Archiv für den Monat: August 2015

1965 – Rue de Grenelle

1965 - Rue de Grenelle

Rue de Grenelle, Paris. Beste Wohnlage. Hier wird sich Steffen im Oktober 1965 auf seine Aufnahmeprüfung an einer Eliteschule vorbereiten und ein paar schöne Tage bei seinem Freund André verbringen. Lang haben sie sich nicht gesehen und sicherlich viel zu erzählen.

Doch es kommt ganz anders. Die unbekümmerte Vertrautheit der Vergangenheit ist geschäftigem Treiben gewichen. André ist schwer beschäftigt. Zusammen mit Anderen arbeitet er an einer Karte des Pariser Untergrundes. Vor zwanzig Jahren waren die Katakomben unter der Stadt Zufluchtsort für alle, die dem Naziterror entkommen konnten. André ist zeitweise richtig abweisend zu Steffen. Und über die überaus spannende Arbeit will er auch nicht reden.

Bei einem Konzert von Chet Baker lernt Steffen Sarah kennen. Auch sie scheint in Eile zu sein. Als Steffen eine unbedachte Äußerung macht, ist sie weg, bevor er sich für seine Torheit entschuldigen kann. Die Gelegenheit zur Entschuldigung kommt für ihn früher als er denkt. Sie ist Jüdin und fand seinen lockeren Spruch über Chet Bakers Aussehen, das er mit dem von KZ-Überlebenden verglich mehr als unpassend. Trotz seiner Naivität fühlt sich Sarah zu ihm hingezogen. Sie arbeite an einem Dokumentarfilm, erzählt sie ihm freimütig. Steffen beginnt sich für die Schönheit, die ihm doch nicht so viel von sich erzählt wie er anfangs meint, zu interessieren.

Andrés Art verstört Steffen zusehends. André, der weltoffene Freigeist, der dem deutschen Nachkriegskind die Vorzüge der französischen Kultur näherbrachte, wirkt ruppig, ja fast schon ablehnend. Steffen scheint André irgendwie zu stören bei dem, womit André sein Geld verdient.

Die Aufnahmeprüfung ist durch, die Heimreise steht bevor. Doch Sarah geht Steffen nicht aus dem Kopf. Viele raten ihm von der Beziehung ab. Aaron, der Steffen als Sarahs Vater vorgestellt wurde, mag Steffen nicht. Als Auschwitz-Überlebender hat er mit der Vergangenheit noch nicht abgeschlossen. Die zwielichtigen Genossen, mit denen Aaron und Sarah öfter zusammenhängen erregen Steffens Aufmerksamkeit. Und er ihre! Grob und bestimmt bitten sie ihn seine Spionagetätigkeit einzustellen. Spionage? Was soll das jetzt? Als er André darauf anspricht, reagiert er wortkarg.

Sarah und Steffen finden zueinander, verbringen eine wunderbare Zeit. So hatte sich Steffen seinen Aufenthalt hier vorgestellt. Laissez-faire, une affaire, tres bien.

Sarah ist irgendwie in irgendwas verstrickt. Als Jurastudent, der sich mit der Schuldfrage seiner Generation nicht nur aus Studienzwecken beschäftigt, reimt sich Steffen einiges zusammen. Nicht immer zu seinem Vorteil. Die Einschläge der Gewissheit werden immer heftiger und kommen öfter…

JR Bechtle verwebt eine rührende Liebegeschichte im Dickicht der Ober- und Unterwelt der Stadt der Liebe mit einem waschechten Politthriller. Mehdi Ben Barka war einst Präsident Marokkos bevor er das Land verlassen musste. Ende Oktober 1965 wird er in Paris entführt und ermordet. Die Mörder wurden gefasst und verurteilt, die Hintermänner halten sich bis heute bedeckt.

Die Jüdin Sarah reist im Roman öfter zu Ben Barka nach Genf. Ihre Rolle in dem Drama ist schwer zu durchschauen, sowohl für Steffen als auch für den Leser. Selten zuvor wurden recherchierte Fakten derart gelungen in einem Roman miteinander verbunden. Dieses Buch ist eine Neuentdeckung, selbst für Paris-Kenner. Die Unterwelt als erlebbares Highlight heute nur nach Voranmeldung erlebbar, wird durch dunkle Gestalten und geheimnisvolle Bewohner der Stadt nachvollziehbar.

Paris als Tummelplatz für Künstler und Agenten – „1965 – Rue de Grenelle“ zieht unaufhörlich den Leser in seinen Bann. Steffen ist kein Agent, kein neugieriger Junge, der auf Tom Sawyers Pfaden wandelt. Dennoch lässt er sich unmerklich in den Strudel aus politischer Intrige und gefühlvoller Romanze hineinziehen. Den Leser im Schlepptau. Immer tiefer, immer weiter in den Untergrund von Paris. So hat man Paris noch nie gesehen.

Für die Oberfläche empfiehlt sich der Band „Impressions of Paris“ aus der City Impressions Reihe von Vagabond books. Beide Bücher beeindrucken durch ihren Detailreichtum über die Stadt an der Seine. Beide sind auf ihre Art Schwergewichte für jeden, der Paris ober- und unterhalb von Tour Eiffel und Arc de Triomphe kennenlernen möchte. Das Licht des Alltags erstrahlt derart intensiv, dass das Ungewöhnliche als normal erscheint.

City impressions – Paris

Paris City Impressions

Eine Stadt sieht man zuerst immer durch ein Zugfenster, ein Guckloch im Flieger oder durch die Autoscheibe. Dieses Paris sieht man zuerst durch Paris. Klingt unlogisch? Wie alle Bücher der beeindruckenden Reihe City Impressions ist der Einband mit dem Umriss der Stadt durchbrochen und gibt den Blick auf die ersten optischen Leckerbissen preis. Im Gegensatz zu anderen Bildbänden wird in diesem Band das Niveau auf ganz hoher Linie gehalten.

Bernd Rücker fotografiert Einzigartiges, Momentaufnahmen, die nie wiederkommen. Er setzt Paris so gekonnt in Szene, dass einem beispielsweise die Glaspyramide des Louvre so neu vorkommt, dass man daran zweifelt jemals dort gewesen zu sein. Alltagsposen werden auf ein Podest gehoben, das man als Tourist niemals als solches wahrnehmen würde.

Paris kennt man, entweder war man schon mal dort oder hat eine der zahlreichen Reportagen im Fernsehen mit Interesse verfolgt. Die Seine und der Triumphbogen taugen schon lange nicht mehr als Quizfragen. Auch, dass das Original der Freiheitsstatue in der Seine auf Entdecker wartet ist ein Mythos. Das weiß jeder. Und jeder hat dies alles schon mal fotografiert, um zu beweisen, dass man auch zu den jährlich über fünfzehn Millionen ausländischen Besuchern der Stadt der Liebe zählt. Doch was kommt nach dem Urlaub, dem Citytrip? Alltag. Trist und grau. Das Eis bei Berthillon auf der Île de la Cité – vergessen. Der vin rouge im Pigalle – ein fader Nachgeschmack, mehr nicht.

Die Paris-Ausgabe der City Impressions von Vagabond-books lässt die Erinnerungen wieder hochleben und vieles, das man so im Vorbeigehen mitgenommen hat in einem völlig neuen Licht erstrahlen. Close ups, die das augenblickliche Paris für immer festhalten und die Sehnsucht nach baldiger Wiederkehr schüren.

Irgendwo zwischen „das kenn ich doch“ und „kommt mir irgendwie bekannt vor“ blättert man sich sorgsam Seite für Seite durch das opulente Schwergewicht. Wie in Paris gibt es immer was Neues zu entdecken.

Und wer noch niemals in Paris war, der erlebt ein bildgewaltiges Wunder. Doch er wird mit dem Gesehenen nicht allein gelassen. Ein weiteres Markenzeichen der City Impressions sind die kleinen Geschichten. Florence, die Ausreißerin, die die Stadt mit den Augen (in diesem Falle) einer Unschuldigen sieht. Adrien, der Straßenmusiker, der nur hier die Musik atmen und sich ihr ganz und gar hingeben kann. Paris als Stadt der Träume und der Musik, aber vor allem der Liebe. Die kurzen Abschnitte gönnen den Augen die nötige Ruhe, um nach ein paar Minuten wieder in den Bilderrausch eintauchen zu können.

Auch „Paris – Eindrücke aus Paris / impressions of Paris“ ist in zwei Varianten erhältlich: Deutsch / Englisch und Französisch / Spanisch. Bei einer Grüße von 32 mal 30 Zentimetern und einem Gewicht, das man schon in Kilogramm misst, sicherlich kein Buch, dass man in Paris ständig unterm Arm trägt. Aber hinterher – also nach dem Urlaub – immer wieder hervorkramen wird.

Das private Leben der Impressionisten

Das private Leben der Impressionisten

Unvorstellbar! Paris ein stinkendes Loch, keine Boulevards, keine Prachtbauten. Und zwischendrin Maler, die für ein paar Francs Monatsgebühr malten und malten und malten, nur um des Malens willen. Das Erscheinungsbild hat sich gewandelt: Paris ist eine der meist besuchten Städte der Welt. Und die Bilder von Claude Monet, Camille Pissaro und Paul Cezanne erzielen regelmäßig schwindelerregende Preise. Dieses Bild ist gerade mal reichlich anderthalb Jahrhunderte her. Monet malte Karikaturen und konnte schon gut davon leben. Cezannes Aktbilder erregten damals schon Aufsehen, öffentlich, weil die Damen nackt waren, bei Kollegen wegen des groben Stils. Hier im Atelier von Pere Suisse begann das, was alsbald als Impressionismus die Welt veränderte.

Sue Roe unternimmt mit dem Leser einen umfassenden bild- und wortgewaltigen Rundgang durch das Leben der Impressionisten. Sie führt an Orte, die vielfach auf Gemälden festgehalten wurden. Sie malt buchstäblich Bilder vom Schicksal einer Gruppe Künstler, die erst zweieinhalb Jahrzehnte später mit einer Ausstellung in Amerika den Ruhm zugesprochen bekam, der ihr zustand.

Cezannes Ankunft in Paris blieb Monet verborgen, er musste seinen Militärdienst in Algerien leisten. Nach seiner Rückkehr an die Seine besuchte er die Schule von Charles Gleyre. Dort studierten zu der Zeit auch Pierre-Auguste Renoir und Alfred Sisley. Das halbfertige Paris und die halbfertigen Impressionisten – eine brodelnde Zeit. Alle Künstler hatten sich bei ihren Studien kennengelernt. Edouard Manet hingegen stieß durch den von Napoleon III. angeregten Salon des Refusés der illustren Truppe. Hier wurden alle von der Akademie abgelehnten Bilder ausgestellt. Galeristen und Agenten gab es damals kaum bis gar nicht. Edouard Manet brachte Edgar Degas in die Gruppe ein. Die war nun fast komplett…

Paris als Lehrstätte war gerade gut genug. Ihrer Kunst gingen die Künstler vor den Toren der Stadt nach. Hier tummelten sie sich unter den Vergnügungssüchtigen der Stadt. Nach und nach bekommen ihre Bilder Struktur, werden durch Zolas Artikel einem breiteren Publikum zugängig. Anerkennung von der Akademie? Fehlanzeige! Werden zu Beginn des Buches die Grundlagen für den Leser gelegt, damit er Impressionismus, die Zeit, die Moralvorstellung erkennt, nimmt das Buch ab dem zweiten Viertel richtig Fahrt auf. Kleinere Streitereien – Degas liebt es Manet zu foppen, der wiederum ist genervt, das Monet von dessen Ruf zu profitieren scheint – bringen Schwung in die immer noch starre Gruppe.

Eine Biographie über einen Künstler zu schreiben, ist eine Aufgabe, die man nicht eben so erledigt. Archive müssen gewälzt, Experten befragt werden. Bei einer Biographie einer ganzen Künstlergruppe gibt es zwei Möglichkeiten: Man schreibt zu jedem der Mitglieder eine Biographie und versucht dann Parallelen und Schnittpunkte zu finden oder man macht es wie Sue Roe. Sie lässt das Leben der Mitglieder Revue passieren. Oft sind sie gemeinsame Wege gegangen, haben in den gleichen Cafés das Leben beobachtet und gemalt, diskutiert, später ihre Kunst hinterfragt und ihren eigenen Weg beschritten.

„Das private Leben der Impressionisten“ ist keine Aufzählung markanter Ereignisse im Leben einer Gruppe von Künstlern, die unverstanden erst spät in den Fokus der Öffentlichkeit traten. Sie waren zu Lebzeiten bekannte Künstler, mal mehr, mal weniger erfolgreich. Anerkannt bzw. bekannt waren sie allemal. Was dieses Buch von allen anderen derart hervorstechen lässt, ist die genüssliche und faktenreiche Erzählweise. Wie in einem fortschreitenden Roman treten reale Personen auf, die wie Du und Ich ihrer Leidenschaft frönten. Alle Anekdoten sind belegt, ihre Intensionen nachvollziehbar. Wer, wann, warum welchen Weg einschlug, bebildert Sue Roe mit Worten, die sich nicht hinter den Werken der Protagonisten verstecken müssen.

Germany 2064

Germany 2064

Der Titel verrät es: Wir sind im Deutschland des Jahres 2064. Viele heutige Leser werden diese Zeit nicht mehr erleben. Die, die dann noch leben, werden dieses Buch als Andenken á la „weißt Du noch“ von Wohnort zu Wohnort mitschleppen. Oder als Warnung oder als ein Ding aus einer anderen Welt.

Ein Konvoi wird lautlos überfallen. Fahrerlos steuern die Trucks ihrem Ziel entgegen. Immer im gleichen Abstand, von Drohnen überwacht. An Ultraleichtfliegern seilen sich nicht minder lautlos und präzise Männer herab und öffnen die Container. Das Objekt ihrer Begierde sind ungeheuer teure und ungeheuer effiziente Neobiotika. Sie stoppen die polyresistenten Bakterien. Der Verlust einer Drohne wird bemerkt. Doch da ist das geklaute Gut schon längst über alle Berge. Überwachung ist gut, doch wenn die Informationsübermittlung und deren Auswertung immer noch eine gewisse Zeit dauert, dient Überwachung nur bedingt der Prävention.

Bernd Aguilar, jahrgangsbester Polizist wird heute seinen neuen alten Partner wieder sehen. Roberto heißt er und ist ein AP, ein automatisierter Partner. Oder einfacher: Ein Roboter. Drei Jahre waren sie getrennt, einst waren sie das Traumpaar der Polizei. Roberto war zuverlässig, warf sich in die Schusslinie für seinen humanen Partner und war sogar ein bisschen eifersüchtig als Bernd „ein Eigenleben nach der Arbeit zu entwickeln begann“. Großer Bahnhof bei der Vorstellung des verbesserten Robertos. Randnotiz: Auch 2064 wird in einem Mercedes vorgefahren und die Presse veranstaltet ein Blitzlichtgewitter – manches ändert sich nie.

Den Gegenentwurf zur durchtechnisierten Stadtwelt bilden die freien Gebiete. Hier wird Gemüse angebaut, man folgt dem Sonnenstand, Live-Musik und einer Lebensweise fast ohne technische Hilfsmittel. Und es ist auch der Ort, an dem sich die High-Tech-Städter treffen, um zu essen. Das tut auch Friedrich Wendt, der Erfinder und Erbauer von Roberto. Zusammen mit Christina, einer Autorin, die er gern für sein Unternehmen gewinnen möchte, genießt der über Hundertjährige sein Mahl. Anschließend wollen sie auf dem Hof seines ehemaligen Angestellten Klaus Miller noch das Konzert von Hati Boran besuchen. Doch dazu soll es nicht kommen. Hati Boran wurde entführt. Angeblich von einem Roboter aus dem Hause Wendt.

Manchmal ist es doch besser nicht zu wissen, was die Zukunft bringt. Martin Walker zeigt in seiner Vision, was im Jahr 2064 alles möglich sein kann. Und so einiges ist gar nicht mehr so fern wie man meint. Erst vor Kurzem gab es wieder Meldungen, dass umfangreiche Tests mit selbstfahrenden LKWs erlaubt werden. Kurz vor Erscheinen des Buches lief im Fernsehen ein Beitrag über die Gefahr von Drohnen, die von Amateuren gesteuert werden. Immer wieder machen Horrormeldungen über resistente Bakterien die Runde. Wie weit sind wir von Germany 2064 noch entfernt? Neunundvierzig Jahre sind keine Ewigkeit…

Martin Walker verwebt die grundverschiedenen Lebenswelten zu einem utopischen Klangteppich ohne den Bezug zur Gegenwart zu verlieren. Als Mitglied des Think Tanks „Global Business Policy Council“ von A.T. Kearney, einer Beratungsgesellschaft, die auch deutsche Politiker zu ihren Klienten zählt, ist er sozusagen direkt den Geschehnissen der Gegenwart und Zukunft beteiligt. Normalerweise arbeiten diese Denkfabriken im Verborgenen. Martin Walker gewährt einen kleinen Einblick. Und an so mancher Stelle blitzt sogar Bruno auf. Beispielsweise dann, wenn Traditionen einfach nicht gebrochen werden dürfen, sondern das Bewährte sich bahnbricht. Spätestens beim Essgenuss hört der Fortschritt auf!

Wanderungen in und um Wien

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Zweiundzwanzig Genusstouren verspricht dieses kompakte und handliche Reisebuch. Wien bietet sich an es zu Fuß zu erkunden. Nicht nur, weil die Ausdehnung der Stadt überschaubar ist, sondern vor allem, weil es an jeder Ecke etwas zu entdecken gibt. Die Prachtbauten an der Ringstraße, die kleinen Gassen und Straßen mit ihren pittoresken Fassaden und einladenden Geschäften sind ein Augenschmaus und lassen die Wegstrecken schnell vergessen.

Und doch bietet es sich an einen Wegbegleiter zur Hand zu haben. Den Einstieg, in die Stadt als auch im Buch, bietet sich das Obere Belvedere an. Und wohin geht’s? Natürlich zum Stephansdom, dem Wahrzeichen der Stadt, an den Ort, den jeder Wiengast besuchen muss. Die Kunstsammlung in den beiden Schlössern (Unteres wie Oberes Belvedere) sollte man sich nicht entgehen lassen, bevor man sich auf den Weg zum Steffl macht. Unterwegs empfiehlt es sich links und rechts das Auge schweifen zu lassen. Der Stadtpark ist die erste Oase der Ruhe. Kurz gefolgt von der Zweiten. Den ersten Zwischenstopp (zweite Ruheoase) sollte man im Café Frauenhuber einlegen. Das älteste Caféhaus der Stadt steht seit über zweihundert am Platz. Hier musizierten schon Beethoven und Mozart. Und schon ist man fast am Ziel angelangt.

Wien auch mal von oben erleben, das geht nicht nur im Prater, auf dem Riesenrad. Wer ein wenig nach außen wandert, kann den Hermannskogel erklimmen, den höchsten Berg Wiens. Los geht‘s am Sievering und dann durch den Wienerwald. Wer den Gipfel geschafft hat, kommt in den Himmel. Versprochen. Was es damit auf sich hat, muss es erleben oder zumindest ein wenig in diesem Buch blättern.

Zahlreiche kleine Informationstafeln, Höhenprofile und ansprechende Karten verschaffen dem Wanderer und Leser einen exakten Überblick, was Wien zu bieten hat. Die Touren sind für jedermann zu schaffen undkompakt beschrieben. Wie lange man sich Zeit nimmt, entscheidet man selbst. Drei Kilometer Zentralfriedhof sind in normalem Schritttempo in einer Stunde zu schaffen, doch dann geht der Reiz der Parkanlage verloren. Auch Schloss Schönbrunn kann man in relativ kurzer Zeit bewältigen. Wer mit dem Schrittzähler Wien beschreitet, wird Wien nicht kennenlernen. Genussvoll voranschreiten, verweilen, Atmosphäre aufsaugen, einkehren – die Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten ist unbeschränkt. Franz Wille hat mit seinem Wanderführer ein handliches Buch erstellt, das in jede Tasche passt und immer schnell und übersichtlich Auskunft gibt, wo man ist und was es zu erkunden gilt.

Polnische Ostseeküste

Polnische Ostseeküste

Warum in die Ferne schweifen …? Die Ostsee war und ist schon immer ein Renner für alle, die die Heimat der großen weiten Welt vorziehen. Wer schon einmal Usedom besucht hat (am besten mit dem Reisebuch vom Michael-Müller-Verlag) weiß, dass die Ostsee nicht automatisch an der Grenze endet. Und warum soll die Ostsee weiter östlich nicht auch eines Besuchs wert sein? Spätestens mit der fünften Auflage dieses Buches gibt es keine Ausreden mehr.

Isabella Schinzel unterteilt ihr Buch in fünf Abschnitte: Szczecin und die Insel Wollin, die Küste Pommerns, die kaschubische Küste und die kaschubische Schweiz, Trójmiasto – die Dreistadt und das Weichseldelta, Frische Nehrung und Frisches Haff. Und gleich auf den ersten Seiten beweist sie mit Bildern und allein schon durch die Überschriften, dass hier Segler ein El Dorado finden, spektakuläre Dünenlandschaften auf sonnenhungrige Abenteurer warten und smaragdgrüne Seen aus der Eiszeit auf neugierige Entdecker warten. Es soll sogar noch Ecken geben, an denen man fast ganzjährig ungestört entspannen kann. Weiter westlich ein Ding der Unmöglichkeit. Wo diese Ecken liegen? Lesen, merken, Koffer packen.

Am bekanntesten ist sicherlich Gdánsk / Danzig mit dem Seebad Sopot und der Hafenstadt Gdynia. Zusammen bilden sie die Dreistadt Trójmiasto. In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten ist hier am meisten gebaut undverändert worden. Man hat sich auf Touristen eingestellt. Und die spüren das auch. Sehr gute Verkehrsverbindungen und allerlei Cafés und Geschäfte vertreiben auch noch den letzten Hauch von „Und was machen wir jetzt?“.

Unbekannter ist vielleicht noch die Küste Pommerns. Wohltuend nimmt der Leser die vorrangig polnische Bezeichnung der Ortsnamen zur Kenntnis. Etwas kleiner geschrieben die deutschen Namen. Auch nach so langer Zeit hat es sich in Deutschland immer noch nicht durchgesetzt die mittlerweile seit Generationen benutzten Namen zu verwenden. Der Tourismus boomt auch ohne die germanischen Krücken. Ob die spätgotische Kathedrale nun in Kamien Pomorski oder in Cammin steht, ist sicherlich auch unerheblich. Einen Besuch sollte man auf alle Fälle einplanen.

Viele Anekdoten, nicht minder Wissenswertes und vor allem einen Berg an Informationen bietet dieser 288 Seiten starke Reiseband. Sieben Wanderungen und Touren sind bis ins kleinste Detail ausgekundschaftet worden und machen es dem Gast leicht sich zurechtzufinden, wenn er sich die Rosinen aus dem reichhaltigen Füllhorn der Angebote bedient hat.

Farbig abgesetzte Kästen erzählen vom Astronomen Nikolaus Kopernikus über den deutschen Orden bis hin zum ultimativen Biertest alles, was sonst so in keinem Buch steht. Die Polnische Ostseeküste ist sicherlich kein Geheimtipp im eigentlichen Sinne mehr, dennoch, und das stellt Isabella Schinzel ganz klar unter Beweis, gibt es hier noch vieles zu entdecken, was lange verschollen schien, vergessen war oder bisher nie in Erscheinung getreten ist. Und man kann endlich wieder Geld tauschen…

Das Lied von Jaburek

Das Lied von Jaburek

 

Egon Erwin Kisch – ein Name wie Donnerhall, wenn es darum geht Metropolen der Welt mit den Augen von einst zu sehen. Seine Reportagen zeugen auch heute noch – fast siebzig Jahre nach seinem Tod – von der Pracht der Bauten, vom Leben der Menschen zwischen Hungersnot, eleganten Hotels und ausladenden Avenuen.

Kisch hat dort recherchiert, wo keiner freiwillig hingeht. Aus dem Obdachlosenasyl berichtet er von den Menschen, die bar jeder Hoffnung in den Tag hineinleben müssen. Amüsant hingegen ist sein Bericht darüber, wie man die Brückenmaut umgeht – kaum ein Thema ist derzeit aktueller. Damals – also vor rund einhundert Jahren – waren einige Brücken, bis auf die Karlsbrücke, mautpflichtig. Zwei Heller musste man berappen. Diese wurde von einem dienstbeflissenen Zöllner gefordert und kassiert. Kisch kam mit einer Gruppe von acht Leuten an der Brücke an. Der Erste zahlte mit einer 20-Kronen-Note, und er bekam 19 Kronen 98 Heller zurück. Beim Zweiten das gleiche Spiel, der Zöllner begann zu schnaufen. Ab dem Dritten war die Brücke frei. Heute sind in Prag alle Brücken kostenfrei. Und an den Mautstationen stehen Automaten, die immer genug Wechselgeld haben. Schade eigentlich! Wie der rasende Reporter wohl heute darüber berichten würde?

Tagelöhner, Tagediebe, leichte Mädchen auf der einen Seite, Polizisten, Wirtsleute, Soldaten auf der anderen Seite. Kisch kennt sie alle, die Sieger und Verlierer des Tages und der Zeit. Ihnen gehört seine Aufmerksamkeit – sie verewigt er in seinen Kolumnen. Egal, ob sie namenlos auf der Suche nach Arbeit oder einer Unterkunft sind, oder in Liedern als Helden besungen werden. So wie der Jaburek, der immer weiter lädt und lädt. Was seine singenden Kameraden zum Trinken animiert… Manchmal sind es aber auch unbesungene Helden. Modratschek ist so einer. Eine Zeitlang hat er einem Mayer immer die Post nachgeschickt, Freund von ihm bei sich aufgenommen. Dann wird er eines Tages von Lenin gegrüßt. Nicht persönlich, Lenin lässt ihm Grüße ausrichten. Lenin, entgegnet der Verdutzte, kenne er zwar, sei ihm aber nie begegnet. Oh doch! Nur nannte er sich damals eben Mayer.

Egon Erwin Kisch war ein Reporter der alten Schule. Prag war seine Stadt, hier war er der ungekrönte König der Straße und des Klatsch. Er kannte alle, alle kannten ihn. Wenn er seinen Stift zückte, konnte man sicher sein, dass etwas Spannendes dabei rauskam. Noch heute lassen seine Geschichten den Leser schmunzeln, staunen, die Stirn runzeln. Die in diesem eleganten Büchlein zusammengefassten Reportagen sind ein Querschnitt seiner Arbeiten, die Anfang des vergangenen Jahrhunderts erschienen.

Puntarelle & Pomodori

Puntarelle und Pomodori

Puntarelle e Pomodori – klingt nach Lausbubengeschichten aus Italien. Der kleine Puntarelle und sein Freund Pomodori machen es den Händlern in der Straße um die Piazza del Popolo nicht leicht sie zu mögen. Laut lärmend machen sie ihr Viertel unsicher, immer irgendeinen Schabernack ausheckend fallen sie über Gemüsestände, prall gefüllte Obstauslagen und die Süßigkeiten her.

So weit gefehlt, ist es dann doch nicht. Puntarelle ist auch als Vulkanspargel bekannt und Pomodori sind Tomaten. Und um die geht es bei Luciano Valabrega. Vor allem um deren Zubereitung. Ein Kochbuch also?! – Auch! Vor allem aber ein Buch zum Schwelgen, lesen, Lippen lecken und nachkochen. Luciano Valabrega beschreibt sein Leben, vor allem aus kulinarischer Sicht. Als Kind jüdischer Eltern gab es auch für ihn eine Zeit, in der Schweigen mehrzählte als ein gefüllter Magen. Die Händler des Viertels in Rom, in dem die Familie lebte versorgten ihn und seine Familie mit allerlei Lebensmitteln. Nachdem die Faschisten mit eingekniffenem Schwanz die Regierungsbank und die Straßen räumten, begann für sie alle ein neues Leben. Doch die Verbindungen von einst hielten und halten bis heute.

Die Obstlerin Trieste hatte immer die besten Früchte, Arnaldo das feinste Fleisch und Feinkosthändler Ruggero sorgt für den Rest des gedeckten Tisches.

Zu dieser Zeit begann Luciano Valabrega die Ereignisse zu Tisch niederzuschreiben. Nun lässt er den Leser an der gedeckten Tafel platznehmen. Das Aufgetischte ist so typisch italienisch, dass es einem schon beim bloßen Lesen der Gerichte das acqua im bocca zusammenlaufen lässt.

Er belässt es aber nicht bei einer schnöden Essenseinladung. Schwungvoll – wir sind schließlich in Italien! – gibt er noch die eine oder andere Anekdote zum Besten. Und gibt Ratschläge, wo in Rom man am besten welche Zutat einkauft. Rogen zum Beispiel für die Bottarga: In den Feinkostläden im Zentrum, beim Sarden, in der Nähe der Synagoge. Beim nächsten Rom-Besuch sollte man mal schauen, ob das stimmt.

Was wäre Italien, Rom ohne Pasta? Wie Hamburg ohne Fischbrötchen, London ohne Fish ‘n Chips, Wien ohne Schnitzel – nur die Hälfte, wenn überhaupt. Die Hingabe, mit der Luciano Valabrega Puttanesca, Amatriciana, Carbonara und Arrabiata bzw. deren Zubereitung beschreibt, macht die Menüwahl für die kommenden Tage zu einer leichten Aufgabe. „Puntarelle & Pomodori“ ist ein Appetitmacher. Ein Appetitmacher auf leckeres Essen, auf Italienurlaub, auf einen Rom-Trip, den man so wahrscheinlich nie machen würde.

Sieben Jahre Nacht

Sieben Jahre Nacht

Es ist ein trostloser Flecken Erde, auf dem Choi Sowon lebt. Und trostlos scheint auch sein Leben zu sein. In seinem Dorf, ist er einer von Zwölfen. Und mit Abstand der jüngste. Hier ist nichts, gar nichts. Arbeit, ein bisschen Bootfahren, Tauchen, Basketball, Eins gegen Eins. Mehr nicht. Sowon, das ist der Sohn des Stauseemonsters. Des Menschen, der vor sieben Jahren mehrere Menschen ermordete, den Stausee flutete, und somit vier Polizisten in den Tod riss. Sowon ist der einzige, der überlebte.

Doch was heißt „leben“? Das Stigma des Sohnes eines Monsters haftet an ihm wie Pech. Als Kind wurde er geschnitten. Als Mediensensation missbraucht. Nur der Onkel, ein ehemaliger Kollege seines Vaters, des Stauseemonsters, ist ihm noch geblieben. Er kümmert sich um ihn. Die Verwandten wollten den Kleinen nicht. Wenn Sie das Erbe erhalten hatten, war der Kleine für sie unbrauchbar. Was heißt schon „leben“?

Choi Sowon ist jetzt ein junger Mann, blickt zurück auf das Gewesene bis eines Tages ein paar Männer auftauchen. Gutes Benehmen ist ihnen fremd. Herablassend fallen sie in das kleine Örtchen am Ende der Welt ein. Bein einem Tauchgang sterben drei der vier Eindringlinge. Der Fall erregt Aufmerksamkeit, besonders als herauskommt, dass einer aus der Rettungsmannschaft eine Vorgeschichte hat: Choi, der Sohn des Stauseemonsters.

Das Buch nimmt nun richtig Fahrt auf. Jede Figur wird mit einer kurzen Geschichte vorgestellt. Und es tun sich hier und da Parallelen auf. Der Leser wird gefordert und belohnt. Sowons Vater war einst Baseballspieler, ein eher mittelmäßiger Catcher, dafür umso begnadeter Trinker. Nur seine Frau vermag es ab und zu ihn noch in die Schranken zu verweisen.

Die Tochter des Parkbesitzers, in dem sich der Staudamm befindet, ist verschwunden. Die Polizei tappt im Dunkeln. Im Mikrokosmos Staudamm ist die Welt nicht in Ordnung, doch die Natur der Menschen zielt darauf jedwedem Ärger aus dem Weg zu gehen. Missgunst gibt es nur hinter vorgehaltener Hand. Und zwischendrin ein Kind, das sieben Jahre Nacht vor sich haben wird…

Was für ein Anfang: „Ich bin der Henker meines Vaters.“ Da kann es ja nicht mehr viel besser werden. Doch! Und zwar auf über fünfhundert Seiten. Jede einzelne Seite des Buches zieht den Leser tiefer in seinen Bann. Jeong Yu-jeong webt eine sanft geschriebene Geschichte zwischen phantasievollen Sprachbildern und knallharten Fakten. Exakt seziert sie das Leben eines Menschen, der nie eine echte Chance hatte. In all ihrer Detailversessenheit vergisst Jeong Yu-jeong aber nie den Leser vergisst. Dieses Buch fesselt, nicht nur sieben Jahre lang…

Ihre unorthodoxe Erzählweise lässt den Leser immer wieder aufs Neue erschauern. Vergangenheit und Gegenwart gehen eine unheilige Allianz, um im nächsten Moment wieder voneinander getrennt zu werden. Nach und nach gibt die ganze Geschichte um Choi Sowon, seinen Vater und das damit verbundene Drama seine Komplexität frei.

Hawaii

Hawaii

Es gibt unzählige Arten des Reisens. Individuell, pauschal, per pedes, mit dem Auto oder Rad, Abenteuer, sportlich, gediegen, Badeurlaub, Bergwandern und so weiter. Da muss man schon wissen zu welcher Kategorie man selbst zählt, um am Ende nicht enttäuscht zu sein. Oder man wählt ein Ziel, dass all diese Arten des Reisens in sich vereint. Wenn man nicht permanent auf Achse sein möchte, um ein paar Stunden das Eine, und einige Zeit später das Andere tun zu können, empfiehlt es sich eine Destination zu suchen, die nicht sonderlich groß ist. In Kanada beispielsweise kann man all das erleben. Aber die Entfernungen lassen das Zeitbudget doch ziemlich schnell zusammenschrumpfen. Der südliche Nachbar hat da schon einiges mehr zu bieten. Aber auch nicht auf dem Festland, sondern weit weg. Im Pazifik. Hawaii!

Oh ja, da werden Träume wieder wach. Wie einst Thomas Magnum über die Straßen düsen. Oder – ebenfalls wie der sympathische Privatermittler – auf den Wellen das Träumen wieder lernen. Sich körperlich verausgaben. Eine grandiose, teils einzigartige Natur genießen. Mit exotischen Früchten dem Hunger begegnen. Dem Auge eine echte Aufgabe geben. Doch so richtig weiß man kaum etwas über diese Inselgruppe, die in jedem Fernweh verursacht.

Dafür gibt es ja die Reisebände vom Iwanowski-Verlag. Wer Hawaii auf eigene Faust erleben will, braucht neben einem Ticket nur noch dieses Buch. Wer nach stundenlangem Flug endlich auf Hawaii, Maui, Molokai, Lanai, Oahu, Niihau oder Kauai angekommen ist, findet sich im Paradies wieder. So viel zum Klischee. Jetzt heißt die verbleibende Zeit so zu nutzen, dass man im besten Fall den Rest seines Lebens davon zehren kann.

Die achte komplett neu überarbeitete Auflage hat viel Neues zu bieten. Allem voran Armin Möller, der neue Co-Autor. Der versierte Journalist hat mit Ulrich Quack dieses Buch um das Kapitel „Hawaii per Schiff“ ergänzt. Vom Meer aus wird der gewünschte Eindruck der Inseln nicht nur bestätigt, er brennt sich wie ein Mal ins Hirn.

Wer Hawaii von Europa aus besucht, muss planen. Denn mal eben schnell in den Pazifik ist bei einer Flugdauer von fast einem Tag nicht drin. Und dann noch der Jetlag. Der Reiseband gibt auf den ersten Seiten einen kompakten Überblick über die Entwicklung der Inseln, gefolgt von nützlichen Tipps wie man sich verhält, was man tun und lassen sollte, wo es Hilfe gibt … alles (und das ist wörtlich zu nehmen), was man braucht, um sorgenfrei entspannen zu können. Besonders hilfreich ist der grün unterlegte Abschnitt „Was kostet Hawaii?“, in dem Preise auf Hawaii bekannt gegeben und verglichen werden. Praxisnah! Wer noch Inspiration braucht, wird ab den folgenden Seiten mit Ausflugstipps, komplett ausgearbeiteten Touren und Hintergrundinformationen regelrecht ins Reisefieber getrieben.

Zum Buch gehören ganz klassisch ein kleine Landkarte sowie ein kostenloser Download aller abgedruckten Karten als pdf-Dateien.