Archiv für den Monat: Mai 2013

Abserviert

Abserviert

Joan Medford ist Anfang zwanzig und hat schon die nächste gravierende Wendung in ihrem Leben hinter sich: Der Mann – tot. Nach einem Streit im Suff aus dem Haus gerauscht, und einen geliehenen Wagen gegen die Wand gesetzt. Das Kind – bei der Tante, der Schwester des Verblichenen in guten Händen. Ethel – die Tante des Jungen und Schwägerin von Joan – kann keine Kinder bekommen und ersinnt einen perfiden Plan den Jungen dauerhaft an sich zu binden. Joan hat ihren Sohn Tad zu Ethel gegeben, um ihr Leben ordnen zu können. Sie muss nun allein für alle Kosten aufkommen. Zwei Polizisten geben ihr den Rat als Kellnerin, nicht weit von zuhause weg, zu arbeiten. Nur so kann sie für sich und ihren dreijährigen Sohn das Leben bestreiten. Als Liz, ihre neue Kollegin, die Einundzwanzigjährige betrachtet, weiß sie, dass Joan erflogreich sein wird. James M. Cain beschreibt genüsslich die körperlichen Vorteile seiner Protagonistin und Erzählerin des Buches: Für Joan Medford scheint das Wort „wohlproportioniert“ erfunden worden zu sein.

Earl K. White The Third sieht das nicht minder emotional. Der kranke, schwerreiche Gast kommt nun täglich in die Cocktail-Bar und hinterlässt jedes Mal ein fürstliches Trinkgeld. Joan weiß um ihre Reize und setzt sie geschickt ein. Doch da ist auch noch Tom Barclay. Unwahrscheinlich anziehend für die Witwe, jedoch finanziell bei Weitem nicht so gut ausgestattet wie der ältere Gönner White. Und das erste Zusammentreffen von Tom und Joan ist auch nicht geeignet eine dauerhafte Liaison zu beginnen. Mr. White hingegen macht Joan ein ungewöhnliches Geschenk: 50.000 Dollar. So verschossen er in die Kellnerin ist, so sehr weiß er auch, dass eine Heirat nicht in Frage kommt. Dieser Schritt wäre für ihn tödlich. Nicht im übertragenen Sinne, sondern wortwörtlich.

Nach langem Werben willigt Joan in die Ehe mit Earl K. White ein. Doch schon während der Flitterwochen, die die beiden in London verbringen, bemerkt Joan bekannte Symptome, die ihrem neuen Leben eine erneute Wendung geben könnten.

Dieser Krimi Noir ist eine Offenbarung, weil ein Könner seines Faches (manche nennen ihn den Erfinder des „Krimi Noir“) in sein letztes Werk all seine Kunstfertigkeit gelegt hat. James M. Cain, der Autor unter anderem von „Wenn der Postmann zweimal klingelt“ und „Mildred Pierce“ steht für Qualität im Regal der Spannungserzeuger. Ein knappes Dutzend Mal wurden seine Werke verfilmt und preisgekrönt.

James M. Cain gibt seinem letzten, lange verschollenen Werk ein wahres Fin noir. Wer das Werk Cains kennt, wird Parallelen zu den verfilmten Vorgänger „Wenn der Postmann zweimal klingelt“, „Mildred Pierce“ und „Frau ohne Gewissen“ erkennen. Somit ist „Abserviert“ die Essenz von James- M. Cains literarischen Vermächtnisses. Und was für eines!

Slowakei

Slowakei

Zwanzig Jahre ist es her, dass sich die Tschechoslowakei in Tschechien und Slowakei auseinander dividierte. Tschechien wuchert mit der weltbekannten Metropole Prag, die Slowakei führt mit Košice in ihren Reihen dieses Jahr die Kulturhauptstadt Europas.

Da wird es Zeit dieses Land, das seit 2009 auch den Euro als Währung angenommen hat, genauer unter die Lupe zu nehmen. Roland Schönfeld legt mit diesem Buch einen allumfassenden, faktenreichen und zugleich unterhaltsamen Abriss der Geschichte der Slowakei vor.

Zuerst stark von den Ungarn geprägt – schließlich wurde man ein ganzes Jahrtausend von den Magyaren beherrscht – entwickelte sich erst in der jüngeren Geschichte ein Nationalgefühl, das auch ausgelebt werden konnte. Viele Völker nennen das Gebiet der Slowakei ihre Heimat. Die Politik hat alle Hände voll zu tun alle Ethnien unter einen Hut zu bekommen. Das gelingt wie überall auf der Welt mal besser, mal weniger gut.

Für Touristen ist die Hauptstadt Bratislava erster Anlaufpunkt, ist Ausgangsort für Erkundungen in die Umgebung (mit nicht einmal 50.000 km² ist die Slowakei relativ übersichtlich zu bereisen). Die Lage im äußersten Osten der Eurozone – und Europas, so wie es die meisten verstehen – bergen Menschen und Orte ein Füllhorn an Überraschungen und längst vergessenen Traditionen. Deren Ursprünge werden in diesem Band aufs Ausführlichste beschrieben.

Als Zusatzlektüre zu einem Reiseband ist „Slowakei“ von Roland Schönfeld die ideale Ergänzung für Individualtouristen, die ihrer Art des Reisens die Stange halten. Hier treffen erstklassig erhaltene Bauten auf ursprüngliche Natur. Hier wird Geschichte noch erlebbar.

Wer Europa mal von einer anderen Seite erleben will, ist in der Slowakei bestens aufgehoben. Wer die Geschichte der Slowakei erleben will, ist mit diesem Buch auf der sicheren Seite.

Ein Fachbuch – sicherlich. Aber eines mit hohem Nährwert für den Touristen wie den Hobby-Geschichtsforscher.

Košice – Eine kleine Stadtgeschichte

Kosice

Einmal der Mittelpunkt der Welt sein! So oder so ähnlich fühlten sich die Organisatoren, als bekannt gegeben wurde, dass Košice im Jahr 2013 (zusammen mit Marseille) sich als Kulturhauptstadt Europas präsentieren darf.

Košice? Wo ist das denn? Viele Fragezeichen über den Köpfen von Millionen Touristen überall auf der Welt.

Košice ist die zweitgrößte Stadt der Slowakei. Und sie existiert bereits seit dem ersten Jahrtausend. Zu erstem Ruhm gelangte die Stadt 1312 als Karl I. Robert ein ungarisches Heer vor den Toren der Stadt besiegte. Im Laufe der Zeit hinterließen immer wieder neue Herrscher ihre Spuren: Ungarn, Deutsche, Juden, Ruthenen und Roma. Die ostslowakische Stadt ging mit den Hinterlassenschaften sorgsam um, und so kam es, dass im 20. Jahr der Unabhängigkeit die Slowakei und somit Košice den Zuschlag bekam sich Kulturhauptstadt Europas nennen zu dürfen.

Der verheerende Stadtbrand von 1556, der große Teile der Elisabethkirche, Klöster und Türme in seinen Flammen verschlang, wurde durch umfangreiche Wiederaufbaumaßnahmen bald vergessen gemacht. Heute erstrahlt die historische Altstadt im alten Glanz und verzaubert Gäste aus aller Herren Länder. Wenn man so durch die Stadt schlendert, vorbei an den erhabenen Bauten links und rechts des Weges, erkennt man die Parallelen zu Metropolen wie Wien und Budapest. Dies ist der Hinwendung zu den großen Habsburger Städten zu verdanken.

Auch wenn Košice nicht dem Ruf Wiens oder Budapests nachhängt, so muss sie sich nicht hinter den großen Siedlungen an der Donau verstecken.

Nach 1945 wuchs Košice zu einer Industriestadt mit intellektuellem Charme heran. Hochschulen entstanden, die Künste wurden gefördert. 1966 wurde der urbanturm durch einen Brand arg in Mitleidenschaft gezogen. In den Folgejahren wurde er wieder aufgebaut. In dieser Zeit verdoppelte sich auch die Einwohnerzahl. Das zweitgrößte Wohnungsbauprogramm – nach Prag – beschied Košice einen Bauboom enormen Ausmaßes.

Ein Besuch der Stadt lohnt sich nicht nur, weil hier gerade an allen Ecken und Enden Kunst verschiedenster Couleur geboten wird, sondern auch weil die Slowakei im Euro-Raum ein Mauerblümchendasein fristet. Entdecker werden – auch und gerade mit diesem Buch im Gepäck – ein frisches, aufstrebendes Land und eine quicklebendige Stadt vorfinden, die darauf wartet erkundet zu werden.

Kleine Geschichte Stockholms

Kleine Geschichte Stockholms

Unter den Hauptstädten Europas gehört Schwedens Kapitale nicht zu den Städten, die man sofort mit einer speziellen Sehenswürdigkeit in Verbindung bringt. Kein Tower, kein Eiffelturm, kein Colosseum, keine unvollendete Kirche oder eine besondere Ausgrabungsstätte. Stockholm ist einfach nur Stockholm. Zeit, um sich genauer mit der Geschichte dieser Stadt zu beschäftigen, die – wenn man den Fernsehbildern und Klatschpostillen glauben darf – nur aus dem Königspalast und ein paar Schären besteht.

Seit mehr als 750 Jahren dürfen sich Schweden Stockholmer nennen. Ein idealer Handels- und Verteidigungsplatz war der Fleck, den wir heute als Stockholm kennen. Der Name Stockholm lässt sich auf die Begriffe Stock für Pfahl oder Stamm und Holm für kleine Insel zurückführen. Wie Venedig und Amsterdam wurde die Stadt auf Pfählen errichtet.

Autorin Ingrid Bohn weiß so manche Anekdote aus den Archiven zu erzählen. Zum Beispiel die Geschichte, warum die Stadt in einem strahlenden Gelb erscheint. Das kommt von … das muss man schon selber nachlesen. Denn dieser Ausflug in die Geschichte macht Spaß. Kein Lehrer, der mit erhobenem Finger Aufmerksamkeit einfordert. Hier sitzen die Schüler / Leser brav und still da und lauschen den Ausführungen. Wer Stockholm mehr als nur ein Wochenendausflugsziel anerkennt, und mehr als nur die Touri-Tour machen will, kommt an diesem knackig geschriebenen Band nicht vorbei. So manche, was links und rechts des Wegesrandes steht, bekommt eine neue Bedeutung. Fassaden lösen sich aus ihrer Starre und werden lebendige Figuren im Spiel der Jahrhunderte. So macht Geschichte Spaß.

Und heute? Trendhauptstadt Europas in Sachen Mode – wird sie von Modeexperten genannt. Ausgedehnte Spaziergänge durch die Stadt auf vierzehn Inseln versprechen Abwechslung und entspannte Atmosphäre. Die Geschichte ist präsent, aber nicht aufdringlich. Jetzt, da der Leser mehr über diese außergewöhnliche Stadt weiß, gibt es keine Alternativen mehr: Koffer packen und die gelesene Geschichte erleben und aufsaugen!

Marken

Marken

Münzen aus dem Zwergstaat San Marino erzielen bei eBay-Auktionen regelmäßig Höchstpreise. Da ist es fast schon eine sophistische Schlussfolgerung, dass San Marino in der Region MARKen liegt. Spötter frotzeln schon, dass die Region im Zuge der EURo-Einführung nicht umbenannt wurde. Doch Spaß beiseite!

Die Region Marken umfasst das Gebiet von San Marino im Norden bis in die Sibillinischen Berge im Süden, von den östlichen Ausläufern des Apennin bis in die Küstenstadt Ancona.

Wenn ein Verlag wie der Michael-Müller-Verlag einen Reiseband über eine scheinbar unbekannte Region wie Marken herausbringt, hat das zwei Gründe. Zum Einen eine verlässliche Autorin, die Reisebände aus Leidenschaft verfasst, zum Anderen eine Region, die es wert ist, dass sie bereist und erkundet wird. Auf Sabine Becht und den Marken treffen diese zwei Gründe hundertprozentig zu. Der Reiseband ist sicherlich der Titel aus dem Italienprogramm des Verlages, der am meisten „Oh und Ah“-Potential hat. Denn die Marken fristen immer noch ein Stiefmütterchen-Dasein. Dabei haben die Marken so viel zu bieten.

Gola di Frasassi ist ein Schlucht in der Provinz Ancona, die die Herzen von Kindern, großen wie kleinen, höher schlagen lässt. Auf zwei Kilometern Länge schlängelt sich das Tal durch steil herabfallende Kalkfelsformationen. Ein Abenteuerspielplatz für alle Altersklassen. Und sogar mit Grotte.

Pesaro trumpft jeden August mit einem Rossini-Opern-Festival auf. Die begehrten Tickets kosten ab 20 Euro und können (und vor allem sollten) ab Juni online gebucht werden, Adresse wird gleich mitgeliefert.

Einkaufen in Urbino, der Stadt, die aus zwei Städten entstanden ist, ein Erlebnis. Sabine Becht hat in der Via Raffaello die Enoteca Magia Ciarla ausfindig gemacht. Weinproben gehören hier zum Geschäftsprinzip.

Allein diese drei kurzen Beispiele aus den dreihundert Seiten des Reisebandes beweisen, dass die Marken mehr als nur einen Abstecher wert sind. Mehr Infos zu dieser bemerkenswerten, voller Geheimtipps steckenden Region, hat Sabine Becht in diesem Buch zusammengefasst. Und schon kann es los gehen zu Wein, Abenteuer und Eleganz. Endlich mal wieder den Euro in Marken tauschen…

Möhrenpesto und Maronicreme

Druck

Es ist keine Erfindung der Gegenwart, dass es schnell gehen muss in der Küche. Und schon gar nicht, dass es lecker schmecken muss. Ein Trend – der schon länger anhält – ist allerdings der Gesundheitsaspekt. All das abgepackte Fleisch, das haltbar gemacht werden muss, kann also per se nicht so frisch sein wie es so mancher Aufdruck vorzugaukeln versucht.

Da bleibt oft nur die gute alte Methode à la Oma: Es selber machen. Der Jan Thorbecke Verlag hat in regelmäßiger mindestens einen „Oma-Ratgeber“ auf Lager. Wobei hier das Augenmerk auf althergebrachten – und niemals aus der Mode gekommenen – Methoden der Zubereitung liegt. Dieses Mal stehen vegetarische Brotaufstriche ganz oben auf der Einkaufsliste.

Wer sich einmal die Mühe gemacht hat, und beim Discounter die Zutaten einer Frischkäsecreme durchgelesen hat, ist verblüfft. Alles gesunde Zutaten. Wären da nicht die Zusätze wie „-extrakt“ und „-konzentrat“. Früchte und Obst gibt es nur im Ganzen, nicht extrahiert oder konzentriert.

Susanne Heindl und Sabine Fuchs stoßen die Tür zur gesunden – und ethisch verantwortungsvollen – schnellen Küche weit auf.

Selbst eingefleischten Allesvertilgern wird schon beim Lesen das Wasser im Munde zusammenlaufen, wenn sie die Zutaten lesen. Rosmarin auf dem Steak ist ja schon lecker. Aber auf einem – womöglich dazu noch selbst gebackenen – Brot, das ist noch eine Stufe leckerer. Ein Brennnessel-Frischkäse ruft erst einmal schmerzhafte Kindheitserinnerungen hervor. Aber mit Dill, Petersilie, Schnittlauch, Senf und anderen alltäglichen Zutaten wird daraus Erstens etwas völlig Neues und zweitens ein schmackhafter Aufstrich, den man garantiert bei der nächsten Feier anbieten wird. Schon wegen der staunenden Augen der Gäste.

Überhaupt sind die Zutaten in jedem Supermarkt, meist sogar um die Ecke auf der Wiese, auf dem Feld zu finden. So wird das Nachkochen und Zubereiten nach „Möhrenpesto und Maronicreme“ nicht nur ein Ausflug in vermutlich neue Koch- und Geschmacksgefilde, sondern auch eine die  Haushaltskasse schonende Erfahrung.

Die zahlreichen Fotos von Sabine Fuchs stimmen den Leser und neuen Kochexperten auf die gegenüberliegenden Seiten jeweils eindrucksvoll ein.

Ligurien

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Italien ist kein weißer Fleck mehr auf der Reiselandkarte? Die Trulli Apuliens, die Tempelanlagen von Agrigent, die Museen Florenz‘ und die Kanäle Venedigs sind so vertraut wie der tägliche Gang zum Bäcker? Aber trotzdem – oder gerade deswegen – ist Italien immer noch erste Wahl bei der Urlaubsplanung. Wohin also, wenn man nicht immer nur dasselbe sehen will?

Oft steht man vor der Wahl: Berge oder Meer? Warum nicht mal beides zusammen? Und schon schlägt man mehrere Fliegen mit einer Klappe. Italien + Berge + Meer = Ligurien. Sabine Becht und Sven Talaron sind bei der Urlaubsplanung gern behilflich. Und damit man nicht selber mitschreiben muss, haben die beiden schon mal einiges zusammengetragen und beim Michael-Müller-Verlag als Reiseband Ligurien verlegen lassen.

Jetzt muss man sich „nur noch“ aus der Vielzahl, auf 432 Seiten verteilten, Informationsquelle bedienen.

Blumen- und Palmenriviera, Cinque Terre, Genua – na das klingt doch nach einem Urlaub, den man nicht so schnell vergisst. Oder?! Zehn Wanderungen und Touren haben die beiden Autoren für den abwechslungsreichsten Italienurlaub aller Zeiten zusammengestellt. Das dürfte erst einmal eine Weile anhalten.

Beispielsweise Imperia. Eine Stadt, die man nicht so schnell auf dem Schirm hat, wenn man norditalienische – ligurische – Städte aufzählen soll. San Remo kommt einem noch in den Sinn, gleich nach Genua. Aber Imperia? Clown Grock hat dort gewohnt. Aus Porto Maurizio und Oneglia zwangsvereint – die Promenade dazwischen wirkt wie eine andere Welt – tun sich die beiden Stadtteile immer noch schwer eine Gemeinde zu bilden. Doch gerade diese Unterschiedlichkeit macht den Reiz der Stadt und der ganzen Region aus. Berge und Meer innerhalb von Minuten zu erreichen. Das ligurische Hinterland mit seinen charmanten Dörfern und der einzigartigen Küche mit dem Duft des Meeres, der einem um die Nase weht. Die liebevoll hingezauberten Häuser der Küste mit den urigen Behausungen nur wenige Kilometer landeinwärts (besuchenswert: Valloria wirbt mit dem Spruch „Il Paese delle Porte dipinte“ – das Dorf der bemalten Türen).

Es empfiehlt sich das Buch vorher genau zu studieren, damit Ligurien, Genua und die Cinque Terre nicht als „normale Urlaubsregion“ entpuppt. Man muss suchen, aber wer sich zurecht findet, wird erhaben belohnt. Der Meinung sind nicht nur die beiden Autoren, abertausende Touristen sind der gleichen Meinung.

Der Bahnwärter

Der Bahnwärter

Nino und Minica beziehen ein Bahnwärterhäuschen – alles scheint so zu verlaufen wie das Paar es sich vorstellt. Die Arbeit ist nicht allzu schwer. Er kümmert sich ums Haus, sie sich um den Garten. Zur Zertreuung geht Nino einmal in der Woche zum Singen in die nahegelegene Stadt. Minica bleibt derweil lieber zuhause.

Der näher rückende Krieg – wir schreiben das Jahr 1942 – durchbricht auch die sizilianische Idylle am Meer. Soldaten beginnen Bunkeranlagen zu bauen. Nächtliches Klopfen beängstigt die junge Frau. Ein kleines Zwischenhoch verflüchtigen die Sorgen. Nino gewinnt ein halbes Jahresgehalt in der Lotterie.

Das Zwischenhoch dauert jedoch nur kurze Zeit. Die Alliierten rüsten sich zum Kampf gegen den Duce. Und so geraten die Schwarzhemden – so wurden die Faschisten in Italien genannt – in Panik. Musizieren wird nur noch unter Auflagen gestattet. Nino und sein Gesangspartner Toto machen aus der Not eine Tugend. Angepasst an die neue Situation singen sie nun die gewünschten Lieder  – allerdings in abgewandelter Form. Ein Fehler, der sie für kurze Zeit ins Gefängnis bringt. Michele wird in dieser Zeit den Job des Bahnwärters übernehmen. Er ist ein strammer, überzeugter Faschist. Und ein gefährlicher Mann.

Das ständige nächtliche Klopfen an der Tür, wenn Nino nicht anwesend war, die Angst etwas Schreckliches geschehen könnte, das alles hat Minica weggesteckt. Doch das Schlimmste kann sie nicht verhindern. Endlich schwanger (Andrea Camilleri beschreibt mit liebevoller Hingabe wie die beiden die Empfängnisschwierigkeiten beseitigen), fällt sie einem perfiden Verbrechen anheim, in dessen Folge ihr gemeinsames Leben komplett umgekrempelt wird. Süß und trotzdem nicht befriedigend fällt die Rache aus. Minica verfällt immer mehr dem Wahnsinn.

„Der Bahnwärter“ ist der zweite Teil der Metamorphosen-Trilogie von Andrea Camilleri. Und wieder verzaubert uns der sizilianische Magier mit seinen Zeilen. Ein Märchen aus Lava und Gischt. Eine Geschichte wie sie nur aus einer Feder stammen kann. Auch wenn die Erzählung sehr handfest ist, so schafft es Andrea Camilleri den Reiz und die Eigenarten der Sizilianer poetisch einzufangen.

Slowakei

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Die Teilung überwinden – ein hehres Ziel, das Politiker immer wieder gern als Floskel hernehmen, um das Volk auf etwas einzuschwören. Im Falle der Slowakei liegt der Fall etwas anders. Denn der östliche Teil der einstigen Tschechoslowakei hat sich im Einvernehmen mit dem westlichen Nachbar am 1. Januar 1993, also vor 20 Jahren, selbständig gemacht. Ob die Einführung des Euro als allgemeingültige Währung als Fortschritt zu werten ist, wird die nahe Zukunft zeigen. Der Schritt in die Selbständigkeit war zweifelsohne ein Weg in die richtige Richtung und vor allem: nach vorn.

Die Slowakei ist von seinen Nachbarn Polen, Tschechien, der Ukraine, Österreich und Ungarn geprägt. Das kann man nicht beschreiben und erklären – das muss man erleben. Wo aber anfangen in einem Land, von dem viele Deutsche nicht mal eine einzige Stadt nennen können? Man fragt am besten André Micklitza. Da der aber nicht immer zur Stelle sein kann, hat er ein Buch geschrieben. Einen Reiseband und ihn durch den Michael Müller Verlag herausbringen lassen. Und im Februar ist nun bereits die dritte Auflage erschienen.

Erster Anlaufpunkt ist sicherlich die Hauptstadt Bratislava, die von Betonköpfen immer noch Preßburg genannt wird. Wer von Budapest aus mit dem Schiff nach Esztergom die Sankt-Adalbert-Kathedrale besuchen gefahren ist, hat in nicht allzu weiter Ferne die Türme der Stadt Bratislava erkennen können. Beeindruckend. Was sich hier in den vergangenen Jahren getan hat, ringt so manchem Weltenbummler Respekt ab. Angst vor unterentwickelter Infrastruktur muss man überhaupt nicht haben. Die Slowakei ist ein prosperierendes Land mit einem gewaltigen Entwicklungspotenzial auf touristischem Sektor. War das Land noch vor einem Jahrzehnt mit einem kleinen, jedoch exquisiten Programm auf der weltgrößten Reisemesse in Berlin vertreten, so nehmen die Informationsstände im Jahr 2013 die gesamte Länge einer Messehalle ein. Wandern ist immer noch eine der erfolgversprechendsten Reisearten das Land zu erkunden. Sechsundzwanzig Wanderungen hat Autor André Micklitza zusammengestellt, die nur darauf warten mit atmungsaktiven Wanderschuhen überprüft zu werden. Anekdoten zur Land und Leuten, Tipps zur Einkehr sowie zum Haupte-Betten gehören in diesem Buch zum guten Ton wie die zahlreichen Karten und Farbfotos.

Übrigens: Das slowakische Košice ist zusammen mit Marseille die Kulturhauptstadt Europas 2013. Ein gewaltiges Kulturprogramm erwartet den Besucher. Mehr Infos hier.

Zypern

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Wieder einmal Sommer, wieder einmal wird ein EU-Mitglied als Sündenbock für die Krise auserkoren. Zypern soll es in diesem Jahr sein. 2012 war es Griechenland. Und wieder fragen sich tausende Touristen: „Ist es noch sicher, nach Zypern zu reisen? Aber klar doch! Warum nicht? Zypern ist die Insel der Aphrodite. Hier scheint die Sonne, das Meer ist angenehm warm und das Essen erst …

Wer’s nicht glaubt, sollte sich mal diesen Reiseband ansehen. Schwarz auf weiß hat ja doch ein gehöriges Gewicht bei der Meinungsbildung (zum Glück)!

Zuerst die Fakten: 432 Seiten, 188 Farbfotos, sieben Kapitel, zwei davon über Nordzypern. Apropos Nordzypern. Ja, Zypern ist eine geteilte Insel. In Nikosia verläuft die Grenze sogar durch ein Einkaufszentrum. Während man auf der einen Seite früher edle Stoffe kaufen konnte, schaut man auf der anderen Seite teils in Gewehrläufe.

Aber auch das ist Zypern: Brutstätten der Schildkröten unter anderem an den Stränden von Kap Kormakíti und in Lára. Eine Insel voller Gegensätze könnte man jetzt meinen. Sichelrich, doch vor allem eine Insel, auf der man sich erholt. Wie? Dafür gibt Autor Ralph-Raymond Braun so zirka eintausend Tipps. Also zweieinhalb pro Seite. Ist ‚ne ziemlich gute Quote für ein Land, das von Politikern und Kritikern als Hort des Bösen und der Korruption, als Paradies für Steuersünder abgeurteilt wird. Wenn dem so wäre, dann würden Mannschaften wie Aris Limassol oder APOEL Nikosia regelmäßig die Champions League gewinnen.

Ein Reiseband als Standradwerk zu kennzeichnen, ist eine Bürde für den Autor und den verlegenden Verlag. Doch Autor und Verlag können sich auf die Fahnen schreiben, den wohl umfassendsten Band zur südlichsten europäischen Inseln (ehemalige Kolonien Frankreichs und Großbritanniens ausgeschlossen) verfasst zu haben. Wanderer, Sonnenanbeter, Aktivurlauber, Pauschaltouristen (die werden nie wieder alles im Vorfeld planen, wenn sie dieses Buch gelesen haben) und individuell Reisende finden hier das, wonach sie suchen. Erholung in jedweder Form. Klar gegliederte Abschnitte und geschickt verlinkte Infokästen ergeben mit den zahlreichen Abbildungen und Karten einen Tipp-Pool, in den man sich auch bei einem Bauchklatscher nie verletzt.