Archiv für den Monat: September 2013

Das Halsband der Tauben

Das Halsband der Tauben

Mekka, Vielkopfgasse, Gegenwart. Der Name der Straße, der Gasse ist Programm. Einst wurden hier die losen Häupter von vier Männer gefunden: Einem Juden, einem Christen, einem Pseudopropheten und einem Feueranbeter. Schon diese Tatsachen allein genügten sie der Götzendienerei anzuklagen, was dann mit dem Abschlagen des Kopfes endete.

Wie ein Omen künden die ersten Seiten dieses ungewöhnlichen Krimis von dem, was da noch kommen wird. Und siehe da: Schon liegt eine Frauenleiche in der Gasse. Ob es eine „schöne Leich“ ist, kann man nicht sagen. Denn der verdrehte Körper ist außerdem extrem entstellt. Nun beginnt das Rätselraten, wer denn da im Staub der Vielkopfgasse liegt. Antwort kann nur der Erzähler geben. Und der ist … die Gasse selbst. Ja, die Vielkopfgasse erzählt vom Unheil, das auf ihrem Grund und Boden passiert ist. Doch dann wäre ja die Arbeit von Inspektor Nassir vergebens. So lässt uns Leser die Gasse im Dunklen tappen. Gerüchte machen die Runde. Vermutungen und Mutmaßungen übertreffen sich gegenseitig. Und der Täter? Da hat Nassir schon eine Ahnung. Doch die Spürnase arbeitet gewissenhaft. In dieser Gasse wurde schon einmal – vor Jahrhunderten – vorschnell gehandelt. Nicht noch einmal. Nicht durch ihn.

Immer wieder Andeutungen, Gleichnisse, Geheimniskrämerei – der Leser wird – auf angenehme Art und Weise – bis auf Messer gereizt. Die Spannung ist kaum noch zu ertragen. Und immer noch so viele Seiten bis zur Lösung des Falles.

Ein Roman über eine Frauenleiche in Saudi-Arabien, im heiligsten Mekka, geschrieben von einer viel geehrten Frau. Das klingt für unsere westlichen Ohren, für unser von Vorurteilen gegenüber der arabischen Kultur geprägtes Wissen, nach einem unwahrscheinlichen Fall. Raja Alem beweist mit diesem nicht nur dicken, sondern dicht gestricktem Krimi das Gegenteil. Die besondere Erzählweise verführt uns in die Gassen Mekkas, wo gleich um die Ecke die Kaaba, der heilige Ort von Abraham persönlich errichtet wurde, und der jährlich von Millionen Gläubigen (effektvoll vom Fernsehen in Szene gesetzt) umrundet wird. Hier liegt also eine Leiche. Hier beginnen die Ermittlungen, die hier genauso ablaufen wie man sie aus englischen, französischen, italienischen oder amerikanischen Krimis kennt. In „Das Halsband der Tauben“ (wie lyrisch für solch ein abscheuliches Verbrechen) treffen westliche Lesegewohnheiten auf arabische Traditionen, gepaart mit einem Schuss Spannung und Verwirrung.

Zugegeben, man muss sich auf diesen Roman einlassen können. Doch mit jeder gelesenen Seite füllt sich das Herz mit Befriedigung sich diesem fremdartigen Stoff gestellt zu haben.

Baby, You can drive my car

Baby, You can drive my car

„Komm, hüpf rein! Ich zeige Dir eine neue Welt.“ Ja der Mann auf dem Cover sagt etwas. Der Betrachter selbst fügt den Text hinzu. Ist SIE glücklich wegen dem, was da noch kommen mag. Oder will sie lieber so schnell wie möglich raus aus dem Auto, weg von dem Irren, der wie ein Wahnsinniger durch die Nacht rast? Roy Lichtenstein zeichnet für das Coverbild dieses kleinen, und doch so inhaltsreichen Buches verantwortlich. Kaum eine andere technische Errungenschaft der vergangenen 130 Jahre hat Künstler von San Francisco bis Tokio, von Hammerfest bis Buenos Aires so beschäftigt wie das Automobil. Jeder hat ein Lieblingsmodell, jeder ist schon mal in einem gefahren (die meisten selbst).

Künstlerikonen wie Andy Warhol erhoben die Blechkolosse durch ihre Arbeiten in den Adelsstand. H.A. Schult stellte sie sogar auf eine Säule. Und brachte Flügel an. Chromblitzende Radkappen und stilvoll geschwungene Formen wie beim Käfer lechzen geradezu nach einer künstlerischen Umsetzung.

Dieses Buch setzt den Blechgiganten wie auch den Besitzern der künstlerischen Augen ein Denkmal. Das Auto als Mittelpunkt der menschlichen Existenz? Man könnte es fast glauben, wenn man so manchen Putzteufel sein halbes Wochenende bei der Pflege seines Vehikels zuschaut. Festgehalten als Siebdruck, als Gemälde oder als Kreidelithografie. Oder eingestrickt wie bei Agata Oleksiak. Die hat die Häkelmütze aus der Hutablage als Vorwand genommen, um ihren Morris Minor ein warmes Jäckchen zu verpassen.

Erwin Wurm hat für eine Werbekampagne einen Wagen sich vollfressen lassen. Ein bisschen verquollen steht er nun da. Vor lauter Fett kann er kaum noch die Augen öffnen.

Rosemarie Trockel verpasst ihrem Modell eine Schrubbkur. Das komplette Auto ist in Bürsten gekleidet.

Dieses Büchlein ist für Auto- und Kunstliebhaber das ideale Geschenk. Dieses Buch kann man außerdem auch mal außer der Reihe verschenken. Klein und handlich vermittelt es einen großartigen Überblick wie sehr ein Gebrauchsgegenstand Einzug in die höheren Sphären der Kunst gehalten hat.

Süßes für Dich

Süßes für Dich

Es gibt Bücher, denen man einfach nicht widerstehen kann. „Süßes für Dich“ ist definitiv eines davon. Mmmh Lecker Lakritz und anderes Naschwerk auf dem Cover. Zum Reinbeißen! Dickmacher in ihrer literarisch reinsten Form. Garantiert kein Hüftgold. Gefühlsplatin oder Herzsilber.

Dieses Geschenkbüchlein hat es in sich. Grandiose Bilder von leckerem Süßwerk bilden mit Zitaten von berühmten Köpfen eine Einheit, die sich nicht auf die Hüften, sondern im Herzen und im Kopf einnisten. Wenn Oscar Wilde meint, dass man Versuchungen nachgeben muss, weil man nie weiß, ob sie wiederkommen, und daneben zwei Schokokugeln dekorativ auf ihr Rendezvous mit den Geschmacksknospen warten, dann kann einem ja nur das Wasser im Munde zusammenlaufen. Wer durch Köln läuft und an der Neumarkt Galerie vorüberschreitet, findet dort an einer Ecke Pop Art für Jedermann. Claes Oldenburg und Coosje van Bruggen haben sich dort verewigt. Denn auf dem Gebäude steht eine Eistüte. Auf dem Kopf. Zwölf Meter hoch. Ein Eisladen ist dort so etwas wie ein Selbstläufer.

Werbeplakate oder einfach nur eine Pralinenschachtel – jedes Naschwerk kann zur Kunst werden. Und Forrest Gump hat es mit seinem Filmzitat sogar den Sprung in den Alltag geschafft: „Das Leben ist wie eine Pralinenschachtel. Man weiß nie, was man bekommt.“

Bei diesem Buch bekommt man die geballte Ladung Romantik, Kunstverständnis und ein Geschenk, das garantiert beim Beschenkten ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Was will man mehr?

Gondola

Gondola

Sie kann auch anders: Donna Leon leistet sich immer mal wieder einen Ausflug weg von ihrem Commissario Brunetti. Doch keine Angst: So weit geht die Reise auch wieder nicht. Zumindest geografisch. Donna Leon bleibt in ihrem geliebten Venedig. Nur eben halt ohne Guido.

„Gondola“ ist eine Liebeserklärung an DAS Symbol Venedigs. Denn auch der moderne, in der Informationsgesellschaft angekommene Mensch sieht Venedig nicht nur als von Touristen überlaufenen, mit Kitsch vollgepackten, regelmäßig vom Aqua Alta heimgesuchten Ort, sondern wünscht sich in dieser romantischen Stadt eine Fahrt mit der Gondel. Vorbei an prächtigen Palästen, an liebevoll verzierten Häusern, unter erhabenen Brücken hindurch, an schwungvollen Plätzen vorübergleiten. Dazu ein echtes venezianisches Lied auf den Lippen des Chauffeurs. Ein Klischee? Oft, aber nicht immer.

Donna Leon geht der Geschichte der Gondel auf den Grund. Faktenfest und phantasiereich – so wie in ihren weltbekannten Brunetti-Romanen nimmt sie den Leser an die Hand und führt ihn durch die Jahrhunderte alte Tradition dieser etwas windschief in den Wogen der Lagune reitenden schwarzen Pfeile.

Das Büchlein ist angereichert mit aussagekräftigen Gemälden zum Thema. Gondeln so weit das Auge reicht. Mal überdacht, mal in historischen Szenen, mal in gefährlicher Brandung.

Als kleines Zuckerli liegt dem Buch eine CD mit venezianischen Gondelliedern bei. Eingespielt auf Donna Leons Wunsch vom Ensemble „Il Pomo d’Oro“. Und selbst auf dem Silberling gibt es noch eine hochkarätige Zugabe: Cecilia Bartoli. Die Freundin Donna Leons, die sie schon zu ihrem letzten Roman „Himmlische Juwelen“ inspirierte, steuert den letzten Titel der CD bei.

Eine höflichere Aufforderung die Lagunenstadt zu besuchen, gab es noch nie. Donna Leon schafft es wieder einmal der Stadt ein literarisches Denkmal zu setzen.

Süßes Fest

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Sich den Urlaub ins eigene Haus holen – Lob für das Urlaubsziel und Sehnsucht nach mehr. Und da man speziell zur Weihnachtszeit immer wieder gern mal was Neues ausprobiert und Traditionen pflegt, kommt dieses liebevoll gestaltete Backbuch gerade recht.

Und was bäckt man zur Weihnachtszeit? Natürlich Süßes. Süßes zum Fest. Süßes für die Kleinen. Und Großen. Preiselbeertoffee und Minzküsse – ein Genuss, der die Nebelschwaden verziehen lässt. Glöggtrüffel lassen die Schwere der früh hereinbrechenden Nacht vergessen. Man kann auch Portwein dafür verwenden, aber es sind schwedische Backrezepte – also Glögg, den schwedischen Glühwein aus Rotwein und Korn oder Wodka.

Weiter geht die skandinavische Schmatztour. Gefüllte Datteln, Trüffelstangen mit Ingwer. Wem da nicht warm ums Herz wird? Und wenn das Pfefferkuchenhaus steht, kann der große Abend, der Kinderaugenverzaubernde Moment nicht mehr weit sein.

Mia Öhrn betreibt in Schweden einen so genannten Food-Blog. Und ist damit ziemlich erfolgreich. Die Konditorin erfindet gern selbst eigene Rezepte und probiert sie aus. Die Reaktionen sind durchgehend positiv. Allein ihr erstes Buch „Rough Cakes“ verkaufte sich 200.000 mal.

Die stimmungsvollen Bilder stammen von Ulrike Pousette. Sie hat bereits mehr als 20 Büchern ihren Bildstempel aufgedrückt.

Und noch etwas lernen wir aus diesem Buch: Es gibt tatsächlich ein Wort mit vier Gs. Eins vor und drei (!) nach dem „lö“: Glögggelee. Na, wenn da keine Backstimmung aufkommt.

Augustus – Sein Leben als Kaiser

Augustus - Sein Leben als Kaiser

Als Octavius erblickte er das Licht der Welt – als Augustus erlösch es für ihn wieder. Als Octavius wuchs er in bescheidenen Verhältnissen auf – als er starb, war er einer der reichsten Männer der damaligen Welt. Als Octavius lautet die Zeitrechnung (eine Errungenschaft der Gegenwart) noch „vor unserer Zeit“ oder „vor Christus“ – als er starb, im Jahr 14 (Achtung: Jubiläum!) entfiel der Zusatz v. Chr. bzw. v.u.Z.

Er war der erste Kaiser in einer Reihe vieler, die ihm folgen sollten. Die meisten, auch die aus seiner Blutlinie, versagten oder machten durch Tyrannei von sich Reden (wie zum Beispiel Nero, der in der heutigen Wahrnehmung nur noch als Brandstifter in Erinnerung geblieben ist).

Als Adoptivsohn Julius Caesars, der im März 44 v. Chr. / v.u.Z. mit zig Messerstichen niedergestreckt wurde, standen ihm alle Türen offen. Und Augustus wusste geschickt hindurch zu schreiten.

Er sammelte Schlachtenerfolge wie andere Briefmarken. Seine ärgsten Widersacher besiegte er listenreich und erbarmungslos. Seine Familie hatte sich ihm unterzuordnen. Wer nicht für ihn war, war gegen ihn.

Als Soldat in Augustus’ Diensten ließ es sich aushalten. Bei seinem Tod vermachte er sein Vermögen unter anderem seinen treuen Legionen. Da war schon mal eine Prämie von mehr als einem Jahresgehalt drin.

Karl Galinsky zählt zu den am meisten beachteten Experten, wenn es um das Römische Kaiserreich geht. Sein Wissen und seine Fähigkeit dieses allgemein verständlich wiederzugeben, machen dieses grandiose Buch zu einem strahlenden Fixpunkt im Bücherregal. Allein die Tatsache, dass im Jahr 2014 der 2000. Todestag des Kaisers begangen wird, rechtfertigt ein Buch über diesen Kaiser, den wir jedes Jahr für 31 Tage an unserem Leben teilhaben lassen. Doch die Intensität, mit der der Autor sich dem so ereignisreichen Leben Augustus‘ nähert, schreit geradezu nach einem Band wie diesen.

Im Jahr der vielen Weltereignisse und unzählbaren Jubiläen wird das des Augustus auch dank dieses Buches besonders hervortreten.

Erinnerungsorte – Erinnerungsbrüche

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Das Schöne an Legenden, das, was uns nicht an ihnen zweifeln lässt, ist ihre Glaubwürdigkeit. Verbürgte Zeugen und Zeugnisse erzählen von Edelmut und Heldentum. Eine heroische Tat, die Großes nach sich zog, die den Lauf der Welt erschütterten oder zumindest beeinflussten – das ist es, was wir hören wollen, was unser Handeln teilweise bestimmt.

Doch Stimmen die Behauptungen immer? Geschichte wird immer von Siegern geschrieben. Was nicht passt, wird passend gemacht. Eine Erinnerung komplett zu löschen, ist niemals ganz möglich. Die Vernichtungsmaschinerie der Roten Khmer hat nicht alles löschen können. Die Kulturrevolution Maos war nur partiell erfolgreich. Und noch immer werden perfide Stasi-Spitzel-Methoden ruchbar. Das macht Mut. Die Autoren dieses einmaligen Nachschlagewerkes leisten einen bedeutenden Beitrag zur Erhaltung von Wissen und lösen Rätsel der Geschichte bzw. rücken sie ins rechte Licht.

Viele Orte, die in diesem Buch beschrieben werden, sind den meisten unbekannt. Iona und Lindisfarne sind sicherlich keine Touristenhochburgen. Für den christlichen Glauben sind sie von unschätzbarem Wert. Denn vom 6. bis 8. Jahrhundert wurden hier bis heute bestehende Dogmen, die sogar Einfluss auf unser heutiges Osterfest haben, festgelegt. Der Platz reicht nicht aus, um jeden einzelnen Ort an dieser Stelle gebührend zu würdigen. Außerdem würde dadurch der Lesegenuss erheblich geschmälert.

Dieses Buch ist eine niemals endende Reise zu denkwürdigen Plätzen der Weltgeschichte. Die Herausgeber Frank Meier und Ralf H. Schneider sind die Reiseführer für Ausflüge, die man nirgends buchen kann. Wer individuell sein eigenes Geschichtsbild (ohne Verzerrungen) erschaffen will, kommt an diesem Werk nicht vorbei. Als Reisevorbereitung empfiehlt es sich nicht nur passende Kleidung einzupacken, sondern auch die kleinen, grauen Zellen auf Touren zu bringen. Denn dieses Buch liest man nicht einfach mal so nebenbei.

Die Khmer

Khmer

Das Volk der Khmer ist auch 35 Jahre nach der Schreckensherrschaft der Roten Khmer immer noch fest mit dem menschenverachtenden Regime Pol Pots verbunden. Doch damit tut man einer ganzen Kultur enormes Unrecht. Kaum ein Volk hat es über Jahrhunderte hinweg verstanden eine eigenständige Kultur aufzubauen und zu bewahren. Grandioses Zeugnis davon legt immer noch (oder endlich wieder) Angkor Wat in Kambodscha ab. Ein riesiges Areal, von dem keiner so recht weiß, war es nun eine Stadt oder eine gigantische Tempelanlage.

Stefano Vecchia hat sich auf Spurensuche begeben. Glücklicherweise hat er sich vorher genau belesen und in den Archiven die schönsten Bilder zusammengetragen. Den Leser wird’s freuen.

Denn dieses Buch bietet einen allumfassenden Einblick in die Kultur der Khmer im Raum Kambodscha, Laos, Thailand, Vietnam, den man bisher nicht kannte. Detailaufnahmen von Tempel- und Palastanlagen, eindeutige Erläuterungen der Abbildungen führen zu Abhandlungen wie die Khmer ihr Reich regierten. Oft sieht man sich Reliefs an und findet sie auf den ersten Blick ganz hübsch. Die Handwerkskunst zu erkennen wird schon schwieriger. Aber einzelne Darstellungen deuten zu können, das war bisher nur wenigen vorbehalten. Stefano Vecchia macht genau das, was bis zu diesem Buch fehlte: Er erklärt die dargestellten Szenen. So ergibt sich ein komplettes Bild. Wer weiß schon, was eine Apsara ist? Oder gar, was sie bedeutet.

Die lehrreichen Texte vermitteln einen verborgenen Wissensschatz. Anordnung der Gebäude, ihre Ausrichtung, ihre Ornamentik – alles, aber auch wirklich alles beschreibt Stefano Vecchia bis ins kleinste Detail. Nach reichlichen 200 Seiten ist es nicht vermessen sich selbst als kleinen Kenner der Khmer-Kultur auszugeben. Doch das Buch ist nicht dazu da anzugeben. Die Bilder faszinieren auf den ersten Blick, die Texte überzeugen auch dank der Übersetzung von Cornelius Hartz, der selbst einig Bücher bei Philipp von Zabern veröffentlicht hat. Kompakt und ausführlich zugleich.

Leo von Klenze – der königliche Architekt

Leo von Klenze

Leo von Klenzes Name wird nicht vielen etwas sagen. Kunsthistorikern und Architekten, vielleicht noch ein paar Münchner Geschichtsexperten. Und dabei hat er wie kaum ein anderer das Erscheinungsbild einer europäischen Metropole geprägt. Oscar Niemeyer in Brasilia und vielleicht noch Baron Haussmann in Paris haben Ähnliches vollbracht.

Leo von Klenze wurde 1784 zwar nicht mit dem goldenen Löffel im Mund geboren, jedoch waren Edelmetallspuren sichtbar. In jungen Jahren verschlug es ihn an den Hof des Königreiches Westphalen zu König Jerôme Bonaparte, einem Bruder des sich gerade mal wieder im Krieg befindlichen Napoleon Bonapartes. In Kassel durfte er sich seine ersten Sporen verdienen. Als das Napoleonische Zeitalter vorüber war, türmte der König und Leo Klenze (das „von“ durfte er sich erst später zulegen) saß auf der Straße. Sein Ruf war keinen Heller mehr wert. Als Günstling des ehemaligen Besatzers gab es nur geringe Zukunftschancen.

Erst am Bayrischen Hofe bekam er Jahre später wieder die Möglichkeit zu bauen. Unter König Ludwig I. entstanden Prachtbauten, die noch heute Münchens Erscheinungsbild prägen: Odeonsplatz, Pinakothek, Ruhmeshalle.

Doch nicht nur im beschaulichen München (65.000 Einwohner in der Mitte des 19. Jahrhunderts) hinterließ Klenze seine Spuren. Von Sankt Petersburg bis Athen sind seine Bauten zu bewundern.

Sieben Kinder setzte Leo von Klenze in die Welt, drei starben bereits im Kindesalter. Den Eintritt in den Erbadel erschlich er sich. Zeit seines Lebens stand er unter der Fuchtel seiner Auftraggeber. Sich selbst entfalten war nur im gesetzten Rahmen möglich. Unerbitterlich seinen Feinden gegenüber, phantasievoll-untergeben gegenüber der Hand, die ihn fütterte.

Der königliche Architekt war ein umtriebiger Geschäftsmann, der die Nähe zu Menschen nur suchte, sofern sie ihm behilflich waren. Seine Visionen konnte er nur bedingt umsetzen. Doch die, die umgesetzt wurden, versetzen bei genauerem Hinsehen den Betrachter immer noch in Verzückung. Leo von Klenze – einen Namen, den man auch dank der Biographie von Friedegund Freitag nun nicht mehr so schnell vergessen wird.

Komisch, kauzig und kurios

Komisch, kauzig und kurios

Den Deutschen wird nicht unbedingt ein besonderer Sinn für Humor nachgesagt. Nüchtern und korrekt sind eher typisch deutsche Eigenschaften. Sich an ein Werk wie „Komisch, kauzig und kurios – Ein Sammelsurium deutscher Sehenswürdigkeiten“ heranzuwagen, scheint da eine heikle Unternehmung zu sein. Doch schon beim Vorwort wird klar: Deutschland ist immer eine Reise wert. Und oft auch mit einem Lächeln im Gesicht. Es gibt genügend „Verrückte“, die eine ungewöhnliche Leidenschaft pflegen und diese gern auch präsentieren. Maike Hettinger hat 36 komische, kauzige und kurios in diesem Buch verewigt.

Um einen schiefen Turm besichtigen zu können, kann man sich elend lang in einen Bus setzen und in die Toskana fahren. Pisa – ein Moloch der kitschigen Touristenandenken. Auch wenn dort der einzigartige schiefe Turm steht. Falsch. Einzigartig ist der bestimmt nicht. Oberkirchgasse in 06567 Bad Frankenhausen. Hier wurde 1382 die Basilika im gotischen Stil fertiggestellt, nur zweihundert Jahre nach dem in Pisa. 1920 wurde bereits eine Abweichung des Turms in der Senkrechten von 2,21 m festgestellt. 2013 waren es schon 4,6 m.

Noch nicht kurios genug? Dann müssen Sie erstmal das Buch auf den Kopf stellen. Die Besucher von Trassenheide, Gettorf, Bispingen, Putbus oder Leuna tun dies auch. Denn stehen die Häuser auf dem Kopf. Ist schon ziemlich verzwickt an der Decke herumzuspazieren. Aber so kann man wenigstens auf Fotos mal einen Handstand auf einem Finger machen.

Ganz aktuell: Das Hamburger Zusatzstoffmuseum in der Banksstraße. Immer wieder warnen Ernährungswissenschaftler vor den Gefahren der E-Stoffe im Essen. Hier wird der Besucher aufgeklärt, was gut ist, was weniger.

Mit wenig gibt sich Halberstadt nicht zufrieden. Denn hier läuft das längste Konzert der Welt. 639 … nach Minuten, Stunden … was soll es sein? Nein Jahre. 639 Jahre soll das Stück laufen. John Cage hat es komponiert. Ein Tonwechsel dauert da schon mal mehrere Jahre. Der nächste am 5. Oktober 2013, dann wieder am 5. September 2020 usw.

Da kann zwischendurch eine kleine Weltreise machen. Zum Beispiel nach Hof in den Fernwehpark.

Der ungewöhnliche Reiseband gibt Anregungen für Ausflüge und Urlaube in Deutschland. Langweilig wird es garantiert niemals. Denn Deutschland hat Komik, Kauzigkeit und Kuriosität.