Archiv der Kategorie: Bildgewaltig

The Doors – graphic novel

Dieses Buch hätte Jim Morrison, dem Sänger der Doors bestimmt gefallen. Er, der Kunststudent, dem Dionysos näher war als Aldous Huxleys „The doors of perception“ – woher der Bandname stammt. Er, die Skandalnudel, der seinen entblößten Jimmy dem Publikum entgegenstreckte. Er, der als Lyriker im Pariser Exil mit seinen Worten die Welt beeindrucken wollte. Er, der vierte im Bund der 27. Ja, Jim Morrison hätte diese Bandbiographie, dieser Comic bestimmt gefallen.

Doors-Fans werden mit diesem Buch nicht fremdeln, weil es eine fremde Art der Auseinandersetzung mit dem Werk einer der einflussreichsten Rockbands ist. Es gibt schon so viele Bücher über die Band. Die Biographie aus dem Produzentenkreis, Reisebände durch Paris auf den Spuren von Jim Morrison, kunstvoll gestaltete Songbooks mit Originalschriften des Masterminds. Nun also der Comic zur Band.

Achtzehn Kapitel – achtzehn verschiedene Künstler, die sich ihrem Stil verpflichtet (hier ist die erste Parallele zu den Doors) den wichtigsten Etappen der Bandbiographie nähern. Die zerrissene Jugend des kleinen Jim, über die ersten zielstrebigen Bemühungen Musik zu machen, erste Erfolge, Skandale bis hin zum jähen Ende der Band.

Rauschhaftes Farbenspiel im Einklang mit dem einzigartigen Rhythmus und dem unverwechselbaren Orgelsound Ray Manzareks, dem virtuosen Gitarrenzauber von Robby Krieger und dem perfekten Taktgeber John Densmore am Schlagzeug. Und mit jedem Umblättern hämmert mindestens ein Song im Kopf mit. Je düsterer der Song, desto düsterer die Bilder. Schwingt sich Jim Morrison euphorisch in andere Sphären hinauf, wird es im Comic dramatisch. Ab sofort wird beim Plattenauflegen von „Morrisons Hotel“ oder dem bedrückenden „The End“ dieser Comic aus dem Regal geholt und malt Bild in die Luft, vor den Augen, im Kopf, die man bisher vermisst hat.

Ein Must-Have für alle Doors-Fans, ein Einstieg für alle, die es noch werden wollen. Eines kann auch dieses Buch nicht: Die Sehnsucht nach guter Musik löschen. Und das ist gut so!

Europa im Blick der Kartographen der Neuzeit

Wer schon als Kind mit dem Finger über die Landkarten in Atlanten gestrichen ist, kennt die Wirkung die Grenzen, Flüsse, Erhebungen auf die Reiselust haben. Wenn dann noch ein gehörige Portion Geschichtsinteresse hinzugefügt wird, sind Bücher wie „Europa im Blick der Kartographen der Neuzeit“ ein gefundener Augenschmaus.

Wie sah man die Welt vor beispielsweise rund vierhundert Jahren? Damals war bei Weitem noch lange nicht die ganze Welt erkundet. Geschweige denn kartographiert. Und die Urlaubsorte der Gegenwart existierten im besten Fall schon. Aber sie waren halt einfache Orte, in denen Menschen lebten und ihr Überleben mit Arbeit sicherten. Tourismus war ein Fremdwort. Und so manche Hinterlassenschaft war ein modernes Zeichen des Fortschritts der (damaligen) Gegenwart.

Simeon Hüttel nimmt den Leser mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Die kann man so nur in diesem Bildband buchen. Die Zusatzleistungen beschränken sich auf beeindruckende Abbildungen, phantasieanregende Reisen mit dem Finger über die Karten und anregende Texte, die Lust machen eventuelle einmal Jahrhunderte nach Entstehen dieser Karten auf dem einen oder anderen gezeichneten Pfad auf Erkundungstour zu gehen.

Doch Vorsicht, so mancher Ortsname hat im Laufe der Jahre seinen Namen geändert. Und wer beispielsweise den Ort Cimbri sucht, wird schnell an seine Grenzen stoßen. Es handelt sich bei Cimbri nämlich um das Volk, nicht einen Ort Cimbri.

Immer wieder werden Details aus den Karten herausgezoomt und erzeugen einen tiefen Einblick in die feine Kunst der Kartenherstellung. Oft waren es Kupferstiche, ein enorm aufwendiges Verfahren, die bis heute den Betrachter verblüffen. Betrachtet man sich diese Details kann man kleinste Linien erkennen, die aus der Ferne erst ihre Wirkung entfalten.

Besonders gravierend sind die Unterschiede zur Gegenwart bei Karten von Ländern, die im Laufe der Jahrhunderte ihre Grenzen verschoben haben, deren Grenzen verschoben wurden. Wie am Beispiel Polens und Litauens. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts, als die abgebildete Karte entstand, wurden beide Länder von einem gemeinsamen Königreich verwaltet. Dennoch sind Polen und Litauen unterschiedlich dargestellt. Während Polen in die einzelnen Landesteile farbig untergliedert ist, wird das fast gleichgroße Großfürstentum Litauen im einheitlichen Grün präsentiert. Propaganda oder künstlerische Freiheit? Die Kirche, die Christianisierung ist – wie zu oft in der Geschichte – der Schlüssel zur Antwort.

Dieses Buch, im eleganten Pappschuber, zeigt eine Welt, die es so nicht mehr gibt. Ihre Wurzeln der heutigen Welt zu kennen, ist wichtiger denn je. So farbenfroh und nachvollziehbar wurde Geographie selten dargestellt.

Napoli: zwischen Feuer und Wasser

Quadratisch, praktisch, gut – nein, Napoli kann man wirklich nicht mit diesen Worten beschreiben. So quirlig wie die Stadt ist, kann man sie in keine geometrische Form pressen. Ebenso wenig kommt man um den Begriff chaotisch nicht herum. Doch was heißt schon chaotisch, wenn das Ergebnis schlussendlich mehr als zufrieden stellend ist.

Ruprecht Günther portraitiert die Stadt am Fuße des Vesuv mit zwei lächelnden Augen. Man merkt es den Bildern an, dass er sich beim Blick durch den Sucher das Zusammenkneifen des anderen Auges ehrlich verkniffen hat.

Tief religiös, launisch, befreit, bedächtig, lebensfroh – die Liste der Attribute, die diese Stadt beschreiben ließe sich endlos fortsetzen. Und zu jeder dieser Charaktereigenschaften verführt er den Leser / Betrachter zu Schwärmereien. Graffiti des Komikers Toto, ein Prinz, der der Stadt mit seinem Humor im napolitanischen Dialekt eine weithin vernehmbare Stimme gab, folgen Bilder von prall gefüllten Marktständen, grandiose Stadtansichten, die anschließend von zarten Portraits der Bewohner eine Stille erzeugen, die man in der Stadt nur selten erlebt.

Zum Stadtbild gehören auch – zu jeder Jahreszeit – die über die engen Straßen gezogenen Wäscheleinen, die nur darauf warten ein buntes Farbenmeer in den dichten Häuserdschungel zu zaubern.

Wer Napoli kennt, erkennt die Entstehungsorte der Bilder wieder. Sie rufen Erinnerungen wach und nähren die Sehnsucht bald schon wieder zurückzukehren. Die kurzen Texte im Buch unterstreichen die Herzlichkeit der Menschen der Stadt und legitimieren die Fotos als Alltagsschnappschüsse, und nicht als Zufallsprodukte eines Momentes. So ist Napoli, so wird es immer bleiben.

Das kalte Herz

Ein armer Hilfsarbeiter aus der Holzbranche will seiner Angebeteten ein Leben bieten, das sie verdient. Aber das Portemonnaie ist leer. Wie von Geisterhand bekommt Peter Munk, der arme Hilfsarbeiter ein Angebot, das er nicht ausschlagen kann. Wenn er die Lebensfreude aus seinem Leben streicht, wird sein Geldbeutel immer prall gefüllt sein. Passt doch, denkt er sich. Passt nicht, wir der bald schon feststellen. Die Geschichte ist bekannt, sie gehört zum deutschen Literaturerbe wie kaum ein anderes Märchen. Wilhelm Hauff  schuf mit „Das kalte Herz“ eines der düstersten Märchen überhaupt. Und immer an den Feiertagen überbieten sich die Fernsehsender mit der Ausstrahlung der Verfilmungen – Erwin Geschonneck als Holländer-Michel ist immer noch das Maß aller Dinge.

Und nun kommt neuer Schwung in die Reihe der Veröffentlichungen dieses beklemmenden Werkes.

Der 8grad-Verlag aus dem Schwarzwald, also mittendrin wo sich Peter Munk und der Holländer-Michel treffen, wo rauschende Feste gefeiert werden, wo das Drama seinen Lauf nimmt und nicht minder dramatisch enden wird, gibt dem Märchen den verdienten Rahmen. Soll heißen: Derart kunstvoll und kompakt wurde „Das kalte Herz“ noch nicht veröffentlicht. Knapp zweihundert Jahre ist diese Geschichte schon alt. Es geht wie immer ums Geld. Wers hat ist auch nicht glücklicher als diejenigen, die keins haben. Doch Wilhelm Hauff lässt seinen Protagonisten lange zappeln. Ihm fällt nicht auf welch Unheil über ihn hereinbricht.

Für die künstlerische Gestaltung des Buches ist Christian Sobeck verantwortlich. Nach dem Umblättern muss man noch einmal blättern. Besser gesagt die Seiten noch einmal aufschlagen. Klingt komisch, ist aber nicht anders möglich, wenn man der Geschichte folgen will. Das sind die angekündigten Zickzackbögen.

Die zarte Strichführung der Bilder ist so beeindruckend, dass man darüber hinaus die Worte fast vergessen könnte. Fast. Denn nur im Zusammenspiel von Buchstaben und Abbildungen ergibt sich das komplexe Bild des kalten Herzens.

Brunos Périgord

Wer bisher noch nicht davon überzeugt ist, dass das Périgord eine der schönsten Landschaften der Erde ist, der muss nur die ersten Seiten dieses Buches aufschlagen – und ist im Handumdrehen vom Gegenteil überzeugt. Auf drei Doppelseiten verströmt die Landschaft im Herzen Frankreichs ihr komplettes Flair, ohne dabei alle karten auf den Tisch zu legen. Schließlich will der Erfolgsautor auf den folgenden knapp dreihundert Seiten noch überraschen …

Und das schafft er auch! Dort, wo sich das Grün der Natur noch frei entfalten kann, wo Obst und Gemüse Chemie nur als natürlichen Wachstumsprozess kennen, wo man ungestraft tief einatmen darf, liegen die Ursprünge dessen, was man gemeinhin als Paradies bezeichnet. Martin Walker versteht exzellent seine vor Jahren neu gefundene Heimat in Szene zu setzen. Natürlich fallen einem als Erstes die beeindruckenden Bilder in Auge. Historische Gemäuer, die Vielfalt und Pracht aus Mutter Naturs reichhaltigem Schoß und Ausblicke, die niemals enden dürfen (und es auch nicht tun) – wem das nicht die Sehnsucht packt, ist selber schuld. Doch Martin Walker wäre nicht Martin Walker, wenn er nicht in dem ihm eigenen Stil diesem Füllhorn der Emotionen nicht noch die Krone aufsetzen würde.

Noch immer kann er sich wie ein kleines Kind an Weihnachten an seinem Périgord erfreuen. Bis heute entdeckt er immer wieder Neues. Doch er behält es nicht für sich. Er teilt mit dem Leser seine Neunetdeckungen und nimmt den Leser mit zu Freunden auf ein Glas Wein oder unternimmt mit ihm Expeditionen in die Geschichte. Schließlich findet man im Périgord Hinterlassenschaften aus mehr als einer Viertelmillion Jahre! Wenn der Morgendunst noch über den pittoresken Dächern der Ortschaften wie eine zarte Schicht liegt, die Sonne alle Anstrengung aufbringen muss, um dem Tag das entsprechende Licht zu verleihen, ist Martin Walker schon auf den Beinen. Hier und Da knackst es unter den Sohlen, die leise den kommenden Tag begrüßen. Und hat Klara erst einmal das morgendliche Dickicht durchbrochen, erstrahlen Fassaden in den schimmerndsten Farben. Vorbei an den ältesten Comic Strips der Welt, nimmt Martin Walker den Leser mit auf seine Reise durch sein Périgord.

Prunk und Pracht werden hier nicht zelebriert, sie sind einfach da. Schon nach wenigen Seiten, erfüllt einen der Wunsch, dass dieses Buch niemals ein Ende haben soll. Doch der Punkt, der das Ende dieses Prachtbandes besiegelt muss kommen. Leider! Doch was hält einem davon ab dieses Buch immer wieder zur Hand zu nehmen, um darin zu blättern?! Eigentlich nichts. Es sei denn der neue Fall von Bruno Courrèges, chef de police, führt den Leser ein ums andere Mal in die Abgründe der menschlichen Seele und durch das Paradies gleichermaßen.

Sempre italia

Ach, würde der Urlaub doch ewig dauern! Würde für immer die Sonne scheinen. Würde für immer der Wein wie beim ersten Mal schmecken. Das ließe sich beliebig fortsetzen, denkt man an Italien. Einmal von hoch oben auf einen Lago schauen, leckere Pasta mit richtig viel parmigiano dort genießen, wo er produziert wird oder unter sengender Sonne sich Pizza in den Mund stopfen – dazu ein vino … und das Paradies kann einem gestohlen bleiben.

Jede Liebeserklärung an den Stiefel ist eine emotionale Reise, reich gespickt mit Erinnerungen und Ideen fürs nächste Mal. Denn ein nächstes Mal gibt es immer! Frances Mayes und Ondine Cohane sind verliebt. Verliebt in Italien – das allein reicht aber noch nicht. Sie halten ihre Liebe zu Land und Leuten in diesem Buch fest. Vierhundert Seiten amore – das kann „im normalen Leben“ die Eine/den Einen schon mal überfordern. Den Leser, den Liebeshungrigen, den Italienliebhaber überfordert es nicht. Denn vieles kennt man vielleicht schon. Manches wollte man schon immer mal besuchen. Und einiges gehört beim nächsten Mal in italia auf alle Fälle zum Reiseprogramm.

Kreuz und quer durch das Land, das immer noch und immer wieder überraschen kann. Immer mit der Kamera im Anschlag und mit dem gezückten Stift in der Hand tauchen die beiden ab in eine Kultur, die mit Sehnsucht nur annähernd beschrieben werden kann.

Jede Region wird so lange bereist bis die Autorinnen das Besondere gefunden haben, das ihre Liebe am besten beschreibt. Die seitenfüllenden Abbildungen locken den Leser in die Geschichten hinein, die so wortgewandt jeder Kritik widerstehen. Für ganz Eilige gibt’s am Kapitelende eine kleine Zusammenfassung und Tipps, was man nicht verpassen darf. Für eifrige Leser sind diese Zeilen Erinnerungslückenfüller. Denn jede Region steckt voller Abenteuer, die man erleben muss.

Und für jeden ist etwas dabei: Radfahren, Weindegustationen, Wandern, Erkundungstouren, Schlemmen …

Im Meer der Italienbücher geht man schnell unter, wenn man nur nach dem Einband seine Wahl trifft. Zu groß die Menge an Reisebüchern, Bildbänden, Ratgebern. „Sempre italia“ ist ein leidenschaftliches Kraftpaket, das man immer wieder hervorholt und sich inspirieren, Träume fliegen lässt und in eine Welt eintaucht, die gar nicht soweit entfernt von der eigenen Haustür das dolce vita mit einem einzigen Umblättern real werden lässt.

Die Geheimnisse von Pinewood Hill

Wie bunt kann schwarz-weiß sein? Diese Frage stellt sich unweigerlich bloßen Durchblättern dieses Buches. Und postwendend gibt man sich selbst gleich die Antwort: Sehr .. sehr bunt!

Vorhang auf für eine rührende – nicht rührselige Story, die von der Kraft der Phantasie erzählt, dass man gar nicht bemerkt wie schnell man in sie hineingezogen wird. Chaska ist ein Junge, der sich der Kraft, die in ihm wohnt noch nicht bewusst ist. Er ist ein Kind. Und deswegen fällt ihm der Umzug in die neue Stadt so unbeschreiblich schwer. Doch statt wie ein kleines trotziges Kind zu klagen, zu weinen und zu schreien, schwingt er sich auf sein Rad und durchforstet zuerst die nähere, später die weitere Umgebung.

An jeder Straßenecke, hinter Büschen und Sträuchern, an und hinter Mauern findet er das, was ihn sein Leid ertragen und schließlich vergessen lässt. Denn nicht weit von seinem neuen Zuhause wird die Phantasie zum Leben erweckt. Hier – Filmstudios und der Hauch der großen weiten Welt – wird Chaska mit dem Virus infiziert – ja, es gibt auch „gute Viren“ – das ihn nie mehr loslassen wird.

Der Abenteuerspielplatz, den sich Chaska erobert, beschert ihm unzählige Begegnungen der anderen Art. Kleine und große Aha-Effekte, die bei ihm und dem Leser auf Anhieb zünden.

Doch der Star dieses Buches sind die Zeichnungen. Sie funkeln und strahlen, dass es einen umhaut! Die unerbitterliche Sonne reflektiert in der Landschaft, den Figuren – dem gesamten Set. Wie Fotografien, sie derart lange bearbeitet wurden, dass sie irreal erscheinen. Doch hier ist alles echt. Jeder Strich ist so gewollt und erfüllt voll und ganz seine Funktion. Explodierende Sportwagen, gruselige Figuren, eine kecke Katze – nichts entspringt dem Zufall. Der Aufwand, der bei diesem Buch betrieben wurde, verpufft an keiner einzigen Stelle. Wer meint ein dünnes Buch binnen weniger Minuten lesen zu können, kennt „Die Geheimnisse von Pinewood Hills“ noch nicht. Immer möchte man in den Zeichnungen versinken, in ihnen herumtollen und die Vergangenheit wieder einfangen. Und sei es nur für Augenblicke.

Thorbeckes Flugzeuge & Luftschiffe Kalender 2023

„Willkommen an Bord, Sitze aufrecht stellen, Anschnallen“ und dann wird man mit Angeboten beschallt, dass man sich die Landung noch sehnlicher herbeiwünscht. Von Nostalgie ist ein heutiger Flug meilenweit entfernt.

In den Anfängen der Luftfahrt, als die ersten Flugversuche von tollkühnen Männern in ihren fliegenden Kisten unternommen wurden, stand das Abenteuer im Vordergrund. Und die Flieger sahen auch ganz anders aus! Windkanäle gab es noch nicht. Ganz zu schweigen von steigenden Fluggastzahlen. Und eben auch keine Knallerangebote, die man unbedingt nutzen sollte. Und auch keine Hochglanzfotos von stromlinienförmigen zigarrenähnlichen Massentransportmitteln.

Es war die vielbeschworene „gute, alte Zeit“, die farbenfroh und vielleicht nicht immer ganz wahrheitsgetreu den Traum vom Fliegen versprach, die mit jedem Wochenblatt in diesem Kalender dem Fernweh Futter gibt. Da sitzt einer der Gebrüder Wright in einer Maschine, einer Konstruktion, die kein Mensch mit einer fürsorglichen Mutter jemals betreten dürfte.

Wie farbenfroh schon vor über einhundert Jahren für Luftfahrtshows geworben wurde, hatte wohl wenig mit der Realität zu tun. Immerhin elf Tage im Januar war der Luftraum über Los Angeles im Jahr 1910 azurblau mit ein paar dröhnenden Punkten, die man sich ohne das Plakat – zu sehen im Kalender am Anfang des Jahres 2023 – nicht so einfach erklären konnte.

Konstruktionszeichnungen, Werbeanzeigen, gezeichnete Impressionen – wer sich gern hinwegträumt, wird sich Woche für Woche in einen Rausch schauen können, der nur schwer zu bändigen sein wird.

Die kurzen Texte stehen nur geographisch am Rande des Geschehens, sprich des Kalenders. Wichtige Daten und Jubiläen, Anekdoten und Berichte von anno dazumal setzen die Bilder in den richtigen Rahmen. Einmal rund um die Welt, den Koffer voller Träume, Augen auf und das Abenteuer Luftfahrt kann beginnen! 365 Tage im Jahr, jede Woche ein neuer Traum.

Genusszeit Kalender 2023

Das Auge isst mit! Und es kann dieses unbeschreibliche Gefühl hervorrufen, das man Appetit nennt. Fast schon einen Heißhunger heraufbeschworen kann.

Dieser Monatskalender ist der stille Chefkoch, der die Leidenschaft fürs Essen immer wieder aufs Neue entfacht. Von der Frucht über deren Verarbeitung direkt in den Magen. Denn wenn beispielsweise aus Oliven ein köstliches Öl entsteht, ist dies die Veredelung einer jeden Mahlzeit. Perfekt in Szene gesetzte Zitrusfrüchte verströmen schon im Winter einen Hauch Sommer, der Süden lockt mit erfrischender Leichtigkeit. Das volle Aroma reifer Heidelbeeren – egal, in welcher Form – lassen schon beim flüchtigen Vorübergehen das Wasser im Mund zusammenlaufen.

Klingt übertrieben? Klingt nach zu viel des Guten? Was kann falsch daran sein mit allen Sinnen genießen zu wollen? Nichts, gar nichts.

Denn hier entstehen Farben, die in keinem Baumarkt der Welt so strahlen können wie das natürliche Vorbild. Ein Triptychon des Genusses erfüllt zu jeder Tageszeit den Wunsch nach Gesundem. Immer wieder entdeckt man in den Abbildungen etwas Neues. Jedes Stück Obst, Gemüse oder Genussmittel führt unweigerlich dazu sich den Verlockungen hinzugeben. Und selbst eine Mango, die eh schon nach Ferne schmeckt, wird durch die geschickte Darreichung als verführerisches Detail zum Objekt der Begierde.

Dreimal mmmh, zwölf Mal lecker, 365 Tage Verführung auf höchstem Niveau. Es gibt nur einen kleinen Haken an diesem wunderschönen Kalender: Man kann zwar in ihn hineinbeißen, aber lecker ist bestimmt anders.

Travel Time Kalender 2023

Na, können Sie es auch nicht mehr hören? „Früher war alles besser“. Mag ja sein, dass man das so empfindet. Das ist aber noch lange kein Beweis für diese These. Beispiel gefällig? Was ist sooo viel besser daran, mit einem Fahrzeug mit ein paar Dutzend PS eine gefühlte Ewigkeit gen Süden zu tuckern? Immer mit der Angst im Nacken, dass der Motor überhitzt, der Familiennachwuchs permanent auf Toilette muss, die Spritfüllung doch nicht bis zur nächsten Tankstelle reicht und der nächste Berg nur im Zweiten genommen werden kann. Und dann gibt’s am Urlaubsort nicht mal Schnitzel?

Und heute? Schnitzel soweit das Auge reicht, in zwei Stunden im Süden und gegen das Nörgeln gibt’s Videos aus und auf allen Kanälen. Und der Süden strahlt im schönsten Hochglanz – na, fühlen Sie sich nun schlechter?

Zugegeben, die Vergleiche sind stellenweise an den Haaren herbeigezogen. Doch so ein bisschen Nostalgie hat bis jetzt noch niemandem geschadet. Ebenso die Moderne. Je nach Gemütslage kann man sich an dem einen oder anderen mehr oder weniger erfreuen.

2023 ist ein Jahr, in dem die Nostalgie nicht nur an die Tür klopft, sondern tagein, tagaus an der Wand hängt. Kräftige Farben, klare Konturen und der hauch der Vergangenheit lassen Reiseträume erstehen. Ohne viele Schnörkel kommen die Bilder rasch zur Sache: Das musst Du gesehen haben! Die Illustrationen sehen so verdammt echt nach „so war’s mal“ aus, dass man sich mehr als einmal die Augen reibt, wenn man bemerkt, dass diese Abbildungen viel jünger sind als sie anmuten.

Diese Ansichten lauern nur darauf den Betrachter einzufangen. Alaska ohne Huskeys – unmöglich. Budapest ohne Blick aufs Parlament vor dem die Donau fließt – das wäre ja wie Santorini ohne die typischen weißen Häuserfassaden.

Als das Reisen noch mit dem Zen-Spruch „Der Weg ist das Ziel“ gleichzusetzen war, trugen derartige Plakate die nahe Welt in die Herzen derer, die sie sehnsuchtsvoll entdeckten. Kein Filter, der aus einem wolkenverhangenen Himmel das strahlendste Blau herauskitzelt. Zwölf Mal Reiselust und Verheißung ohne dem Bild auf den Leim zu gehen. Hier ist die Kunst so nah, dass sie selbst in den Hintergrund tritt.