. Spannend wie ein Glauser, detailreich wie ein Mosaik, unter der Lupe des Wissens erklärt.

Henri Matisse starb nur kurze Zeit nach der letzten Sitzung am 3. November 1954 in seinem Haus Cimiez. Alberto Giacomettis Todestag jährt sich am 11. Januar 2016 zum fünfzigsten Mal.

City Trip Breslau

CityTrip Breslau

Jedes Jahr dürfen sich zwei Städte in Europa mit dem Titel „Kulturhauptstadt Europas“ schmücken. Über Sinn und Unsinn des Titels lässt sich vortrefflich streiten. Den Städten bringt es über alle Grenzen hinweg Anerkennung und Bekanntheit. 2016 sind es das nordspanische San Sebastian und Wrocław in Polen. Der Name Wrocław ist für alle, die des Polnischen nicht mächtig sind ein wahrer Zungenbrecher, weshalb wohl auch die offizielle Homepage wro2016.pl genannt wurde. In Deutschland hat die Stadt als Breslau immer noch einen klingenden Namen.

Man kann jetzt schon davon ausgehen, dass während des umfangeichenen Programms so viele Touristen aus aller Herren Länder die Stadt besichtigen werden. Und jeder Veranstalter wird einen kleinen Stadtführer für Ortsunkundige im Gepäck haben. Am Ende einer Woche hat man zahllose kleine (praktisch – damit wird jeder werben) Stadtführer, in denen immer das Gleiche steht. Als wissbegieriger Besucher stößt man damit schnell an die Grenzen.

Der CityTrip Breslau nimmt den Kamp mit der Flut von knappen Reiseführern auf und schreitet voran durch eine der interessantesten Städte Polens. Über tausend Jahre haben ihren Spuren hinterlassen. Als eines der bekanntesten Bauwerke gilt der gotische Dom, der im 13. und 14. Jahrhundert erbaut wurde. Weit über eine halbe Million Menschen dürfen Wrocław ihre Heimatstadt nennen. Somit gilt sie wohl als eine der größten noch unentdeckten Städte Europas.

Izabella Gawin macht ab der ersten Seite Lust Wrocław aus dem Dornröschenschlaf zu wecken. Für jeden ist was dabei. Sie beginnt mit den Schnellbesuchern: Ein Wochenende – eine Stadt. In Wrocław kein Problem. Backsteingotik, Flußfahrt, Geschichte und Szeneviertel. Kurz und knapp ohne dabei etwas Wegweisendes zu vergessen. Wie zum Beispiel die älteste Kneipe Europas. Seit 700 Jahren lässt man im „Schweidnitzer Keller“ bei Bier und Snacks den Tag ausklingen. Das Farbenspiel der Gaslaternen auf der Dominsel ist mehr als nur ein gelungener Abschluss eines ereignisreichen Tages.

Alle, die ein bisschen mehr Zeit in Wrocław investieren, werden aus dem Staunen nicht mehr rauskommen. Schon beim losen Durchblättern des Reisebandes fühlt man sich in die schlesische Metropole versetzt. Kunstgewerbeläden wechseln mit einladenden Cafés sich ab. Die Markthalle am Oderufer ist nicht nur zum Einkaufen da, hier lässt sich auch vorzüglich flanieren. Zahlreiche Museen zu allen Epochen und Kunstrichtungen verführen ebenso wie die zahlreichen Gärten Parks. Um die Altstadt herum führt ein grünes Band, hier vergisst man, dass man in einer Großstadt ist.

Wrocław zeigt sich dem begeisterungsfähigen Besucher von seiner schönsten Seite. Viele Orte, die es wert sind besucht zu werden, muss man suchen. Mit diesem handlichen Buch jedoch wird die Suche zu einer wahren Freude.

Wer dennoch nicht auf die kleinen Stadtführer verzichten will, weil da immer so kleine, hübsche Stadtpläne drin sind, wird mit diesem CityTrip nicht enttäuscht. Denn bei ReiseKnowHow gehört es zum Standard einen kleinen Faltplan beizulegen. Da fühlt man sich auch wieder als Tourist der alten Schule. Als Zugeständnis an die moderne Art des Reisens gibt aber für alle, die auch im Urlaub nicht aufs Smartphone verzichten wollen, eine Gratis-App.

Marionette des Teufels

01 Marionette des Teufels

Schon der Titel lässt auf eine schaurige Geschichte schließen. Und dieser Schluss ist vollends gerechtfertigt. Ein Mord an einer Sopranistin und eine zweite Leiche, Intrigen, ein Kommissar, der bald das berufliche Zeitliche segnet und eine wissbegierige, aufstrebende, junge Kollegin – das sind die exquisiten Zutaten dieses Passau-Krimis. Und beide Taten hängen irgendwie zusammen. Nur wie?

Berthold Brauser ist ein alter Hase im Kriminalgeschäft. Doch lässt ihn der Anblick der attraktiven Toten, die vor ihm auf dem Bett liegt, nicht kalt. Fachmännisch seziert er die Tote Sophia. Und ihm entgeht wirklich kein Detail. Anders liegt der Fall bei Franziska Steinbacher. Sie ist die Neue im Team. Brauser hat die aufgeweckte Kommissarin ins Herz geschlossen. Sie ist „sein Mädchen“.

Die Tote hatte offensichtlich jemanden zu einem romantischen Tête-à-tête erwartet. Unter ihrem Bademantel war sie nackt. Jetzt ist sie tot – die Mordkommission steht vor einer vertrackten Situation. Brauser sieht sich in Gedanken schon im verdienten Ruhestand. Dennoch kann er nicht so recht loslassen. Den Fall der toten Sopranistin könnte er getrost seinem Team überlassen. Und er könnte sich in den verbleibenden sechs Wochen dem toten Mercedes-Fahrer widmen. Der starb an einer Luftembolie, wurde aber – aus Sicherheitsgründen? – zusätzlich mit zwei Einschüssen gesegnet. Drogen? Racheakt? Die Ermittlungen gehen nur schleppend voran.

Mit wem die Ermittler auch sprechen, jeder der Befragten zeichnet ein anderes Bild der Toten. Der ermordete Mercedesfahrer, der Mann einer Politikerin, und ein Affäre? Niemals! Die tote Sopranistin und Drogen? Ja! Und Nein! Brauser und seine Kollegen kommen zwar der Wahrheit immer ein Stückchen näher, doch nicht wirklich auf die Spur. Franziska Steinbacher, die junge Kommissarin sieht in Walter, dem Bühnenmaler einen ersten Verdächtigen. Der ist ein ausgemachter Frauenheld, der nichts anbrennen lässt. Er und die schöne Sängerin, ein Paar? Möglich. Ein Mord aus Leidenschaft? Möglich.

Überhaupt ist sehr viel möglich in diesem Krimi. Nur eines nicht: Dass es langweilig wird. Dagmar Isabell Schmidbauer hat nicht einfach mal so beschlossen Krimiautorin zu werden. Der Auftakt zur Passau-Krimireihe besticht durch eine exzellent ausgearbeitete Geschichte, die sie geschickt in Szene setzt. Sie konstruiert nicht wild an einem erdachten Kriminalfall herum, ihre Folgerungen sind schlüssig. Dem Leser werden hier und da ein paar Brocken hingeworfen. Das Hirn arbeitet über 500 Seiten auf Hochtouren. Doch die Denkarbeit wird belohnt. „Marionette des Teufels“ ist der Auftakt zu einer Passau-Krimireihe, die es auf Anhieb in den Olymp der Regionalkrimis schafft. Der zweite Teil „Der Tote vom Oberhaus“ knüpft nahtlos daran an, der dritte Teil erscheint im Herbst 2013.

Der Tote vom Oberhaus

02 Der Tote im Oberhaus

So haben Sie Passau noch nie gesehen! Die Stadt an Donau, Inn und Ilz führt ein ruhiges Leben. Die Donau fließt mächtig und gemächlich dahin, der Dom Sankt Stephan scheint durch nichts zu erschüttern zu sein. Nur auf der Veste Oberhaus wird ein Mann ermordet. Er liegt mit einer Partisane im Körper, einer kunstvoll gearbeiteten Stoßwaffe, auf dem Boden und blockiert den Zugang zum Tatort. Und noch jemand kann seinen Tag nicht so recht genießen: Kommissarin Franziska Steinbacher. Die hatte eigentlich ein Date. Eigentlich…

Denn eigentlich trifft sie sich mit Walter Froschhammer, einem Verdächtigen aus einem anderen, abgeschlossenen Fall. Er ist Bühnenbildner und will sie malen. Doch das Date läuft schleppend an. Und dann klingelt das Telefon. Ein Toter. Dem Toten schien es gut gegangen zu sein: Rolex, BMW-Autoschlüssel und 20.000 Euro in der Tasche. Raubmord scheidet schon mal aus. Gefunden hat ihn die Museumdirektorin Samantha Halmgaard. Die ersten Ermittlungen verlaufen sehr zum Leidwesen von Kommissarin Steinbacher in eine ungute Richtung. Denn Walter Froschhammer war Einer von Zweien, die einen Schlüssel zum Tatort hatten. Xaver Mautzenbacher, das Opfer war ein Aufschneider, ein Blender, der seiner Umgebung immer nur eine Fassade präsentierte. Absolut mittellos war er. Sogar an seinem Stromkasten installierte er eine Zeitschaltuhr, um Strom zu sparen. Erst später entdecken die Kommissare, dass Xaver Mautzenbacher mehr als nur ein Leben hatte. Nicht unbedingt ein Hans-Dampf-in-allen-Gassen, jedoch geschickt darin seinen zahlreichen Gegenüber eine plausible Geschichte auftischen zu können.

Und der neue Chef will auch noch lückenlos über den Fortschritt der Ermittlungen Bescheid wissen. Josef Schneidlinger wurde von der Isar an die Donau versetzt und gilt allgemein als „harter Hund“. Der Tag hätte eigentlich so schön sein können. So schön. Eigentlich.

So mancher Autor hat an dieser Stelle bereits sein Pulver verschossen und macht seinem Werk kurzen Prozess. Dagmar Isabell Schmidbauer ist hier gerade mal mitten im ersten Viertel ihres Passau-Krimis. „Der Tote vom Oberhaus“ ist der zweite Fall des Ermittlerduos Steinbacher/Hollermann. Der erste Teil „Marionette des Teufels“ war ein Riesenerfolg, und am Ende des Buches macht die Autorin schon mächtig Appetit auf den dritten Teil – sie verrät sogar schon etwas vom neuen Fall…

Und wird sicher wieder gespickt sein mit Hinweisen auf den Mörder, bewusst falsch gelegten Fährten und einer gehörigen Portion Lokalkolorit.

Und dann kam das Wasser

Und dann kam das wasser

Langsam aber sicher bildet sich eine Schema heraus: Jedes Jahr im Herbst drängen Passau und die Donau in den Vordergrund des literarischen Interesses. Dagmar Isabell Schmidbauer kündigte bereits in „Der Tote vom Oberhaus“ Großes für den Herbst 2013 an. Und sie hielt Wort.

Doch die „zweite Jahrhundertflut“ veranlasste die Autorin den Roman noch einmal umschreiben und die Spannung noch greifbarer zu machen.

Kommissarin Franziska Steinbacher will endlich Urlaub machen mit ihrem Schatz. Doch schließlich sind wir in einem Krimi – und da kommt immer was dazwischen. Und da die junge Kommissarin bei der Mordkommission ist, kann es sich nur um eine Leiche handeln. Eigentlich kein Problem. Leiche bergen, obduzieren und schon hat man einen Anhaltspunkt. Dort, wo Donau, Inn und Ilz aufeinandertreffen, liegt eine Leiche in einem alten verlassenen Haus. Tja, und dann kommt das Wasser. Und keiner kommt mehr an die Leiche ran. Keine Leiche, kein Anhaltspunkt. Wo soll die Suche beginnen?

Das Erfolgsduo Hollermann / Steinbacher muss sich auf das besinnen, was sie in ihren Ausbildungen gelernt haben. Akribische Detektivarbeit.

Zumindest konnten sie den Leichnam noch einmal sehen, bevor das Wasser kam.

Das Haus, in dem der Tote lag, gehört einer Erbengemeinschaft. Vier Männer, die das Haus „in bester  Lage“ geerbt haben, teilen sich das Recht dieses Haus benutzen zu dürfen. Doch außer bei einem Auto, funktionieren vier Dinge niemals gleichzeitig, und schon gar nicht bewegen sie sich in eine Richtung. Drei der Vier wollen verkaufen. Einer nicht. Der Streit (und auch der Mord?) ist also vorprogrammiert. Nur, dass die Leiche keiner der Vier ist. Es ist der Anwalt der Erben, der ebenfalls einen Schlüssel für das nun überflutete Haus hatte. Doch der hat einen einwandfreien Leumund, er verschafft Immigranten Sprachkurse und Jobs. Warum sollte jemand diesen Gutmenschen umbringen? Und warum gerade in diesem Haus?

Franziska Steinbacher hat außer dem noch andere Sorgen. Walter, ihr Freund ist schon in den Süden geflogen. Nach Sizilien, dorthin, wo der Regen eine Erlösung und keine Herausforderung darstellt. Denn Walter hat eine Anstellung beim Theater bekommen. Und sie, Franziska, sollte eigentlich mit, für eine kurze Zeit. Was bleibt im Tränenmeer? Verzweifelte SMS eines verliebten Mannes, dem Franziska Steinbacher vertrauen kann oder nicht?

Es ist nicht einfach als Kommissarin im Gehirn von Dagmar Isabell Schmidbauer geborgen zu sein. Immer wieder hält die Autorin neue Charaktere – tot oder lebendig – parat. Immer wieder passiert etwas, dass die Protagonisten auf eine neue Spur lenkt. Und mittendrin der Leser, der sich vor Spannung fast ertrinkt.

PS: Es ist schon gute Tradition: Dagmar Isabell Schmidbauer macht schon Appetit auf den vierten Fall. Es geht also weiter im mörderischen Passau. An der mörderischen Donau. Mit mörderischen Geschichten…

Der Fengshui-Detektiv

01 - Der Fengshui-Detektiv

Gegensätze ziehen sich an. Sie gleichen sich aus. So ist es auch im Fengshui. Yin und Yang. Das Böse und das Gute. Soweit zu den Vorurteilen, die wir hegen und pflegen.

C.F. Wong ist Fengshui-Berater in Singapur. Seine Kunden bitten ihn um Rat, wenn sie ein Haus kaufen wollen. Denn ein Yin-Haus wird niemals ein Hort der Freude sein. Es wird ein einsames Haus sein. Wie gemacht wie für einen Mord, den keiner so schnell (oder am besten niemals) entdecken soll.

Mister Wong geht auch zu seinen Kunden. Richtet Räume und Möbel aus. Er ermittelt den besten Umzugstermin. Und er gibt Ratschläge in welche Richtung man ziehen soll. Das Rundum-Sorglos-Paket für alle, die an die Macht der Elemente glauben. In Singapur, im gesamten südöstlichen Asienraum ein einträgliches Geschäft. Mister Wong sieht seine Arbeit aber darin Zufriedenheit zu bereiten. Geld ist nur ein Nebeneffekt.

Einer seiner Kunden, beziehungsweise ein Freund seines Chefs, bittet ihn um einen ungewöhnlichen Freundschaftsdienst: Er soll dessen Tochter für eine gewisse Zeit als Assistentin bei sich aufnehmen. Das geordnete Leben des Mittfünfzigers wird durch die 17järhige Göre aus dem fernen Australien ganz schön durcheinander gewirbelt.

Doch hinter dem „ätzend“, „krass“ und „wie oder was“ steckt ein aufgewecktes Mädchen. Joyce McQuinnie oder einfach Jo ist der quirlige Gegenpol zum besonnenen C.F. Wong, der seine Gedanken gern niederschreibt. Sie ist direkt heraus, stößt ihr Gegenüber mit ihrer direkten erfrischenden Art ein ums andere Mal vor den Kopf. Jedoch niemals respektlos.

Bei ihrer Arbeit treffen die beiden immer wieder auf Verbrechen. Ein Verlag kommt trotz einer enthusiastischen Leserschaft auf keinen grünen Zweig. Schlechtes Verhältnis von Erde, Feuer, Metall, Wasser und Holz? Oder doch gezieltes Machenschaften eines Angestellten? Wie im Fengshui gibt es immer zwei Dinge, die sich gegenseitig beeinflussen. So auch in diesem Fall.

Nury Vitacchi lässt in seinen Kurzkrimis zwei Menschen aufeinander treffen, die nicht gegensätzlicher sein könnten. Nur zusammen lösen sie die kniffligen Fälle, die ihnen wie selbstverständlich vor die Füße fallen. Als Ausgangspunkt dient Singapur. Von hier aus reisen die beiden nach Indien, Vietnam und Malaysia. Das Verbrechen ist universell, genauso wie die Lehre von den fünf sich ausgleichenden Elementen.

Der Fengshui-Detektiv und der Geisterheiler

02- Der Fengshui-Detektiv und der Geistheiler

Das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse wiederherstellen, ist der Beruf, die Berufung von Mister Wong. Als Fengshui-Meister berät er seine Kunden in Sachen Yin und Yang. Dieses Mal stößt er – zusammen mit seiner blutjungen Assistentin Joyce – auf ein ganzes Meer Yang, also das Böse. Ein Kind wurde entführt, ein Gauner holt sich Rat bei einer Wahrsagerin (sie soll ihm das Todesdatum seiner „Auserwählten“ nennen, damit er weiß, ob es sich lohnt eine Lebensversicherung abzuschließen), und bei Wong im Büro verschwindet die Klimaanlage.

Alles sehr mysteriös. Joyce McQuinnie als modernes Girlie, die den Meister mit ihrer Jugendsprache zwar nicht auf die Palme bringt, dennoch so manches Mal ein Staunen ins Gesicht zaubert, ist hocherfreut als C.F. Wong mit Ihr auf seine Rechnung nach Australien fliegt. In ihr Geburtsland. Nach Sydney. Denn dort scheint die Lösung des Problems, der Probleme zu liegen.

Wong sucht den Ort der Millionenmetropole mit dem schlechtesten Fengshui. Und findet ihn. Auf dem Dach der weltberühmten Oper.

Nury Vittachis Ermittlerduo verlässt das heimische Singapur, um auf der südlichen Erdhalbkugel eine Frau vor ihrem vorbestimmten Schicksal zu retten. Die Polizei ist keine große Hilfe, denn ohne handfesten Beweis wollen die gar nicht erst eingreifen. Und eine weitere Macht ist im Spiel. Mysteriös bis sie ihre Masken fallen lässt: Ein Triaden-Clan aus Hongkong.

Mister Wong und Jo müssen erkennen, dass mit Fengshui Vieles zu erklären ist, viele Sachen aber eben nicht zu verhindern sind.

Der Fengshui-Detektiv und der Computertiger

03 - Der Fengshui-Detektiv und der Computertiger

Alles ist im Fluss. Der Körper befindet sich – dank hochmoderner Analysegeräte und –techniken – im absoluten Gleichgewicht. Wer in so einem Fitnessstudio trainiert, dem kann so schnell nichts aus den Sneakers kippen. Denkt man! Denken sich auch die Mitglieder. Doch schlechtes Fengshui macht ihren Gedanken einen Strich durch die Rechnung. Man könnte auch sagen, dass ein Mitglied beim Training ums Leben gekommen ist. Vielleicht weil die Dosis Sport zu hoch war, falsch berechnet wurde?

C.F. Wong, der rührige Geomant, das ist ein Fengshui-Meister, und seine Assistentin Joyce sollen der Ursache für den Todesfall auf den Grund gehen. Leicht verdientes Geld. Eine schicke Reise. Und der Fall ist so einfach, dass Joyce den Fall allein lösen kann. Ach, Mister Wongs Welt könnte soooo schön und erholsam sein…

Das ist nur eine Geschichte dieses Bandes. Der Fengshui-Meister und seine um Einiges jüngere Assistentin Joyce McQuinnie müssen außerdem noch die Garage des neununddreißigstreichen Asiaten ausrichten. Ja, der neununddreißigstreiche Asiate! Mister Wong steht auf solche Spielchen. Das ist gut fürs Geschäft. Denn der rundliche, Harmonie schaffende Meister ist auch Geschäftsmann. Und was für einer! Er kann zwar den Wert der Oldtimer, die in der Garage schlummern, nicht einschätzen, weiß jedoch, dass das ein so reicher Kunde weitere ähnliche Kunden im Schlepptau haben kann.

Nury Vittachis Geschichten über Wong und Joyce sind die moderne Verknüpfung von althergebrachten Weisheiten und Ritualen, gepaart mit den Annehmlichkeiten und Errungenschaften der Gegenwart. Obgleich er seine Assistentin nicht immer versteht – ihre Jugendsprache ist aber auch manchmal wirklich zum Verzweifeln krass – beweist sie ihm ein ums andere Mal, dass er ohne sie nicht so schnell voran kommen würde.

Die Fälle, die beide dieses Mal zu lösen haben, sind keine knallharten Action-Fälle mit viel Tam-Tam. Vielmehr verlangen sie Grips und Gelassenheit. Und dafür ist Mister Wong genau der Richtige!

Shanghai Dinner

04 - Shanghai Dinner

Wer etwas auf sich hält und sein Geschäft erweitern will, muss am Pulsschlag der Globalisierung horchen. Und wo kann man das am besten, am erfolgreichsten? In Shanghai. Kaum ein Tag ohne bauliche Veränderungen, die jeden Stadtplan ad absurdum führen. So ist es nicht verwunderlich, dass auch Mister Wong, der Fengshui-Detektiv sich hier niederlassen will. Denn hinter dem listigen kleinen Mann steckt ein Bär von einem Geschäftsmann.

Zusammen mit seiner Sekretärin Winnie Lim und seiner Assistentin Joyce will er den Milliardenmarkt China erobern. Doch auch hier steht vor dem Vergnügen die Arbeit.

Eine Woche ist er nun schon in der chinesischen Millionenstadt. Und er hat das Büro, das ihm besonders gutes Chi verspricht. Die Balance zwischen Yin und Yang stimmt. Mit einem gehörigen Übergewicht an Yin, also der „guten“ Energie. Mister Wong kann sich so seinem Vermächtnis, der Niederschrift asiatischer Weisheiten hingeben. Bumm! Die Erde bebt! Oder doch nicht? Was war das? Ein markerschütternder Knall durchbricht die Konzentration. Der Energiefluss des Büros wird empfindlich gestört. Mister Wong und seine Assistentin inkl. Sekretärin sehen sich einer riesigen Abrissbirne gegenüber! Shanghai ist wohl doch nicht das richtige Pflaster für die Drei?!

Nury Vittachi lässt seine Helden das komplette Shanghai-Programm durchlaufen: Stau (und was für einer!), militante Tierschützer (die außerdem noch ein ganz anders Ziel zu verfolgen scheinen) und die geballte Macht des chinesischen Machtapparates. „Shanghai Dinner“ macht Appetit. Mister Wong ist schwer zu erreichen – sei Büro wurde ja dem Erdboden gelichgemacht. Dennoch finden seine Klienten zu ihm. Ein verschwundenes Kind und ein Staatsbesuch – Nury Vittachi lässt nichts aus, um den Moloch Shanghai zu beschreiben. Und dabei huschen ihm und dem Leser immer wieder Lachfalten übers Gesicht. Wie bei der Geschichte über den weißen Elefanten, der … diese explosive Geschichte muss man einfach lesen!

Mister Wong fällt die ehrenhafte Aufgabe zu, sich Shanghai und dem aus den Fugen geratenen Energiefluss anzunehmen. Ihm wird klar, dass die Dinge auch auf den zweiten Blick oft anders sind als sie scheinen.